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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 372/1997 vom 20.07.1997
Ministerkonferenz für Raumordnung zu Factory-Outlet-Centern
In ihrer Sitzung am 3.6.1997 hat die Ministerkonferenz für Raumordnung eine Entschließung "Factory-Outlet-Center" verabschiedet. Mit ihr tritt die Ministerkonferenz für Raumordnung einer neuartigen Form und Dimension des großflächigen Einzelhandels auf der "Grünen Wiese" oder auf abseits gelegenen Konversionsflächen entgegen. Für die Errichtung solcher Center mit regelmäßig etwa 40.000 qm Verkaufsfläche und angegliederten Restaurants sowie Freizeiteinrichtungen, die mit einem innenstadtrelevanten Sortiment auf einen Käuferkreis aus einem Einzugsbereich von 100 km und mehr ausgerichtet sind, wird die strikte Beachtung raumordnerischer Ziele gefordert. Die Ministerkonferenz für Raumordnung unterstreicht, daß Factory-Outlet-Center entsprechend der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nur in Großstädten oder Oberzentren an integrierten Standorten und in stadtverträglichen Größenordnungen zulässig sind.
Die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung "Factory-Outlet-Center" hat folgenden Wortlaut:
1. Die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsunternehmen auf der "Grünen Wiese" erhält durch die vielerorts beabsichtigte Gründung von Factory-Outlet-Centern eine neue Dimension. Die Ministerkonferenz für Raumordnung sieht sich deshalb veranlaßt, im Anschluß an die Entschließung "Innenstädte als Einzelhandelsstandorte erhalten", die sie gemeinsam mit der Konferenz der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder am 29. März/21. Juni 1996 gefaßt hat, erneut die Beachtung raumordnerischer Grundsätze und Ziele zu fordern.
2. Factory-Outlet-Center sind Einzelhandelsgroßprojekte besonderer Ausprägung. Über eine Betreiberorganisation schließen sich Hersteller zusammen, um in baulich konzentrierter Form überwiegend hochwertige Markenartikel unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels mit erheblichen Preisnachlässen direkt dem Verbraucher anzubieten. Neben Bekleidung, Hausrat, Porzellan und Glaswaren finden zunehmend weitere Produkte Eingang in die Angebotspalette dieser Center, die bisher das typische Sortiment des innenstädtischen Handels prägen. Damit geht ein immer größerer Flächenbedarf einher, der bis zu mehr als 40.000 qm Verkaufsfläche und 100.000 qm Grundstücksfläche reichen kann. Eine Angliederung von Restaurants und Freizeiteinrichtungen sowie touristische Attraktionen und schöne Landschaften sollen das Einkaufen zum Erlebnis machen und in die Center locken.
3. Aus raumordnerischer Sicht problematisch bei den Factory-Outlet-Centern ist die Standortkonzeption. Factory-Outlet-Center sind wegen ihrer sortimentbezogenen Reichweite (100 km und mehr) auf gute An- und Abfahrmöglichekiten durch Pkw-Verkehr angewiesen. Factory-Outlet-Center siedeln sich daher in der Nähe von Autobahnabfahrten und Autobahnknotenpunkten sowie auf Konversionsflächen vorwiegend in ländlichen Räumen mit einem Einzugsbereich von einer bis eineinhalb Pkw-Stunden zu mehreren Großstädten und Verdichtungsräumen an. Die Standortgemeinde selbst spielt aus der Sicht der Betreibergesellschaft nur eine untergeordnete Rolle.
4. Die dezentral gelegenen Factory-Outlet-Center verursachen Probleme vor allem in den Bereichen Stadtentwicklung, Verkehr und Umwelt. Das überwiegend hochwertige Sortiment der Factory-Outlet-Center bedroht den traditionellen innerstädtischen Einzelhandel der Gemeinden in einem Umkreis von 100 km und mehr. Die Verödung der Innenstädte per saldo eine Vernichtung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sind die Folge. Die Verkehrsinfrastruktur wird mit neuen Verkehrsströmen belastet, die Verkehrsemissionen nehmen weiter zu. Durch die groß dimensionierten Flächen entsteht eine zusätzliche Versiegelung der Böden und Zersiedlung der Landschaft.
5. Planungsrechtlich unterliegen die Factory-Outlet-Center der städtebaulichen Sondervorschrift des § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung. Sie sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Da nach § 1 Abs. 4 Baugesetzbuch bei der Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans die Ziele der Raumordnung einzuhalten sind, kommt es für die raumordnerische Steuerung dieser Center entscheidend darauf an, klare Ziele vorzugeben. In den Raumordnungsplänen und Programmen der Länder müssen entsprechend den regionalen Siedlungsstrukturen möglichst konkrete Vorgaben festgelegt werden. Factory-Outlet-Center sind entsprechend der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nur in Großstädten/Oberzentren an integrierten Standorten und in stadtverträglichen Größenordnungen zulässig.
6. Die Ministerkonferenz für Raumordnung ist der Auffassung, daß Factory-Outlet-Center außerhalb von Großstädten/Oberzentren nicht zulässig sind. Besonders sorgfältig ist zu prüfen, ob für die beabsichtigten Größenordnungen in Großstädten/Oberzentren Standorte zu ermitteln sind, die negative Auswirkungen auf den innerstädtischen Einzelhandel und die urbane Qualität der Städte ausschließen. Die Ministerkonferenz wiederholt daher ihre in der Gemeinsamen Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996 erhobenen Forderungen,
- das Planungsrecht konsequent anzuwenden,
- Chancengleichheit zwischen Einzelhandel in den Innenstädten und auf der "Grünen Wiese" wiederherzustellen sowie
- die Standortqualität in den Innenstädten zu fördern.
Alle zu Gebote stehenden Mittel des Planungs-, Förder- und Steuerrechts müssen ausgeschöpft werden, um Schädigungen der urbanen Qualitäten von Innenstädten und Stadtteilzentren entgegenzutreten und damit Entwicklungen zu verhindern, wie sie bereits im Ausland und in Teilräumen der Bundesrepublik Deutschland zu beobachten sind.
Ergänzend weist die Geschäftsstelle auf die im Wirtschafts- und Verkehrsdezernat abrufbaren Beschlüsse einerseits des Präsidiums NWStGB vom 22.1.1996 zur landesplanerischen Steuerung des großflächigen Einzelhandels und andererseits des DStGB-Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr vom 22./23.4.1996 zur raumordnerischen und städtebaulichen Steuerung des großflächigen Einzelhandels hin.
Az.: III 610 - 02