Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 212/2002 vom 05.04.2002
LG Düsseldorf zur Haftung für Grundwasserschäden
Das Landgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 06.03.2002 (Az.: 2b O 68/01) eine gegen die Stadt Korschenbroich gerichtete Klage abgewiesen, durch die die Kläger festgestellt wissen wollten, daß die Stadt Korschenbroich alle gegenwärtigen und künftigen Schäden zu ersetzen hat, die durch Feuchtigkeit im Keller des ihnen gehörenden Wohnhauses entstehen.
Im einzelnen:
Die Kläger sind Miteigentümer einer in Korschenbroich-Kleinenbroich gelegenen Doppelhaushälfte, die sie im Jahr 1989 erwarben. Der Grundwasserstand im Stadtteil Kleinenbroich wird in weiten Bereichen des Gemeindegebiets durch künstliche Grundwasserentnahmen beeinflußt, die seit Anfang der 60er Jahre von der Rheinbraun AG im Rahmen des Tagebaubetriebes Garzweiler vorgenommen werden. Ende 1985 beschloß der Rat der Stadt Korschenbroich den Bebauungsplan für das Gelände, auf dem auch das Grundstück des Klägers liegt. Der Bebauungsplan enthält keinen Hinweis auf einen wegen der künstlichen Grundwasserabsenkung zu erwartenden Anstieg der Grundwasserstände auf das natürliche Niveau nach Beendigung der bergbaulichen Sümpfungsmaßnahmen.
Die Kläger, deren Haus nicht über Schutzvorrichtungen gegen drückendes Grundwasser verfügt, machten u.a. geltend, das Gebiet, in dem ihr Haus liege, sei im Zusammenhang mit der Einstellung der bergbaulichen Sümpfungsmaßnahmen durch ansteigendes Grundwasser bedroht. Die problematische Grundwassersituation sei dem Rat der Verwaltung der Stadt Korschenbroich genau bekannt gewesen, da in den Jahren 1985 und 1986 verschiedene Bauausschuß- und Ratssitzungen zum Thema Grundwasserbeeinträchtigung stattgefunden hätten. Bei Anstieg des Grundwassers werde das gesamte dichtbesiedelte Wohngebiet aufgrund der durch eindringendes Grundwasser zu erwartenden Durchnässung der Keller schimmelverseucht sein, was letztlich zur Unbewohnbarkeit des Hauses und zur Einsturzgefahr führe. Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte habe ihre Amtspflichten im Rahmen der Bauleitplanung und des konkreten Baugenehmigungsverfahrens verletzt.
Das Landgericht hat die Abweisung der Klage im wesentlichen wie folgt begründet:
Ein Amtshaftungsanspruch der Kläger wegen fehlender Bauleitplanung bestehe nicht, da bei der Aufstellung des Bebauungsplans keine Amtspflicht verletzt worden sei, in deren Schutzzweck der von den Klägern prognostizierte Schaden falle. Zwar obliege eine Gemeinde bei der Bauleitplanung beim Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte die Pflicht, alle Baugrundrisiken, die typischerweise durch den Bauherrn nicht beherrschbar seien, aufzuklären und in ihre Planungsentscheidung einzubeziehen. Es sei jedoch nicht Zweck der Bauleitplanung, dem Grundstückseigentümer auch beherrschbare typische Baugrundrisiken abzunehmen. Daher dürften Bodenflächen, von denen unmittelbar keine ernsthafte Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung ausgehen, nach Bauplanungsrecht grundsätzlich für die bauliche Nutzung bereitgestellt werden. Die Gemeinde erzeuge mit der planerischen Ausweisung kein allgemeines Vertrauen darauf, daß das Baugebiet nach Bodenbeschaffenheit und Bodenstruktur für eine Bebauung ohne zusätzliche konstruktive Maßnahmen uneingeschränkt geeignet sei. Es sei daher nicht Zweck der Bauleitplanung, dem einzelnen Bauherrn typische, für ihn beherrschbare Baugrundrisiken abzunehmen.
Das von den Klägern erworbene Wohnhaus sei bei steigendem Grundwasserstand indes nicht durch eine unmittelbar vom Boden ausgehende Gefahr aus gesundheitlichen Gründen unbewohnbar, sondern allenfalls aufgrund eines auf der Fehleinschätzung der Grundwasserverhältnisse beruhenden Mangels an dem Gebäude selbst. Dieser Mangel beruhe jedoch darauf, daß von dem Bauträger, der das Haus errichtete, pflichtwidrig eine Klärung der Baugrundrisiken im Hinblick auf den höchstmöglichen Grundwasserstand und infolge dessen jegliche Abdichtungsmaßnahmen unterlassen worden seien. Solange die ausgewiesenen Flächen bebaubar seien, sei es Sache des Bauherrn, Fragen der Beschaffenheit des Baugrundes, die sich aus der besonderen Situation des Grundstücks ergeben, auf eigene Kosten zu klären, in die Planung einzubeziehen sowie erforderliche Mehraufwendungen zu tragen. Die Klärung der die Grundwasserproblematik betreffenden Fragen sei dem Bauträger bei Errichtung des Hauses auch möglich gewesen.
Ein Amtshaftungsanspruch der Kläger bestehe auch nicht wegen mangelnder Kennzeichnung im Bebauungsplan, da der Schutzzweck der entsprechenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften auf die Abwendung von Gesundheitsgefahren beschränkt sei und nicht dem Schutz des Bauherrn vor finanziellen Mehraufwendungen wegen besonderer Baugrundverhältnisse diene.
Schließlich stehe den Klägern ein Schadenersatzanspruch auch nicht deshalb zu, weil die Stadt Korschenbroich die Baugenehmigung erteilt habe. Zum einen seien die Kläger, die das Haus nicht selbst gebaut hätten und daher auch nicht am Baugenehmigungsverfahren beteiligt gewesen wären, nicht in den Schutzbereich der bei der Genehmigungserteilung zu beachtenden Amtspflichten einbezogen. Zum anderen bezwecke die Pflicht der Bauordnungsbehörde, einen Bauantrag ordnungsgemäß zu prüfen, nicht, dem Bauherrn die Verantwortung für eine einwandfreie Durchführung seines Bauvorhabens abzunehmen und ihn vor nutzlosen finanziellen Aufwendungen zu bewahren, die aus in seinem Verantwortungsbereich liegenden Fehlern resultieren. Im übrigen könne auch nicht festgestellt werden, daß die Stadt Korschenbroich ihre Prüfpflichten im Baugenehmigungsverfahren verletzt habe.
Die Geschäftsstelle weist darauf hin, daß die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf ausdrücklich zu begrüßen ist, zumal die Geschäftsstelle in den Mitteilungen des StGB NRW vom Februar 2002, Nr. 115, S. 52 f., eine deckungsgleiche Rechtsauffassung wie das Landgericht Düsseldorf vertreten hat. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, daß das Urteil des Landgerichts Düsseldorf noch nicht rechtskräftig ist. Insoweit wird auf die Empfehlungen in den Mitteilungen des StGB NRW vom Februar 2002, Nr. 115 (S. 52 f.), weiterhin verwiesen.
Az.: II/2 24-30