Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 635/2002 vom 05.10.2002
Konkurrenzsysteme zum Dualen System
In der jüngsten Vergangenheit versuchen sich neben der Duales Systems Deutschland AG (DSD AG) als Betreiberin des Dualen Systems zur Erfassung, Sortierung und Verwertung von gebrauchten Einweg-Verkaufsverpackungen auf der Grundlage der Verpackungsverordnung weitere Konkurrenzsysteme zu etablieren. Ende Juni 2002 hat ein Vertreter der Landbell AG ein erstes Informationsgespräch mit dem StGB NRW zum Landbell-System als zweites Duales System (im Aufbau) geführt. Die Landbell AG ist danach grundsätzlich bereit, auf der Grundlage der Muster-Abstimmungsvereinbarung der kommunalen Spitzenverbände auf der Bundesebene eine Abstimmungsvereinbarung mit den Städten und Gemeinden gegenzuzeichnen. Weiterhin ist die Landbell AG bereit, auch anteilig für die Bereitstellung und Reinigung der Containerstandplätze und die Durchführung der Öffentlichkeitsarbeit/Wertstoffberatung zu zahlen, allerdings nur zu dem Anteil, zu welchem die Landbell AG über das vorhandene Erfassungssystem der Duales System Deutschland AG (DSD AG) ihre gebrauchten Einweg-Verpackungen miterfassen lassen möchte. Ein eigenständiges, getrenntes bzw. zweites Erfassungssystem ist durch die Landbell AG folglich zur Zeit nicht geplant.
Insgesamt dürfte es sich zur Zeit empfehlen, zunächst noch abzuwarten, welche Ergebnisse die kartellrechtliche Prüfung des Dualen Systems der DSD AG durch das Bundeskartellamt erbringen wird. Diese Prüfung ist noch nicht endgültig abgeschlossen. Aus dem Prüfungsergebnis des Bundeskartellamtes dürften auch weitere Maßgaben entnommen werden können, unter welchen Eckpunkten Konkurrenzsysteme zu dem Dualen System der DSG AG einzurichten sind. Unabhängig davon beinhaltet die neue Muster-Abstimmungsvereinbarung bereits die Grundlage dafür, daß auch ein zweiter oder dritter Systembetreiber als Konkurrent der DSD AG ein System zur Erfassung gebrauchter Einweg-Verpackungen auf der Grundlage einer Abstimmungsvereinbarung im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchführen kann.
Neben der Firma Landbell AG beabsichtigt nach Mitteilung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) auch die Firma ISD Interseroh Entsorgungsdienstleistungs-GmbH in Konkurrenz zur DSD AG ein System zur Entsorgung von gebrauchten Einweg-Verkaufsverpackungen anzubieten. Die Interseroh Entsorgungsdienstleistungs-GmbH ist eine 100 %ige Tochter der Interseroh AG und seit 10 Jahren in der Erfassung und Verwertung von gewerblich anfallenden Transportverpackungen auf der Basis von § 11 Verpackungsverordnung (Drittbeauftragung) tätig. Sie arbeitet bei der operativen Umsetzung derzeit mit rd. 600 Unternehmen der Entsorgungswirtschaft zusammen.
Interseroh wird sich zunächst nach Mitteilung des DStGB mit seinem Angebot auf das Bundesland Hessen beschränken, für das eine entsprechende Freistellung bereits beantragt ist. Die Aufnahme der Entsorgungstätigkeiten ist für das Jahr 2003 geplant. Nach Aufnahme ihrer Entsorgungstätigkeit im Bundesland Hessen plant die Interseroh die Ausdehnung ihres Angebotes auf weitere Bundesländer und zuletzt auf das gesamte Bundesgebiet.
