Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 589/2004 vom 22.07.2004

LWG-Novelle und Neuregelung zur Abwasserbeseitigung

Der StGB NRW hat zum Thema Neuregelungen in der Abwasserbeseitigung in seiner Stellungnahme vom 15.7.2004 zum Gesetzentwurf zur Änderung des LWG NRW (Stand: 14.5.2004) im Wesentlichen folgendes vorgetragen worden

1. § 51 (Begriffsbestimmungen, Geltungsbereich)

In § 51 Abs. 4 LWG NRW-Entwurf wird der Begriff der „Kanalisationsnetze“ erstmalig definiert. Kanalisationsnetze sind danach Einrichtungen, die dazu dienen, das Abwasser mehrerer Grundstücke eines festgelegten Gebietes zu sammeln und fortzuleiten. Sie sind öffentlich, wenn sie dazu dienen, das Abwasser eines Grundstücks, das einem Anschluss- und Benutzungszwang unterliegt, zu sammeln und fortzuleiten. Die Einbindungen der Anschlussleitungen eines einzelnen Grundstücks oder eines privaten Kanalisationsnetzes sollen ebenfalls zum öffentlichen Kanalisationsnetz gehören. Diese Regelung ist zu weit gefasst und grenzt öffentliche Abwasserleitungen nicht deutlich genug von privaten Abwasserleitungen ab. Öffentliche Abwasserleitungen können nur dann vorliegen, wenn in ihnen Abwasser gesammelt wird und zwar mit dem Ziel, es der Abwasserbehandlung/-reinigung zuzuführen. Wird Abwasser von mehreren Grundstücken auf diesen privaten Grundstücken gesammelt, um es lediglich der öffentlichen Abwasseranlage zuzuführen (z.B. gemeinsame Anschlussleitungen von benachbarten Grundstücken mit Doppelhaushälften oder Reihenhäusern), so können dieses nur private Abwasserleitungen sein. Nur auf dieser Grundlage ist es möglich, die Sanierungsverantwortlichkeiten für private Abwasserleitungen auf privaten Grundstücken (§ 45 LBauO NRW) trennscharf abzugrenzen von den Sanierungsverantwortlichkeiten der Gemeinde als Träger der Abwasserbeseitigungs-pflicht. Außerdem geht es darum eine klare gesetzliche Regelung dafür zu finden, dass etwa ehemalige großflächige Gewerbegrundstücke nicht in viele kleine Einzelgrundstücke zerteilt werden und die Gemeinde das ehemalige Netz an privaten und maroden Abwasserleitungen auf diesem großflächigen Grundstück mit allen Sanierungspflichten überantwortet bekommt. Vor diesem Hintergrund regen wir an folgende Definition in § 51 Abs. 4 (neu) aufzunehmen: „Öffentliche Kanalisationsnetze sind Einrichtungen, die dazu dienen, das Abwasser mehrerer Grundstücke eines festgelegten Gebietes mit dem Ziel der Abwasserreinigung zu sammeln und fortzuleiten. Hierzu gehören die Hauptkanäle in den öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Die Anschlussleitungen vom Hauptkanal bis zur privaten Grundstücksgrenze (Grundstücksanschluss, Grundstücksanschlussleitung) und die Abwasserleitungen auf den privaten Grundstücken (Hausanschluss, Hausanschlussleitung) gehören nicht zum öffentlichen Kanalisationsnetz. Die Herstellung, Erneuerung, Veränderung, Beseitigung und Unterhaltung der Grundstücksanschlussleitungen obliegt der Gemeinde. § 10 KAG NRW bleibt unberührt, mit der Maßgabe, dass die Gemeinden satzungsrechtlich bestimmen können, wo das öffentliche Kanalisationsnetz endet“.

2. § 53 Abs. 1 (Pflicht zur Abwasserbeseitigung)

