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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 251/2001 vom 20.04.2001
Kostenüberdeckung und Kostenunterdeckung in der Bilanz
Im Jahr 1998 sind mit Wirkung vom 01.01.1999 in § 6 Abs. 2 KAG nach Satz 1 folgende Sätze 2 und 3 eingefügt worden:
"Der Gebührenberechnung kann ein Kalkulationszeitraum von höchstens drei Jahren zugrunde gelegt werden. Kostenüberdeckungen am Ende eines Kalkulationszeitraumes sind innerhalb der nächsten drei Jahre auszugleichen; Kostenunterdeckungen sollen innerhalb dieses Zeitraumes ausgeglichen werden."
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat vor einiger Zeit die Frage aufgeworfen, wie mit Kostenüberdeckungen bzw. unterdeckungen, die in der Folgezeit auszugleichen seien, vor dem Hintergrund der kommenden Jahresabschlüsse bilanziell zu verfahren sei. Das Problem sei auch bereits in anderen Regierungsbezirken relevant geworden.
Das Innenministerium hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) um eine fachliche Stellungnahme gebeten. Das IDW spricht sich bei Kostenüberdeckungen für die Passivierung einer Verbindlichkeitsrückstellung aus. Bei Kostenunterdeckungen verbietet sich nach Ansicht des IDW hingegen wegen des handelsrechtlichen Realisationsprinzips der Ansatz eines Aktivpostens. Das IDW begründet seine Auffassung wie folgt:
"Bei Abfall- oder Abwasserbetrieben liegen Dauerschuldverhältnisse in Form sog. Sukzessivlieferungsverträge vor (vgl. hierzu Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 60. Auflage, München 2001, Einf. v. § 305 BGB, Tz. 27 ff.). Die einzelnen Sukzessivlieferungen werden durch Ablesung bzw. Messung des Verbrauchs und Abrechnung dieser Leistung mit dem für diese Periode gültigen Gebührenmaßstab abgeschlossen. Mit der neuen Periode beginnt ein neuer Leistungsabrechnungszeitraum. Ein erwirtschafteter Gebührenüberschuß betrifft somit einen abgeschlossenen Leistungsabschnitt; lediglich der Verrechnungsweg betrifft das Ergebnis einer zukünftigen Leistungsperiode. Demnach liegt hinsichtlich des ermittelten Gebührenüberschusses kein schwebendes Geschäft vor, so daß die Bildung einer Drohverlustrückstellung nicht in Betracht kommt.
Vielmehr ist für den Fall, daß ein im vorhinein bestimmter Gebührensatz sich nachträglich als zu hoch erweist, davon auszugehen, daß den Leistungserbringer die Verpflichtung trifft, dieses Ungleichgewicht zu beseitigen. Eine auf Basis der Kostenrechnung (Globalkalkulation) ermittelte Kostenüberdeckung bedingt folglich in den Folgeperioden die rechtliche Verpflichtung zur Erhebung nicht kostendeckender Gebühren, wobei entsprechend dem Charakter des Sukzessivlieferungsvertrages das Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung und damit die wirtschaftliche Verursachung der ungewissen Verbindlichkeit der abgelaufenen Periode zuzuordnen ist. Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist in Höhe des zukünftigen Aufwandsüberschusses, der in der Vergangenheit realisierten Erträgen zuordbar ist, in vollem Umfang zu passivieren.
Die Passivierung eines "Sonderpostens für Gebührenausgleich" scheidet aus. Die Einführung eines derartigen Postens wäre nach § 265 Abs. 2 HGB nur zulässig, wenn dessen Inhalt nicht von einem vorbeschriebenen Posten gedeckt wird, was aber wie dargestellt im Falle von Kostenüberdeckungen, die in den Folgejahren auszugleichen sind, grundsätzlich nicht der Fall ist. Auch ist keine Rechtsvorschrift bekannt, die ausdrücklich die Passivierung eines derartigen Sonderpostens vorschreiben würde.
Die Vorwegnahme künftiger Mehrerlöse, die sich nach einer festgestellten Kostenunterdeckung in den Folgeperioden aufgrund entsprechend erhöhter Gebühren ergeben, scheidet nach dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) aus. Insbesondere verbietet es das Realisationsprinzip, einen Erlös bereits als realisiert anzusehen, solange das Unternehmen eine Leistung noch nicht erbracht hat. Der Ansatz eines Aktivpostens für künftige Mehrerlöse kommt daher nicht in Betracht."
Das Innenministerium schließt sich dem fachlichen Urteil des IDW an und geht davon aus, daß nach diesen Grundsätzen verfahren wird. Allerdings hat uns das Innenministerium gebeten, gelegentlich über praktische Erfahrungen mit dieser Problematik zu berichten. Aus diesem Grund regen wir einen diesbezüglichen Erfahrungsaustausch an. Antworten bitte an die Geschäftsstelle unter: G/3 815-01.
Az.: G/3 815-01