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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 69/2009 vom 12.01.2009
Konjunkturentwicklung und Steueraufkommen 2009
Die Entwicklung des Steueraufkommens im Jahr 2009 ist aufgrund der Unsicherheiten infolge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise mit großen Risiken behaftet. Die aktuellen Konjunkturprognosen lassen erhebliche Mindereinnahmen für die öffentlichen Haushalte befürchten, die zum Teil bereits im Jahr 2009 kassenwirksam werden könnten.
Es ist derzeit zwar ohne eine erneute Steuerschätzung nicht möglich, konkrete Prognosen für die Entwicklung einzelner Steuerarten zu erstellen. Der DStGB hat aber einige Aussagen zu den geänderten Rahmenbedingungen für die Steuer- und die Ausgabenentwicklung der Haushalte zusammengetragen, die einen Eindruck über die Haushaltsentwicklung 2009 vermitteln sollen.
I. Prognose des AK Steuerschätzungen vom 4./5. November 2008
Der Arbeitskreis Steuerschätzungen unterstellte Anfang November noch einen Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um +1,7 Prozent für 2008 und +0,2 Prozent für 2009. Auf dieser Basis erwarteten die Steuerschätzer im November 2008 einen Zuwachs des gesamtstaatlichen Steueraufkommens von +4,4 Prozent (2008) und +1,8 Prozent (2009).
Die für die Gemeinden in den alten und neuen Ländern prognostizierte Aufkommensentwicklung findet sich – unter Berücksichtigung der länderspezifischen Besonderheiten – in den regionalisierten Steuerschätzungen und den Orientierungserlassen der Länder - in NRW Erlass vom 02.10.2008 - für die kommunalen Haushaltsplanungen 2009 wieder. Diese Orientierungsdaten könnten sich nun bei geringerem bzw. sogar rückläufigem BIP als deutlich zu optimistisch erweisen und damit den Haushaltsausgleich der Städte und Gemeinden gefährden. Dies gilt für den Orientierungsdaten-Erlass des Landes NRW erst recht, da dieser noch von den Annahmen der Mai-Steuerschätzung ausging.
II. Risikoabschlag bei Einnahmeerwartungen aufgrund verschlechterter gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen
Inzwischen zeichnet sich gegenüber der November-Schätzung eine Verschlechterung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds ab. Dies wird nicht ohne Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte bleiben und zu einem weniger stark wachsenden bzw. sogar rückläufigen Steueraufkommen von Bund, Ländern und Gemeinden führen. Da die Orientierungsdaten der Länder auf der Steuerschätzung basieren und die künftige Einnahmeentwicklung damit möglicherweise zu optimistisch abbilden, könnte es sich anbieten, einen Risikoabschlag gegenüber den Orientierungsdaten vorzunehmen, um nicht ein Defizit bzw. negatives Ergebnis bei unerwartet wegbrechenden Einnahmen und feststehendem Ausgabenniveau zu riskieren. Die Höhe eines solchen Risikoabschlags kann nicht pauschal, sondern nur gemeindeindividuell beurteilt werden.
Dabei sind die Auswirkungen auf das Steueraufkommen der einzelnen Städte und Gemeinden vor allem abhängig von der Steuerstruktur des gemeindlichen Haushalts (Einkommen-/Gewerbesteuer) sowie von der Wirtschaftsstruktur (Großunternehmen/Mittelstand, Branchen) und der Branchenkonjunktur der ortsansässigen Unternehmen.
Bezogen auf das Gesamtsteueraufkommen lässt sich festhalten, dass eine Veränderung des BIP um einen Prozentpunkt zu einer Änderung des gesamtstaatlichen Steueraufkommens von 5 bis 6 Milliarden Euro führt. Dieses Ergebnis lässt sich aus der Steuerschätzung vom November 2008 ableiten. Einen Hinweis auf mögliche Mindereinnahmen der Gemeinden liefert der Anteil der Gemeinden am gesamtstaatlichen Steueraufkommen. Dieser lag 2007 bei 13,5 Prozent; er wird – nach der jüngsten Steuerschätzung – bei 13,9 Prozent (2008) bzw. 13,6 Prozent (2009) liegen. Aufgrund des hohen Gewichts der konjunkturabhängigen Gewerbesteuer in den kommunalen Haushalten dürfte der gemeindliche Anteil an den Gesamtsteuerausfällen aufgrund ungünstiger BIP-Entwicklung aber sogar noch etwas über dem gemeindlichen Anteil am Gesamtsteueraufkommen liegen.
