Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 225/2015 vom 17.03.2015
Mindestlohn und Ausschluss von Vergabe öffentlicher Aufträge
Seit dem 1. Januar 2015 gilt das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns, kurz Mindestlohngesetz (MiLoG). Aus kommunaler Sicht sind die Auswirkungen des MiLoG auf die öffentliche Auftragsvergabe von besonderer Bedeutung. Nachfolgend gibt der DStGB daher einen Überblick über die Regelung des § 19 MiLoG (Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge) sowie über § 13 MiLoG (Haftung des Auftraggebers).
§ 19 MiLoG regelt den vorübergehenden Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge zu Lasten der Bewerber, die wegen eines Verstoßes nach § 21 MiLoG — insbesondere bei Nichtzahlung des gesetzlichen Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 MiLoG — mit einer Geldbuße von wenigstens 2.500,00 Euro belegt worden sind (Abs. 1). Vor der Entscheidung über einen solchen Ausschluss ist der Bewerber zu hören (Abs. 5). Nach § 19 Abs. 3 MiLoG fordern die öffentlichen Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 1 bis 3 und 5 GWB im Zusammenhang mit Ausschreibungsverfahren entweder Gewerbezentralregisterauskünfte über rechtskräftige Bußgeldentscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 21 Abs. 1 oder Abs. 2 MiLoG (dies betrifft insbesondere die Nichtzahlung des Mindestlohnes durch den Auftragnehmer des öffentlichen Auftraggebers oder verlangen von dem Bewerber eine Erklärung, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 19 Abs. 1 MiLoG nicht vorliegen; der öffentliche Auftraggeber kann allerdings jederzeit über die Erklärung hinaus eine zusätzliche Auskunft aus dem Gewerbezentralregister nach § 150 a Gewerbeordnung anfordern.
Wichtig: Bei Aufträgen ab einer Höhe von 30.000 Euro besteht die Verpflichtung, für den Bewerber, der den Zuschlag erhalten soll, vor der Zuschlagserteilung eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister nach § 150 a Gewerbeordnung anzufordern.
Haftung des Auftraggebers
§ 13 MiLoG regelt unter Hinweis auf § 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes die „Haftung des Auftraggebers“: § 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes lautet: Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer (…..) wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. § 13 MiLoG enthält — anders als noch im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen — eine verschuldensunabhängige Haftung gegenüber dem Mindestlohnempfänger, sofern der Mindestlohn an diesen nicht gezahlt wird. Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- und Dienstleistungen beauftragt, haftet danach für die Zahlung des Mindestlohns durch
- den von ihm beauftragten Werk- oder Dienstleistungsunternehmer,
- einen Nachunternehmer oder
- einen von dem Unternehmer oder Nachunternehmer beauftragten Verleiher (Zeitarbeitsvertrag).
Aus der Sicht des öffentlichen Auftraggebers stellt sich somit die Frage, ob der „Unternehmer“ i.S.d. § 13 MiLoG i.V.m. § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz der öffentliche Auftraggeber selbst oder der Auftragnehmer des öffentlichen Auftraggebers im Falle der Weiterbeauftragung der Leistung an einen Sub- bzw. Nachunternehmer — also der Generalunternehmer — ist. Stellt man auf die Rechtsansichten zum Arbeitnehmer-Entsendegesetz ab, so bezieht sich die Verpflichtung nicht auf den öffentlichen Auftraggeber, sondern dessen Auftragnehmer, also den Generalunternehmer.
Auch die Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf des § 13 MiLoG weist auf den sogenannten Generalunternehmer als Auftraggeber hin. Dieser soll im eigenen Interesse darauf achten, dass die Arbeitnehmer, die bei dem durch ihn beauftragten Sub- und Nachunternehmer beschäftigt sind, den Mindestlohn erhalten. Zwar ist diese ursprüngliche Fassung im weiteren Gesetzgebungsverfahren entfallen und durch die aktuelle Testfassung mit dem Hinweis auf das Arbeitnehmer-Entsendegesetz ersetzt worden. Diese Änderungsinitiative bezog sich aber insbesondere auf den durch die Verweisung bedingten Wegfall der zunächst vorgesehenen Exkulpationsmöglichkeit.
