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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 204/2012 vom 05.03.2012
Kompromissvorschlag zweier Bundesministerien zur Energiewende
Bundesumweltminister Röttgen und Bundeswirtschaftsminister Rösler haben gemeinsame Kompromissvorschläge zur Umsetzung der Energiewende vorgelegt. Neben einer Einigung zur Photovoltaikvergütung (vgl. MITTEILUNGEN 117/2012 vom 28.02.2012) und zur EU-Energieeffizienzrichtlinie steuern die Bundesminister u.a. eine Verbesserung der Investitionsanreize für den Aus- und Umbau von Stromnetzen, die Errichtung einer Steuerungsgruppe auf Bundesebene und einer Plattform „Erneuerbare Energien“ an.
Novellierung der Anreizregulierungsverordnung
Die gemeinsamen Pläne der Bundesregierung sehen eine Novellierung der Anreizregulierungsverordnung zur Verbesserung des Investitionsrahmens vor. Der zeitliche Verzug bei der Berücksichtigung von Investitionskosten im Rahmen der sog. Investitionsbudgets soll abgeschafft werden, um Liquiditäts- und Finanzierungslücken zu vermeiden und Anreize für die Netzbetreiber zu schaffen.
Eine schnellere Berücksichtigung von Investitionskosten ist aus kommunaler Sicht unverzichtbar für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Derzeit werden Kosten für genehmigte Investitionsmaßnahmen in Verteilnetze mit einem Zeitverzug von bis zu sieben Jahren (t-7) in den Erlösobergrenzen für die Netzentgelte anerkannt und halten Investoren von möglichen Vorhaben ab. Solche Investitionshemmnisse verzögern den Netzausbau erheblich. Sie sind für die Einspeisung des Stroms aus erneuerbaren Energien dringend erforderlich. Die Novellierung der Anreizregulierungsverordnung dient gleichzeitig der Verbesserung der wirtschaftlichen Attraktivität von Investitionen in den Aus- und Umbau von Verteilnetzen.
Steuerungskreis zur Umsetzung der Energiewende
Unter gemeinsamer Federführung von BMU und BMWI wird auf der Ebene der Staatssekretäre ein Steuerungskreis zur Umsetzung der Energiewende eingerichtet. Dieser soll die Arbeiten koordinieren und halbjährlich zusammentreffen. Die Einbindung der Länder soll im Rahmen der Konferenzen der Ministerpräsidenten und der Bund-Länder-Strukturen erfolgen.
Die Errichtung eines solchen Steuerungskreises auf Bundesebene, in dem die einzelnen Schritte der beteiligten Akteure koordiniert, Ziele der Energiewende evaluiert und gegebenenfalls Gegensteuerungsmaßnahmen und Korrekturen aufgezeigt werden, entspricht einer bereits lange zuvor erhobenen Forderung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Neben Bund und Ländern müssen daher auch die kommunalen Spitzenverbände in den Steuerungskreis aufgenommen werden. Die Kommunen nehmen als Akteure bei dem Umstellungsprozess auf erneuerbare Energien eine maßgebliche Rolle ein.
Plattform Erneuerbare Energien
Neben der bereits bestehenden Plattform „Zukunftsfähige Energienetze“ soll nach den Plänen der Bundesregierung eine gemeinsame „Plattform erneuerbarer Energien“ gegründet werden. Beteiligte sollen Kommunen, Stadtwerke, Länder, Netzbetreiber, Erneuerbare Energien-Branche, Energieversorgungsunternehmen sein. Schwerpunkte der Plattform werden die Planung für den Ausbau erneuerbarer Energien, die bessere Koordinierung mit dem Netzausbau und die Weiterentwicklung des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) bilden.
Aus kommunaler Sicht ist eine gemeinsame Plattform ausdrücklich zu begrüßen. Auf diesem Wege wird eine enge Abstimmung und Koordinierung zwischen den Schritten der einzelnen Energieakteure, zu denen insbesondere Kommunen und ihre Stadtwerke zählen, möglich gemacht. Das Bundesumweltministerium hat dem Deutschen Städte- und Gemeindebund bereits die Beteiligung an der „Plattform erneuerbarer Energien“ zugesagt, deren Gründung nun auch mit dem Bundeswirtschaftsministerium abgestimmt ist.
Energieeffizienzrichtlinie
Die beiden Bundesminister haben sich weiterhin auf einen Änderungsvorschlag zum vorliegenden Entwurf der EU-Energieeffizienzrichtlinie verständigt und sprechen sich dafür aus, den Mitgliedstaaten verbindliche Effizienzziele vorzugegeben und ihnen die Wahl der konkreten Umsetzungsmaßnahmen zu überlassen. Das Ergebnispapier enthält den folgenden Formulierungsvorschlag für Art. 6 Abs. 1 der Energieeffizienzrichtlinie:
„Die Mitgliedstaaten legen fest, dass ab dem Jahr der Anwendung dieser Richtlinie bis zum Jahr 2020 eine Steigerung der Energieeffizienz von 6,3 % innerhalb von drei Jahren oder eine Senkung des Energieverbrauchs von 4,5 % innerhalb von drei Jahren gegenüber einer jeweils vorlaufenden dreijährigen Referenzperiode erreicht wird. Dazu legen die Mitgliedstaaten im Rahmen von Energieeffizienzaktionsplänen Maßnahmen vor.“
Das Gesetzgebungsverfahren ist inzwischen auf EU-Ebene weit fortgeschritten, nachdem die Bundesregierung zuletzt im EU-Energieministerrat wegen der koalitionsinternen Meinungsverschiedenheiten nicht handlungsfähig war. Der inzwischen vorliegende Änderungsvorschlag des Berichterstatters des Europäischen Parlaments (EP) hält fest an der Regelung in Art. 4 des vorliegenden Richtlinienentwurfs der EU-Kommission, mit der die Kommunen verpflichtet werden sollen, jährlich 3 % ihrer Bestandsgebäude energetisch zu sanieren. Das Kompromisspapier der Bundesminister enthält keine ausdrücklichen Aussagen zu dieser 3 %-Sanierungsquote. Der DStGB und auch der Bundesrat haben diese Regelung zurückgewiesen (s. hierzu unter www.dstgb.de den Schwerpunkt „Energiewende und kommunaler Klimaschutz/Energieeffizienz“).
Die gesetzessystematische Beziehung der Neufassung von Art. 6 Abs. 1 gemäß Röttgen/Rösler zu den vorliegenden Entwürfen der EU-Kommission bzw. des EP bleibt unklar. Die letztgenannten Entwürfe verpflichten jeweils in Art. 6 die Energieversorgungsunternehmen zu jährlichen Energieeinsparmaßnahmen in Höhe von 1,5 % ihres Energieabsatzes.
Az.: II/3 811-00/1