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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 1/1997 vom 05.01.1997
Kommunalfinanzen: Ministerpräsident Rau antwortet Präsident Wilmbusse
Im August hatte Präsident Reinhard Wilmbusse sich in einem Schreiben an den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau gewandt. Darin fordert der Präsident des NWStGB die Unterstützung des Landes für die sich weiter in "katastrophal" verschlechterter Lage befindlichen Städte und Gemeinden. "Es ist selbstverständlich, daß die Städte und Gemeinden schon im Hinblick auf die Landesverfassung das Land um Hilfe bitten. Dabei weiß ich - auch aus Erfahrung - um die Grenzen der finanziellen Möglichkeiten des Landes. Das Land kann und muß aber den Städten und Gemeinden dadurch helfen, daß,
- es sie vor der Zuweisung weiterer kostenträchtiger Aufgaben bewahrt und
- es dafür sorgt, daß die Gemeinden ihre Aufgaben effektiver erfüllen können.
Leider ist beides nicht selbstverständlich, im Gegenteil, insbesondere der Bund macht trotz aller vollmundigen Beteuerungen vieles für die Gemeinden und für den ohnehin übermäßig belasteten Bürger - unnötig - teuer." Als Beispiel nennt Präsident Wilmbusse die steigenden Standards im Umweltbereich. Daneben belasten die "katastrophale Energiepolitik des Bundes" sowie die ständig steigenden Soziallasten die Kommunen. "Der Bund ist offenbar stetig bemüht, diese Lasten mehr und mehr auf die Gemeinden zu verlagern. Das Land sollte energischer als bisher dafür sorgen, daß durch die Zusammenfassung von Aufgabenträgerschaft, Entscheidungskompetenz und Mittelverfügung die Kosten gesenkt werden können", forderte der Präsident des NWStGB.
In seiner Antwort bestätigt Ministerpräsident Rau: "Letztendlich werden unsere Bemühungen, die schwierige Haushaltssituation zu meistern, nur dann durchgreifenden Erfolg haben, wenn es uns gelingt, Vorstellungen der Bundesregierung abzuwehren, immer neue Lasten auf das Land und die Kommunen übertragen zu können. Sie wissen, daß das Land auch im Bundesrat engagiert für die Belange der Gemeinden eingetreten ist. Ich selbst habe mich im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz vielfach gegen Belastungen der Gemeinden durch eine Verlagerung von kostenträchtigen Aufgaben auf die Länder und die Kommunen ausgesprochen." Zu den Standards im Umweltbereich antwortet der Ministerpräsident: "Ich sehe auch im Abfallbereich die Gefahr, daß es zu weiteren Kostensteigerungen kommen könnte. Es ist deshalb notwendig, alle Möglichkeiten zu einer Kostendämpfung zu nutzen. Dazu gehört aus unserer Sicht vor allem, daß die vorhandenen Behandlungsanlagen und die den Anforderungen der TA Siedlungsabfall entsprechenden Deponien durch abgestimmte regionale und landesweite Kooperationen mit dem Ziel eines fairen Kosten- und Belastungsausgleichs gleichmäßig ausgelastet werden. Ich würde es begrüßen, wenn der Städte- und Gemeindebund mit dazu beitragen würde, daß solche Kooperationen freiwillig zustandekommen. Bis spätestens zum Jahr 2005 muß aber gewährleistet sein, daß kein unbehandelter Restabfall mehr abgelagert wird. Deshalb wird die Landesregierung prüfen müssen, ob sie zur Herbeiführung solcher Kooperationen notfalls auch von ordnungsrechtlichen Mitteln Gebrauch machen muß."
Zum Thema Energierechtsreform schreibt der Ministerpräsident: "Die Richtlinie der Europäischen Union zur Elektrizität legt die Rahmenbedingungen einer europaweiten Marktöffnung fest. Das ist im Sinne einer für den Verbraucher zu erwartenden günstigen Preisentwicklung gewiß grundsätzlich zu begrüßen. Die nationalen Reformüberlegungen zur Deregulierung des Strommarktes gehen aber weit über die Mindestanforderungen der europäischen Richtlinien hinaus. Die Landesregierung ist der Auffassung, daß bei der nationalen Energierechtsnovellierung die nach der EU-Richtlinie zulässigen Umsetzungsspielräume zu nutzen sind, um den Anliegen des Umwelt- und Ressourcenschutzes ebenso Rechnung zu tragen wie den Interessen der Kommunen und der kleinen und mittleren Betriebe."
Ministerpräsident Rau stimmt dem Anliegen der Städte und Gemeinden nach mehr Kompetenzen zu: "Soweit Sie in Ihrem Brief darauf hinweisen, Aufgabenträgerschaft, Entscheidungskompetenz und Mittelverfügung in einer Hand zu konzentrieren, bin auch ich der Auffassung, daß dieser Grundsatz verwirklicht werden sollte, wo immer das geboten erscheint. (...) Ich will Ihnen gern versichern, daß die Landesregierung auch in Zukunft die Belange der Kommunen bei der Formulierung der Rechtsvorschriften im Auge behalten und vertreten wird. Ich denke, daß das Zusammenwirken der kommunalen Spitzenverbände im Rahmen des sogenannten Standardcontrolling-Verfahrens sich bereits als wirkungsvoll erwiesen hat ... ."
Az.: G/2 00-18