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StGB NRW-Mitteilung 485/2022 vom 08.08.2022
Krankenhäuser fordern Finanzmittel für klimagerechte Investitionen
Die Krankenhäuser in Deutschland benötigen nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) mehr Geld für einen klimagerechten Betrieb. Die nicht auskömmliche Finanzierung in den vergangenen Jahren habe unter anderem dafür gesorgt, dass auch der Klimaschutz in den Kliniken ausgebremst wurde. Seit zwei Jahrzehnten leiden die deutschen Krankenhäuser unter der dramatischen Unterfinanzierung der Investitionsförderung, die trotz gesetzlicher Pflicht von den Ländern nicht geleistet wird. Jährlich fehlen über 3 Mrd. Euro. Dies habe zu massiven Defiziten bei der baulichen Infrastruktur, der Medizintechnik, der Digitalisierung und auch beim Klimaschutz geführt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, welches das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) für die DKG erstellt hat. Um die fehlende Finanzierung der vergangenen Jahre aufzuholen, werde ein Investitionsbetrag im mittleren zweistelligen Milliardenbereich für Klimaschutzanpassungen der Krankenhäuser benötigt. Zudem stelle die derzeitige Energiekrise eine wachsende Herausforderung für die Krankenhäuser dar, da die überwiegende Mehrheit auf Erdgas angewiesen sei und mit explodierenden Kosten rechnen müsse.
Nach Feststellungen des DKI stehe Klimaschutz auf der strategischen Agenda vieler Krankenhäuser. 71 Prozent der befragten Krankenhäuser sehen die Notwendigkeit und gaben an, dass der Klimaschutz in ihre Anpassungsstrategie zum Klimawandel einfließt. 38 Prozent der Häuser haben Leitlinien und Zielvorgaben zur Energieeinsparung und Nachhaltigkeit etabliert, 30 Prozent beschäftigen Klimamanager. Daneben werden häufig unterschiedliche Einzelmaßnahmen eingesetzt, etwa im Bereich der Wärmedämmung, der Müllvermeidung oder beim Monitoring von Verbrauchskennzahlen. Krankenhäuser könnten als Großverbraucher einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dazu müssten sie aber in Technik und Prozesse investieren. Die seit Jahrzehnten unzureichende Investitionskostenfinanzierung zwinge Krankenhäuser allerdings dazu, die knappen Mittel vorrangig für die notwendigsten Anschaffungen in der direkten Patientenversorgung zu verwenden. Deshalb sei bei der CO2-Neutralität vieles liegengeblieben. Die Krankenhäuser benötigten ein Investitionsprogramm für den Klimaschutz, um die vorhandenen Potentiale zu heben stellte die DKG fest.
Aktuell sei das Klimaschutzpotenzial der Krankenhäuser noch nicht ausgeschöpft: 63 Prozent der befragten Kliniken sehen Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich der Energie- und Stromversorgung. Bei der Wärmeversorgung sehe jedes zweite Krankenhaus Handlungsbedarf, etwa bei den technischen Anlagen, der Wärmerückgewinnung und dem Primärenergiemix. Erneuerbare Energien kommen zwar zum Einsatz, jedoch nur in begrenztem Umfang. Auch in anderen Maßnahmenfeldern gebe es noch viel Potenzial, zum Beispiel bei der Kälte- und Wasserversorgung oder durch den kontrollierten Einsatz von klimaschädlichen Narkotika.
Im Rahmen der Untersuchung wurden auch zentrale Kennzahlen der Wärmeversorgung abgefragt. Bei den genutzten Energieträgern dominierte Erdgas mit 92 Prozent, Fernwärme und leichtes Heizöl waren als Energieträger bei rund der Hälfte der Kliniken im Einsatz. Angesichts der aktuellen Gaskrise warnt die DKG vor einem Kollaps der Kliniken durch entstehende Engpässe im kommenden Herbst und Winter. Unerlässlich sei, dass Krankenhäuser als Teil der kritischen Infrastruktur vorrangig mit Gas beliefert werden. Die Arbeitsfähigkeit eines Krankenhauses hänge aber auch von zahlreichen Zulieferbetrieben ab. Wäschereien, Küchen und andere Betriebe, die Krankenhäuser versorgen, müssten ebenso vorrangig versorgt werden, um den Klinikbetrieb aufrechterhalten zu können. Eine aktuelle DKI-Blitzumfrage bestätigt die dramatische Lage. Danach haben die Kliniken kurzfristig keine oder nur relativ geringe Einsparmöglichkeiten beim Gas. Versorgungsengpässe oder massive Preissteigerungen würden die Krankenhäuser mit voller Wucht treffen. Mehr als die Hälfte der Krankenhäuser erwartet in diesem Jahr noch höhere Preise bei Gas und Strom. Aktuell haben viele Kliniken Verträge mit ihren Gasversorgern, die befristete Preisbindungen oder -obergrenzen vorsehen. Mit Auslaufen dieser Verträge in diesem oder spätestens im nächsten Jahr seien enorme Preissprünge zu erwarten. Schon 2022 seien bereits 43 Prozent der Kliniken bei Gas und 45 Prozent bei Strom von Preissteigerungen betroffen, trotz der vermeintlichen Vertragssicherheit. Diese Preissteigerungen seien durch die Preise für die Patientenbehandlung längst nicht mehr gedeckt. Die gesetzlich gedeckelte Preissteigerung bei den Fallpauschalen beträgt in diesem Jahr 2,32 Prozent. Krankenhäuser könnten die massiven Preisanstiege nicht weitergeben, wie es in der Wirtschaft der Fall ist. Um die Preissteigerungen auch in anderen Bereichen wie Lebensmitteln und Medizinprodukten abfedern und weitere wirtschaftlich bedingte Schließungen verhindern zu können, benötigten die Kliniken dringend einen Inflationsausgleich.
Die energetische Sanierung von Krankenhäusern erfordere nach den Feststellungen des DKG zusätzliche Investitionsmittel im mittleren zweistelligen Milliardenbereich. Dafür sollte ein Krankenhaus-Klimaschutzfonds gebildet und gemeinsam von Bund und Ländern finanziert werden.
Es ist notwendig, dass die Krankenhäuser sowohl energetisch als auch klimagerecht umgebaut werden. Bei Neubauten sollte dies selbstverständlich sein. Hinsichtlich der klimagerechten Investitionen, insbesondere zur Minderung bzw. Anpassung der Kliniken an die Klimafolgen (passiver Klimaschutz) ist zu erwarten, dass die Länder keine Zuständigkeit sehen. Die Begründung dürfte lauten, dass derartige Investitionen nicht zu den akutstationären Versorgungsaufgaben gehören und damit nicht in die Länderzuständigkeit für die Investitionsfinanzierung fallen. Festzuhalten bleibt, dass die Länder bereits heute ihren Finanzierungsverpflichtungen nicht nachkommen. Ob der Bund ein Förderprogramm für Investitionen in den nachträglichen Wärme- und Klimaschutz aufstellt, ist vor dem Hintergrund der finanziellen Möglichkeiten fraglich. Die Feststellungen des DKI zeigen deutlich, wie dringend eine Reform der Krankenhausfinanzierung insgesamt ist. Ansonsten kommen die Krankenhäuser weiter in eine finanzielle Schieflage, die wir uns aufgrund der Bedeutung der Krankenhäuser für die medizinische Versorgung gerade auch in Zeiten der Corona-Pandemie nicht leisten können.
(Quelle: DStGB Aktuell)
Az.: 38.1.3-002/004