Ob bzw. in welchem Umfang sich die ungünstigere BIP-Entwicklung bei den einzelnen Steuerarten (Einkommen-, Gewerbe- oder Umsatzsteuer) niederschlägt, lässt sich pauschal nicht beurteilen. Erschwert werden solche Prognosen dadurch, dass sich Veränderungen des BIP ganz unterschiedlich auf die einzelnen Steuerarten auswirken, da deren Bemessungsgrundlage nicht unmittelbar das BIP ist, sondern an zahlreiche gesamtwirtschaftliche Größen - wie Lohnsumme, Beschäftigung, Umsatzentwicklung - anknüpft, die selbst nur einen mittelbaren BIP-Bezug haben.
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass sich Einnahmeverluste der Gemeinden nicht nur unmittelbar bei den eigenen Steuereinnahmen, sondern auch mittelbar über geringere Steuereinnahmen der Länder und damit bei den Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich einstellen werden.
III. Simulationsrechnung des ifo-Institutes für Krisenszenario (reales BIP 2009: -2,2%)
Presseberichte griffen in den vergangenen Wochen verstärkt die trüben Konjunkturaussichten und deren Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen auf. Hervorzuheben ist die jüngste Konjunkturprognose des ifo-Instituts vom 11. Dezember 2008, über die im Handelsblatt vom 12. Dezember 2008 unter der Überschrift „Was bedeutet ein Minus von 2,2 Prozent? Das ifo-Institut rechnet mit langem und tiefem Abschwung – und erklärt die Folgen für Arbeitsmarkt, Haushalt, Firmen.“ berichtet wurde.
Die Simulationsrechnung des ifo-Instituts geht von einem Rückgang des realen BIP von -2,2 Prozent im Jahr 2009 aus. Zum Vergleich dazu: Die Steuerschätzer unterstellten noch einen leichten Zuwachs des realen BIP von +0,2 Prozent für 2009. Der Rückgang des realen BIP um -2,2 Prozent hätte in der ifo-Simulation einen Rückgang des gesamtstaatlichen Steueraufkommens um -1,4 Prozent (bzw. um kapp acht Milliarden Euro) zur Folge. Daraus resultierten Einbrüche vor allem der konjunkturabhängigen Unternehmensteuern: Die Körperschaftsteuer ginge um zehn Prozent bzw. 1,8 Milliarden Euro gegenüber dem Jahr 2008 zurück, bei der Gewerbesteuer (brutto) ergäbe sich ein Rückgang um sechs Prozent bzw. 2,5 Milliarden Euro gegenüber dem Jahr 2008 (2008: 42,2 Mrd. Euro).
Zum Vergleich hierzu: Die Steuerschätzer prognostizierten für 2009 bei der Gewerbesteuer (brutto) einen Rückgang von „nur“ vier Prozent.
Besonders nachteilig sind exportorientierte Unternehmen von der konjunkturellen Talfahrt betroffen. Diese leiden unter der einbrechenden Auslandsnachfrage; die Weltbank geht für 2009 erstmalig seit 26 Jahren von einem rückläufigen Welthandelsvolumen aus. Exportstark sind vor allem der Maschinenbau, die Chemische Industrie sowie die Automobilindustrie. Städte und Gemeinden, die Standorte jener Branchen bzw. ihrer Zulieferer sind, dürften deshalb mit hohen Gewerbesteuerverlusten konfrontiert werden. Aber auch kleine und mittlere Unternehmen sind von der Wirtschaftskrise betroffen. Hier erwartet das ifo-Institut die meisten Insolvenzen, „weil deren Liquiditätsausstattung schon vor Ausbruch der Krise angespannt war.“
Außerdem geht dieses Szenario von kräftig steigenden Staatsausgaben aus, wozu nicht nur staatliche Investitionen gehören, sondern auch Leistungen für soziale Sicherung. Das gesamtstaatliche Defizit dürfte sich auf 34 Milliarden Euro erhöhen; damit läge das Defizit 2009 bei 1,4 Prozent des BIP.
Am Arbeitsmarkt würde die Beschäftigung infolge des Konjunktureinbruchs zurückgehen: 600.000 Erwerbstätige könnten laut ifo ihre Arbeit verlieren, davon 535.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
Die Kommunen sind nicht nur von der Einnahmen-, sondern auch von der Arbeitsmarktentwicklung nachteilig betroffen, denn eine Zunahme der Zahl der Arbeitslosen hätte – mit etwa einem Jahr Verzögerung – höhere Ausgaben für soziale Leistungen zur Folge. Damit dürfte sich der erfreuliche Trend der letzten Monate, in denen der Anstieg der kommunalen Sozialleistungen infolge geringerer SGB II-Leistungen („Hartz IV“) etwas gedämpfter verlief, wieder umkehren und Konsolidierungserfolge gefährden.
Az.: IV/1 900-02