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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 256/2018 vom 28.03.2018
KPMG-Studie zu Rechnungswesen EPSAS
KPMG und das Institut für den öffentlichen Sektor haben in Kooperation mit T-Systems eine gemeinsame Studie zur Fragestellung „Sind die EU-Staaten bereit für die EPSAS?“ veröffentlicht. Die Studie ist dreigeteilt und beleuchtet den Status quo des öffentlichen Rechnungswesens in Europa, stellt die Ergebnisse einer europaweiten Befragung zu bisherigen Reformerfahrungen in Bezug auf Entwicklung und Einführung eines kaufmännischen öffentlichen Rechnungswesens und Erwartungen an EPSAS vor und leitet hieraus im Schlusskapitel Folgerungen für den Reformprozess in Europa und in Deutschland ab.
Das Haushalts- und Rechnungswesen des öffentlichen Sektors ist in Europa äußerst heterogen. Betrachtet man nun nur die zentralstaatliche Ebene, so haben 21 EU-Mitgliedstaaten eine kaufmännische beziehungsweise doppische Rechnungslegung, in wiederum der Hälfte ist das Rechnungswesen IPSAS-orientiert. Während Griechenland und Slowenien ein Mischsystem haben, wird neben Deutschland noch in Irland, Italien, Luxemburg und den Niederlanden kameral gebucht. Beim Haushalt selbst ist die Situation andersherum und nur in Dänemark, Österreich und dem Vereinigten Königreich kaufmännisch orientiert (Mischsysteme: Estland, Finnland, Schweden).
Im Rahmen der Studie wurden insgesamt 75 Entscheidungsträger und Haushaltsverantwortliche aus 25 EU-Ländern zur Modernisierung des öffentlichen Rechnungswesens in Europa befragt. 71 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr jeweiliges derzeitiges öffentliches Rechnungslegungssystem geeignet ist, den öffentlichen Ressourcenverbrauch angemessen darzustellen. Gleiches gilt für die Möglichkeit der Darstellung von staatlichen Bürgschaften durch die Bildung von Rückstellungen (65 %).
Eine genaue Darstellung der Pensionsbelastungen von Beamten durch eine genaue Rückstellungsberechnung biete allerdings nur für knapp über ein Drittel der Befragten das jeweilige derzeitige Rechnungslegungssystem. Die überwiegende Mehrzahl der befragten Experten gab an, dass ihr Rechnungswesen den nationalen gesetzlichen Anforderungen entspricht, wenig fehleranfällig ist und auch valide Daten zur tatsächlichen Finanzsituation liefere. Gleichwohl empfinden 65 Prozent das jeweilige System als zu kompliziert und sehen entsprechende Schwierigkeiten bei der Anlernung neuer Mitarbeiter (6 %).
In Bezug auf die Einführung von EPSAS gaben 84 Prozent der Befragten an, dass EPSAS sinnvoll wären, da sich die Mitgliedstaaten dann durch einen Jahresabschluss auf EPSAS-Basis fiskalisch vergleichen könnten. Weniger deutlich fällt das Ergebnis hinsichtlich der Frage aus, ob EPSAS die Verschuldungssituation im betreffenden Land besser darstellen würden (57 %). Über die Hälfte der Befragten sehen in EPSAS keine beziehungsweise nur eine teilweise Verbesserung des jeweils bestehenden öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesen. 70 Prozent der befragten Teilnehmer sehen in einer EPSAS-Einführung einen sehr hohen Umstellungsaufwand, der entsprechend erwartete hohe externe Beratungsbedarf verwundert daher nicht (65 %).
Die Studie hat ferner den Versuch unternommen, einen sogenannten „EPSAS-Readiness“-Index zu erstellen. Dieser Bereitschaftsmaßstab basiert auf den fünf Einflussfaktoren: Wissen, Nutzen, Reformbedingungen im Hinblick auf die Mitarbeiter, Struktur und Budget. Wenig verwunderlich, die „EPSAS-Readiness“ ist im europäischen Vergleich äußerst unterschiedlich. Während Reformprogrammländer wie Griechenland und Zypern mit einem Indexwert von über fünf an der Spitze stehen, sind Finnland, Deutschland und Luxemburg mit unter vier die Schlusslichter im europäischen Vergleich.
Die Entscheidungsträger und Haushaltsverantwortlichen wurden auch um Einschätzung zu den International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) befragt. Die überwiegende Mehrzahl der Befragten sehen IPSAS als geeignet an, das öffentliche Vermögen zu bewerten und den Konzern „Staat“ abzubilden. Der Aussage, dass die IPSAS-Standards ausreichend und entsprechend kein Bedarf an EPSAS bestehe, stimmten 41 Prozent zu. Fast drei Viertel der Befragten sehen aber Ausnahme- und Vereinfachungsregelungen der IPSAS für kleinere Einheiten für notwendig an.
Da davon auszugehen sei, dass die Einführung europäischer Rechnungslegungsstandards für den öffentlichen Sektor von der Europäischen Kommission und einer Vielzahl von EU-Mitgliedstaaten, insbesondere Länder mit bereits IPSAS-orientierter Rechnungslegung, weiter aktiv vorangetrieben wird, sehen die Studienverfasser Deutschland aufgefordert, sich bei der EPSAS-Entwicklung stärker konstruktiv zu engagieren. Ferner plädieren die Verfasser dafür, dass eine Diskussion über eine konzeptionelle Verbindung zwischen Haushalts- und Rechnungswesen geführt werden solle, insbesondere, wenn politische beziehungsweise fiskalische Steuerungsnutzen zur Entfaltung kommen sollen. Hintergrund ist, dass nach derzeitigen Überlegungen mit den EPSAS die Gebietskörperschaften zwar kaufmännisch Rechnung legen sollen, aber die meist kamerale Haushaltsplanung beibehalten können.
Angemerkt sei, dass die Studie auch vor dem Hintergrund gesehen werden muss, dass KPMG ein großer Profiteur einer Einführung von EPSAS wäre. In diesem Zusammenhang hatte bereits der Bundesrechnungshof im November vergangenen Jahres in einem Sonderbericht zu EPSAS (siehe StGB NRW-Mitteilung 686/2017 vom 27.11.2017) nachdrücklich seine Bedenken hinsichtlich der maßgeblichen Einbeziehung von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei der Erarbeitung der EPSAS (E&Y und PWC haben für Eurostat zum Beispiel bereits diverse Issue-Paper zu einzelnen Aspekten der EPSAS erstellt, die über die Eurostat-Website aber immerhin eingesehen werden können) geäußert, da mit einer Einführung von EPSAS auch ein äußerst lukratives Geschäftsfeld für externe Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften erschlossen werden würde.
Die Studie „Sind die EU-Staaten bereit für die EPSAS?“ kann im Internet über http://hub.kpmg.de/epsas?utm_campaign=EPSAS&utm_source=aem angefordert werden.
Az.: 41.4.4.1-001/003