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StGB NRW-Mitteilung 23/2003 vom 05.01.2003
Landgericht Bonn zu einem Unfall beim Schulfest
Das Landgericht Bonn hatte am 10.08.1998 ein Urteil (Az.: 1 O 355/97) gefällt, dem im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde lag:
Eine Schule und ein Förderverein veranstalteten ein Sommerfest, welches bis in die Nacht hinein andauerte. Das Fest war von der Schulkonferenz als Schulveranstaltung genehmigt worden und der Schulträger war ebenfalls unterrichtet. Das Fest begann gegen 15.30 Uhr. Um einen geordneten Einlaß zu ermöglichen, wurde der mehrere Meter breite Eingangsbereich zum Schulhof durch ein Absperrband auf einen Zugang verengt, an dessen linker Seite zwei Tische mit der Kasse sowie ein Sonnenschirm aufgestellt wurden. Der Fuß des Sonnenschirms wurde durch vier Betonplatten beschwert. Zwei Lehrer nahmen in diesem Bereich die Kassenverwaltung und Einlaßkontrolle wahr. Die beiden Hausmeister der Schule waren wegen Erkrankung nicht anwesend. Gegen 23.15 Uhr waren die Kassen gerade geschlossen, als die Ehefrau eines der beiden Hausmeister den immer noch verengten Eingangsbereich passierte und dabei durch einen Spalt zwischen den Betonplatten zu Fall kam und sich erheblich verletzte. Ihr Arbeitgeber kündigte ihre Stellung als Köchin wegen der krankheitsbedingten Ausfälle. Sie fordert vom Schulträger und vom Land als Dienstherrn der Schulleiterin und der das Fest mitorganisierten Lehrer Schadensersatz in Höhe von 2/3 des Schadens, da sie selbst ein Mitverschulden in Höhe von 1/3 des Schadens akzeptierte sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000 DM.
Die Klage war im wesentlichen begründet. Das Landgericht Bonn stellte fest, daß der Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner dem Grund nach gemäß § 823 Abs. 1, § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG, § 847, 840 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz von 2/3 des ihr aus dem Unfall am 02.04.1994 auf dem Gelände des Gymnasiums entstandenen Schadens zustehe. Die Haftung der beklagten Stadt ergebe sich aus § 823 BGB. Der Unfall der Klägerin und die ab dem 03.09.1994 im Krankenhaus behandelten Verletzungen seien auf eine unerlaubte Handlung der Stadt in Form einer Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht zurückzuführen. Die Stadt sei als Trägerin der Schule verpflichtet, die Verkehrssicherungspflicht auf dem von ihr in Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gehaltenen Schulgelände für den dort eröffneten Verkehr zu gewährleisten. Dies folge insbesondere aus § 30 Schulverwaltungsgesetz, wonach der Schulträger die für einen ordnungsgemäßen Unterricht erforderlichen Schulanlagen, Gebäude, Einrichtungen und Lehrmittel bereitzustellen und ordnungsgemäß zu unterhalten habe und ihm somit die Verantwortung für den Zuschnitt dieser Anlagen auferlegt werde. Eine Verletzung dieser Sicherungspflicht begründe einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 BGB. Der Maßstab für die erforderlichen Sicherungsvorkehrungen bestimme sich danach, welche Gefahrenquellen bei einem bis in die Dunkelheit andauernden Fest mit erheblichem Besucherandrang ausgeschlossen werden müßten. Diese Sicherungspflicht treffe jeden Grundstückseigentümer, der sein Gelände für eine entsprechende Veranstaltung zugänglich mache. Der Schulträger habe die Pflicht, das Schulgelände so einzurichten, daß nicht nur Schüler, sondern auch Besucher und sonstige bestimmungsgemäße Besucher vor Gefahren bewahrt würden. Diese Verantwortung für die Verkehrssicherungspflicht des Geländes verblieb dem Schulträger trotz der Tatsache, daß die Veranstaltung im wesentlichen von den Lehrern und dem Förderverein organisiert worden sei. Hierdurch sei der Schulträger nicht von jeglichen Sicherungspflichten freigeworden, sondern sei ähnlich wie ein Eigentümer eines vermieteten Gebäudes zur Überwachung und Kontrolle der Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht verpflichtet gewesen.
Die Sicherungspflicht erstreckt sich nach Auffassung des Gerichtes auch auf die Gestaltung des Eingangsbereiches. Dabei sei dem Schulträger durchaus einzuräumen, daß sich seine Pflicht nicht auf jegliche, noch so vorübergehende Gefahrenquelle bezogen habe, die sich nicht aus dem Zustand des Schulgebäudes als solchem, sondern überraschend aus dem von den Veranstaltern vorgenommenen Veränderungen ergaben. Eine derart kurzfristig und unerwartet geschaffene Veränderung habe hier jedoch nicht vorgelegen. Vielmehr handelte es sich um eine dauerhafte und bewußte Gestaltung des Eingangsbereiches, die nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugin bereits den ganzen Tag über vorhanden gewesen sei. Damit sei diese Gestaltung quasi als Bestandteil der Einrichtung des Schulträgers geworden, wie es für die Dauer des gesamten Schulfestes dem Besucherverkehr zugänglich gemacht werden sollte und hätte dementsprechend durch städtische, für das Schulgebäude zuständige Hausmeister bzw. deren Vertreter überwacht und kontrolliert werden müssen.
Die Entscheidung kann von den hauptamtlichen Verwaltungen bei der Geschäftsstelle angefordert werden.
Az.: IV/2 382-13/9