Auch die Einrichtung eines konkurrierenden Entsorgungssystem nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung durch die Fa. Interseroh würde für die Städte und Gemeinden nur geringe und für die Bürgerinnen und Bürger praktisch keine Auswirkung haben. Die Firma Interseroh wird keine neue Erfassungs- und Verwertungsstrukturen aufbauen. Vielmehr beruht das System ausschließlich auf einer Mitbenutzung der bestehenden Erfassungs- und Verwertungsstrukturen der DSD AG im Rahmen des vorhandenen Dualen Systems.
Zusätzlicher Aufwand für die Städte und Gemeinden würde daher nur dadurch entstehen, daß mit einem weiteren Systembetreiber eine zusätzliche Abstimmungserklärung/-vereinbarung ausgehandelt werden müßte, wobei jedoch auf die bestehende Muster-Abstimmungsvereinbarung zurückgegriffen werden kann. Es besteht aber zwischen der Firma Interseroh und den kommunalen Spitzenverbänden auf der Bundesebene nach Mitteilung des DStGB noch Klärungsbedarf im Hinblick auf die Abfassung des § 11 Ziff. 3 der Muster-Abstimmungsvereinbarung, wo die Schnittstellen zu mehreren Systembetreibern einer Regelung zugeführt worden sind. Darüber hinaus würde es nach Auffassung des DStGB erforderlich werden, im Falle des Hinzutretens eines weiteren Systembetreibers mit der DSD AG die Höhe der Nebenentgelte und der Kostenbeteiligung für die Abfallberatung neu auszuhandeln. Diese Verhandlungen sind auch mit dem neuen Systembetreiber hinsichtlich der Kosten für "sein System" zu führen. Die Firma Interseroh hat hierzu erklärt, daß sie -anteilig - die Kosten, die zwischen der Kommune und der DSD AG ausgehandelt worden sind, akzeptieren und übernehmen werde. Grundlage für die Berechnung anteilig durch die Firma Interseroh zu übernehmenden Kosten soll dabei die von Interseroh lizenzierte Menge an Einweg-Verkaufsverpackungen im jeweiligen Bundesland sein. Die konkrete Mengenfestlegung soll dabei durch eine sog. "neutrale Stelle" erfolgen.
Insgesamt kann in Übereinstimmung mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund darauf hingewiesen werden, daß es in der Vergangenheit grundsätzlich begrüßt worden ist, wenn mehr Wettbewerb bei der Entsorgung von Verpackungsabfällen möglich wird. Aus diesem Grund sind auch alternative Systeme grundsätzlich zu begrüßen. Dieses gilt insbesondere dann, wenn für die Bürgerinnen und Bürger keine und für die Kommunen nur geringe zusätzliche Maßnahmen notwendig werden. Nach Auffassung des DStGB und des StGB NRW ist darüber hinaus die Einrichtung einer "neutralen Stelle" zur Festlegung der entsprechenden Mengen an Verpackungen eine praktikable Lösung. Es muß jedoch gewährleistet sein, daß den Kommunen hierdurch keine Kosten entstehen und daß alle beteiligten Systembetreiber und somit insbesondere auch die DSD AG von vornherein mit den Ergebnissen, d.h. den Mengenfestlegungen, einverstanden sind. Nur so kann gewährleistet werden, daß Streitigkeiten über die jeweiligen Kostenanteile auf der Grundlage von nicht stimmigen Mengenberechnungen letztendlich nicht zu Lasten der Städte und Gemeinden gehen und diese ihre Nebenentgelte und Aufwendungen für die Abfallberatung letztendlich nicht vollständig erstattet bekommen.
Insgesamt ist es daher angezeigt, zunächst den Abschluß der kartellrechtlichen Prüfung des Dualen Systems der DSD AG durch das Bundeskartellamt abzuwarten. Gleichzeitig ist zu beobachten, wie sich die Einrichtung der sog. "neutralen Stelle" fortentwickelt. Die Geschäftsstelle wird über den weiteren Fortgang berichten.
Az.: II/2 32-16-4 qu/g