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StGB NRW-Mitteilung 723/2020 vom 26.11.2020
Keine Miet-Kürzung wegen coronabedingter Ladenschließung
Die staatlich verordnete Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts im Zuge der Corona-Pandemie ist kein Mangel der Mietsache und rechtfertigt keine Mietminderung. Dies hat das Landgericht (LG) Frankfurt a. M. mit Urteil vom 02.11.2020 (2-15 O 23/20) entschieden. Etwas anderes komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Mieter in seiner Existenz bedroht sei.
Die beklagte Mieterin verkauft im zugrunde liegenden Fall Kleidung und Textilien und betreibt in Deutschland viele Filialen. Eines ihrer Einzelhandelsgeschäfte in Frankfurt am Main musste sie vom 18.03.2020 bis zum 20.04.2020 wegen einer Anordnung des Landes Hessen im Zuge der Corona-Pandemie schließen. Dadurch entstand ihr im Vergleich zu den beiden Vorjahren im März ein Umsatzrückgang von 54 Prozent und im April von 41 Prozent.
Die Beklagte verzeichnete eine so erhebliche Liquiditätslücke, dass sie die Miete für das Geschäft in Frankfurt im April 2020 zunächst nicht begleichen konnte. Die Vermieterin klagte auf Zahlung der Miete in Höhe von rund 6.000 Euro.
LG: Schließungsanordnung kein Mietmangel
Die Klage hatte Erfolg. Zwar könnten auch öffentlich-rechtliche Einschränkungen oder Verbote gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen grundsätzlich einen Mietmangel darstellen, so das LG. Dafür müsse die Ursache der staatlichen Nutzungsuntersagung aber in dem Mietobjekt selbst oder seiner Beziehung zur Umwelt begründet sein. Das sei bei Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie jedoch nicht der Fall. Die hoheitlichen Maßnahmen dienten dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Sie knüpften nicht unmittelbar an die Beschaffenheit der Mietsache an, sondern allgemein an deren Nutzungsart sowie den Umstand, dass in den Flächen Publikumsverkehr stattfindet und dadurch Infektionen begünstigt werden, so das Gericht.
Anmerkung aus kommunaler Sicht
Die Entscheidung des LG verdeutlicht, dass - Stand heute - im Einzelhandels- und Gewerbebereich coronabedingte Umsatzeinbußen regelmäßig keine Mietminderungen rechtfertigen. Das LG weist allerdings zu Recht darauf hin, dass bei unvorhersehbaren Ereignissen eine Mietpartei grundsätzlich eine Änderung der vereinbarten Mietzahlungen einfordern kann, dies aber nur, wenn „dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden (…) Ergebnisses unabweislich erscheint". Vorliegend hatte die beklagte Mieterin einen existenzbedrohenden Ausnahmefall nicht darlegen können, zumal sie auch durch eine kurzfristige Gesetzesänderung vor einer Kündigung wegen coronabedingter Zahlungsschwierigkeiten geschützt wurde. Außerdem habe die Beklagte in allen Filialen Kurzarbeit eingeführt und dadurch beträchtliche Einsparungen verbuchen können.
Am 18.11.2020 hat Bundesjustizministerin Christine Lambrecht nun eine Gesetzesänderung in Aussicht gestellt. Geplant sei eine gesetzliche Klarstellung, dass coronabedingte Beschränkungen „regelmäßig die Störung der Geschäftsgrundlage für ein Mietverhältnis" bedeuten können. Dadurch wolle man die Position des Gewerbemieters stärken. Eine entsprechende Gesetzesänderung würde indes nicht automatisch einen Anspruch auf Mietminderung bedeuten. Es gilt, immer eine sorgfältige Einzelfallprüfung einschließlich der vertraglichen Vereinbarungen durchzuführen. „Notfalls muss gerichtlich festgestellt werden, ob eine Anpassung des Vertrags verlangt werden kann", so Ministerin Lambrecht. Insoweit bleibt fraglich, ob die geplante Regelung tatsächlich zu einer Verbesserung der Rechtslage beitragen könnte. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Az.: 20.4.22-007/001 gr