Zunächst ist zu begrüßen, dass die Auflistung der einzelnen Bestandteile der Abwasserbeseitigungspflicht die Gesetzeslektüre erleichtert. Mit Blick auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 LWG NRW-Entwurf wird angenommen, dass die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde die abwassertechnische Planung auch durch Dritte erstellen lassen kann. Im Übrigen ist es klarer, wenn anstelle des Begriffes Planung der Begriff „abwassertechnisches Konzept“ verwendet wird. In § 53 Abs. 1 Nr. 2 LWG NRW-Entwurf sind, um Missverständnissen vorzubeugen, die Worte „einem Grundstück“ zu streichen und stattdessen zu formulieren, „das Sammeln und das Fortleiten des auf Grundstücken im Gemeindegebiet anfallenden Abwassers sowie die Aufstellung und Fortschreibung von Plänen nach § 58 Abs. 1 Sätze 4 und 5.“ Die Regelung in § 53 Abs. 1 Nr. 6 - 2. Alternative LWG NRW-Entwurf (Überwachung von privaten Anlagen zur Versickerung von Regenwasser auf privaten Grundstücken) wird abgelehnt. Wenn den Gemeinden im Rahmen des § 51 a LWG NRW - wie bereits oben ausgeführt - mehr abschließende und vorbeugende Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden, ist eine solche Überwachungsregelung als zukünftiger Bestandteil der Abwasserbeseitigungspflicht überflüssig. Außerdem ist folgendes anzumerken: Der Landesgesetzgeber hat sich im Rahmen der letzten Änderung des LWG NRW (1995) dafür entschieden, dass Regenwasser auf privaten Grundstücken ortsnah durch die Grundstückseigentümer selbst beseitigt werden soll und die Abwasserbeseitigungspflicht für das Regenwasser dann von der Gemeinde auf den privaten Grundstückseigentümer kraft Gesetzes übergeht (§ 51 a Abs. 2 LWG NRW). Es ist widersprüchlich nun wiederum nachträglich einen kostenaufwendigen Kontrollapparat aufzubauen und hierdurch den Gemeinden eine zusätzliche Haftungsschlinge um den Hals zu legen. Ist ein Grundstückseigentümer für die Beseitigung des Regenwassers auf seinem Grundstück abwasserbeseitigungspflichtig, so haftet er auch in vollem Umfang für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Pflicht. Eine haftungsrechtliche Lückenbüßer-Stellung der Kommune wird deshalb kategorisch abgelehnt. Wenn der Landesgesetzgeber eine Überwachung von privaten Regenwasserbeseitigungsanlagen auf privaten Grundstücken für erforderlich hält, so soll er dieses in einer Selbstüberwachungs-Verordnung für private Regenwasserbeseitigungsanlagen regeln. In einer solchen Verordnung könnten die privaten Grundstückseigentümer verpflichtet werden, die auf ihrem Grundstück betriebenen privaten Versickerungsanlagen in bestimmten zeitlichen Abständen durch Dritte auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüfen zu lassen. Über diese Überprüfung könnte eine Prüfbescheinigung ausgestellt werden, die dann der unteren Wasserbehörde auf Verlangen vorzulegen ist. Einer Verpflichtung der Städte und Gemeinden im Rahmen ihrer Abwasserbeseitigungspflicht bedarf es mithin nicht. In gleicher Weise könnte auch bei Kleinkläranlagen die Überwachungspflicht der Gemeinden nach § 53 Abs. 1 Nr. 6 - 1. Alternative LWG NRW entfallen, zumal es ohnehin die Aufgabe der unteren Wasserbehörden ist, Sanierungsverfügungen im Hinblick auf Kleinkläranlagen zu erlassen, die nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

3. § 53 Abs. 1 b (Abwasserüberlassungspflicht)

Die Regelung einer Abwasserüberlassungspflicht der privaten Grundstückseigentümer sowohl für Schmutzwasser als für Niederschlagswasser im künftigen Landeswassergesetz wird ausdrücklich begrüßt. Eine solche Regelung ist wegen des Urteils des OVG NRW vom 28.01.2003 (Az.: 15 A 4751/01, NWVBl. 2003, S. 380ff.) unverzichtbar. Es wird eine Regelungslücke geschlossen, die alle anderen Landeswassergesetze nicht beinhalten.
Das OVG NRW hat mit Urteil vom 28.01.2003 entschieden, dass ein Anschluss- und Benutzungszwang für Regenwasser nicht besteht, weil die Regenwasserbeseitigung von privaten Grundstücken nicht - wie in § 9 Gemeindeordnung NRW gesetzlich gefordert - der Volksgesundheit dient. Die Regelung einer Abwasserüberlassungspflicht im neuen LWG ist deshalb unverzichtbar, weil andernfalls damit zu rechnen ist, dass sich viele Grundstücks-eigentümer aus Gründen der reinen Einsparung von Abwassergebühren mit der Regen-wasserbeseitigung vom Kanalnetz der Gemeinde abkoppeln werden. Vereinzelt sind von den Grundstückseigentümern bereits verwaltungsgerichtliche Klagen unter Berufung auf das Urteil des OVG NRW vom 28.1.2003 erhoben worden. Diese Entwicklung muss gestoppt werden, weil eine ortsnahe Regenwasserbeseitigung ohne Berücksichtigung der Maßgaben in § 51 a LWG NRW (insbesondere der Stichtagsregelung: ortsnahe Regenwasserbeseitigung nur für Grundstücke, die erstmals nach dem 1.1.1996 bebaut werden) zu unerwünschten Folgen führen kann (z.B. Vernässungsschäden an Gebäuden auf Nachbargrundstücken, unkontrolliertes Einleiten des Regenwassers in Gewässer, erheblicher Anstieg der getrennten Regenwassergebühr). Ohne eine gesetzlich geregelte Abwasserüberlassungs-pflicht auch für Regenwasser würde demnach die gesamte ortsnahe Regenwasserbeseitigung gefährdet.


Az.: Az.: II/2 24-10 qu/g

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