Dass insoweit auch eine Ausweitung über die beabsichtigte Generalunternehmerhaftung hinaus beabsichtigt war, lässt sich nicht erkennen und ist auch dem Wortlaut § 13 MiLoG nicht unmittelbar zu entnehmen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zur „Auftraggeberhaftung / Generalunternehmerhaftung“ (Stand: 19.12.2014) Folgendes ausgeführt: „ Die Auftraggeberhaftung aus § 13 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) soll die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns auch dort sicherstellen, wo ein beauftragter Unternehmer zur Erledigung seiner Aufgabe weitere Unternehmer einschaltet.
Die Anwendung der Vorschrift setzt nach der bisherigen Rechtsprechung zur Parallelvorschrift im Arbeitnehmer-Entsendegesetz voraus, dass (1) ein Unternehmer (2) eine eigene vertragliche Pflicht zur Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen übernommen hat und (3) zur Erfüllung dieser Pflicht einen zusätzlichen Unternehmer beauftragt. Ist dies gegeben, ordnet § 13 MiLoG die Haftung des ursprünglich beauftragten Unternehmers für die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns an. Der ursprüngliche Unternehmer hat auch dann für die Auszahlung des gesetzlichen Mindestlohns einzustehen, wenn der von ihm beauftragte Unternehmer wiederum noch einen Unternehmer zur Erledigung des Auftrages einsetzt.
Damit trägt auch der Unternehmer am Anfang der Leistungskette das Risiko der gesetzlichen Mindestlohnvergütung für alle nachfolgend in dieses Verhältnis eingebundenen Unternehmer. Die Vorschrift verweist auf § 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Das Haftungsmodell soll dem Schutz der Arbeitnehmer dienen, in dem es — nach Ansicht des Bundesministeriums — sicherstellt, dass der gesetzliche Mindestlohn nicht im Wege sog. „Subunternehmerketten“ umgangen werden kann und die Arbeitnehmer mit jedem eingeschalteten Nachunternehmer auch einen zusätzlichen Anspruchsgegner erhalten: Demnach soll derjenige das Vergütungsrisiko des gesetzlichen Mindestlohns jedenfalls mittragen, der durch eine Weitergabe seines eigenen Auftrages an einen anderen Unternehmer eine zusätzliche Partei in die Leistungsabwicklung involviert hat.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat des Weiteren ausgeführt, dass die Haftungsregelung nicht für die öffentliche Hand gilt: „Wenn die öffentliche Hand sich — etwa im Baubereich — nicht selbst gegenüber einem Vertragspartner zur Erbringung von Bauleistungen verpflichtet, ist sie nur ein Bauherr, der eine Bauleistung in Auftrag gibt. Dies ergibt sich aus der einschränkenden Rechtsprechung des BAG zum Unternehmerbegriff des § 14 AEntG. Zudem dürfen nach § 97 Abs. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Aufträge von der öffentlichen Hand nur an gesetzestreue Unternehmen vergeben werden.
Zur Gesetzestreue zählt insbesondere auch die Einhaltung gesetzlicher Mindestlohnvorschriften. § 19 MiLoG bestimmt, dass Bewerber von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden sollen, die wegen eines Verstoßes nach § 21 MiLoG mit einer Geldbuße von wenigstens 2.500 Euro belegt worden sind.“
Die vorstehende Rechtsauffassung des BMAS ist nach Auffassung des DStGB nachvollziehbar. Um gleichwohl etwaigen Zweifeln (Zukünftige Rechtsprechung?) angemessen zu begegnen, empfiehlt er, im Rahmen von kommunalen Vergabeverfahren zukünftig immer eine entsprechende Verpflichtungserklärung vom Auftragnehmer zu verlangen, mit der dieser versichert, die Pflichten aus dem MiLoG zu erfüllen — und zwar auch im Hinblick auf die Einschaltung von Nachunternehmen. Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, auch eine Vertragsstrafe für den Fall der Nichterfüllung der vertraglich übernommen Pflichten zu vereinbaren. Schließlich ist auch bei der Wertung der Angebote (Preisprüfung) zu überprüfen, ob beziehungsweise dass die angebotenen Preise im Hinblick auf die Zahlungspflicht des Mindestlohns schlüssig dargelegt sind.
Az.: II/1 608-05