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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 571/2024 vom 12.08.2024
LG Hagen zur Elementarschadensversicherung und Überflutung
Das Landgericht Hagen (LG Hagen) hat mit Urteil vom 06.03.2024 (Az. 1 O 98/23 – nicht rechtskräftig - abrufbar unter: www.justiz.nrw.de – Rubrik: Entscheidungen unter Eingabe des Aktenzeichens) entschieden, dass bei einer Elementarschadensversicherung eine Überflutung von Grund und Boden auf dem Grundstück, auf dem das versicherte Gebäude liegt, vorausgesetzt wird. Ursache dafür müssen die Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Binnengewässern, Witterungsniederschläge oder der Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche in Folge eines der beiden vorgenannten Ereignisse sein. Nicht versichert sind – so das LG Hagen – Schäden durch Grundwasser, welches nicht an die Erdoberfläche gedrungen ist.
Darlegungs- und beweispflichtig ist – so das LG Hagen - für das Vorliegen eines Überschwemmungsereignisses der Kläger als Versicherungsnehmer. Der Versicherungsnehmer muss in einem ersten Schritt den Nachweis führen, dass es vor dem Schadenseintritt Witterungsniederschläge gegeben hat. In einem zweiten Schritt ist der Nachweis zu führen, dass diese Niederschläge zu einer Überflutung des Grund und Bodens, auf dem sich das versicherte Gebäude befindet, geführt haben. Gelingt dieser Nachweis, so hat der Versicherungsnehmer den weiteren Nachweis zu führen, dass die Überschwemmung des versicherten Grundstücks adäquat kausal (ursächlich) für den Schadenseintritt am Gebäude ist (vgl. BGH, Urteil vom 20.04.2005 – Az. IV ZR 252/03), wobei Mitursächlichkeit ausreichen kann (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 30.04.2017 – Az. 20 U 36/17; KG Berlin, Beschluss vom 03.09.2021 – Az. 6 U 70/21).
Das LG Hagen führt aus, dass es am 14.07.2021 unstreitig ganz erhebliche Witterungsniederschläge gegeben hat (Tief Bernd, Hochwasser in West- und Mitteleuropa 2021 bzw. Flutkatastrophe 2021). Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt aber für den Begriff „Überschwemmung“ und „Überflutung“ – so das LG Hagen - die Ansammlung von erheblichen Wassermengen auf der Geländeoberfläche voraus. Ansammeln heißt, dass das Wasser eine gewisse Dauer auf dem Versicherungsgrundstück steht, mit der Folge, dass das Wasser nicht mehr „erdgebunden“ ist. Eine solche Ansammlung erheblicher Wassermengen auf der Geländeoberfläche, war – so das LG Hagen – hier vom Kläger nicht schlüssig und nachvollziehbar dargestellt worden.
Schließlich weist das LG Hagen ausdrücklich darauf hin, dass für ansteigendes Grundwasser, welches nicht an die Erdoberfläche gelangt, auf der Grundlage der Versicherungsbedingungen kein Versicherungsschutz im Rahmen einer Elementarschadensversicherung besteht.
Ebenso hatte das LG Köln (Urteil vom 29.11.2023 – Az. 20 O 16/23) entschieden, dass eine Überschwemmung des versicherten Grundstücks mit erheblichen Wassermengen nicht vorliegt, wenn nur in den Keller des Gebäudes (auch Grundwasser) eingedrungen ist. Vielmehr muss sich das schadenstiftende Wasser in Folge der Ausuferung von oberirdischen Gewässern oder von Witterungsniederschlägen außerhalb des Gebäudes, namentlich auf dem das Gebäude umgebenden „Grund und Boden“, auf welchem das Gebäude liegt, angesammelt haben. Eine Überflutung von Grund und Boden setzt somit voraus, dass sich erhebliche Wassermengen auf der Geländefläche ansammeln (BGH, Urteil vom 20.05.2005 – Az.: IV ZR 252/03 -; OLG Köln, Urteil vom 09.04.2013 – Az.: 9 U 198/12 -). Dabei ist es weiter – so das OLG Köln – für das Vorliegen einer Überschwemmung unschädlich, wenn die Überschwemmung aus einem Mix von Niederschlagswasser und Wasser aus einer Kanalisation entsteht, welche die Regenmengen nicht mehr aufzunehmen vermag (vgl. LG München I, Urteil vom 16.07.2020 – Az.: 26 O 14155/19 – OLG München, Hinweisbeschluss vom 19.10.2020 – Az.: 25 U 4744/20; ausreichend ist Mitursächlichkeit).
Es wird nunmehr abzuwarten sein, ob sich diese Rechtsprechung in den nachfolgenden Gerichtsinstanzen weiter manifestieren wird.
Az.: 24.1.1 qu