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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 207/2001 vom 05.04.2001
Liberalisierung der Wasserversorgung
In unseren Mitteilungen vom 05.07.2000, lfd. Nr. 356, hatten wir über Bestrebungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie berichtet, die Wasserversorgung, die nach Einführung des Wettbewerbs auf dem Energiesektor der einzige Bereich der Versorgung mit noch bestehendem Gebietsmonopol ist, zur Disposition zu stellen.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat nunmehr das Thesenpapier der Gutachter zur Frage nach der Liberalisierung der Wasserversorgung in Deutschland vorgelegt.
Die Gutachter schlagen hinsichtlich der Wettbewerbsmodelle sowohl einen Wettbewerb "um den Markt" (d.h. um einzelne Versorgungsgebiete), als auch einen Wettbewerb "im Markt" (d.h. um einzelne Verbraucher) vor. Dabei wird keine Aussage darüber getroffen, welches Modell mehr Effizienzgewinn verspricht. Eine solche Entscheidung sei auch nicht nötig, die Städte und Gemeinden könnten sich vielmehr für unterschiedliche Lösungswege entscheiden. Für die Schaffung eines Wettbewerbs "im Markt" ist nach Auffassung der Gutachter neben der Aufhebung der kartellrechtlichen Sonderstellung der Wasserversorgung auch ein Verzicht der Kommunen auf das Selbstverwaltungsrecht auf Wasserversorgung als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge erforderlich.
Die Gutachter legen weiterhin dar, dass Wettbewerb bereits heute stattfindet, wenn die Gemeinden die Wasserversorgung zeitlich befristet einem Dritten übertragen und diesen durch Ausschreibung ermitteln. Eine Ausschreibung soll nach Auffassung der Gutachter zukünftig bei der Übertragung auf Dritte verpflichtend sein. Außerdem soll eine solche Verpflichtung für den Fall geschaffen werden, dass die Versorgungsstrukturen in der Gemeinde offensichtlich unwirtschaftlich sind. Die Frage nach der Unwirtschaftlichkeit könne durch einen obligatorischen Wirtschaftlichkeitsvergleich beantwortet werden. Auslöser für die Verpflichtung zur Teilnahme an einem solchen Vergleich könne auch die dauerhafte Notwendigkeit staatlicher Zuschüsse, die Überschreitung bestimmter Höchstgrenzen für den Wasserpreis sowie die wiederholte Ablehnung von Anträgen auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang sein.
Angesprochen werden darüber hinaus die Fragen nach der Kontrolle privater Anbieter, die Kooperation zwischen Kommunen und die Abschaffung der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung der Wasserver- und Abwasserentsorgung.
Trotz der nicht zuletzt von den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundes- und Landesebene geäußerten scharfen Kritik an den Plänen zur Liberalisierung der Wasserversorgung in Deutschland wird die Marktöffnung weiterhin sehr unkritisch als erstrebenswertes Ziel dargestellt. Durch die Forcierung von mehr Wettbewerb durch die unterschiedlichsten Mittel verspricht man sich nahezu ausschließlich Vorteile. Sofern jedoch eine stärkere Marktöffnung in der Wasserversorgung dazu führen würde, dass die durch die jetzigen kommunal geprägten Strukturen erfüllten Ziele umwelt-, gesundheits- oder verteilungspolitischer Art schlechter erfüllt würden, werden flankierende Maßnahmen vorgesehen und eine verstärkte Bürokratisierung durch Kontroll- und Aufsichtsbehörden vorgeschlagen. Damit bleiben nach einer ersten Einschätzung auch die durch das Umweltbundesamt in seinem Gutachten "Liberalisierung der deutschen Wasserversorgung" geäußerten Bedenken gegen eine Marktöffnung unberücksichtigt. Das Umweltbundesamt spricht sich nachdrücklich für eine Beibehaltung der kommunalen Strukturen in der Wasserversorgung aus Gesundheits- und Umweltschutzgründen aus.
Az.: G/3 815-00