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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 512/2007 vom 03.07.2007
Nachsortierung von Restmüll
Der VGH Baden-Württemberg hatte mit Urteil vom 27.3.2007 (Az.: 10 S 1684/06) entschieden, dass es einem Abfallbesitzer oder einem vom ihm beauftragten Dritten in der Abfallentsorgungssatzung nicht verboten werden kann, aus dem Restabfallbehälter Wertstoffe nachträglich auszusortieren. Zwischenzeitlich liegen die Urteilsgründe vor. Danach verstößt ein Abfallbesitzer, der selbst oder durch Beauftragung eines Dritten Wertstoffe in dem Zeitraum zwischen dem Befüllen des Restmüllbehälters und dem Abholtermin nachträglich wieder aussortiert nicht gegen die Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Wenn Abfälle nach der Abfallentsorgungssatzung erst dann als angefallen gelten, wenn sie „zu den bekannt gemachten Abfuhrzeiten … bereitgestellt worden sind“ haben – so der VGH Baden-Württemberg – die Abfallerzeuger/-besitzer bis zum Abholtermin Zeit, um ihrer Abfallüberlassungspflicht nachzukommen. Mit dem Einwurf der Abfälle in den Restmüllbehälter ist der Überlassungsvorgang damit noch nicht abgeschlossen. Der VGH Baden-Württemberg weist allerdings darauf hin, dass in der Abfallentsorgungssatzung geregelt werden kann, dass Abfälle unverdichtet im Abfallgefäß zu sammeln sind. Eine satzungsrechtlich unzulässige Verdichtung wäre bei einer Überlassung der Abfälle im gepressten Zustand gegeben. Dieser Sachverhalt lag aber im zu entscheidenden Fall nicht vor, weil die Nachsortierung des Abfalls aus der Restmülltonne lediglich auf die Herausnahme großvolumiger Abfälle und (sonstiger) Wertstoffe sowie das Aufschlitzen von Beuteln beschränkt war. Das Öffnen von Beuteln könne aber nicht als unzulässige Abfallverdichtung angesehen werden.
Das VG Düsseldorf hat es - entgegen dem VGH Baden-Württemberg - mit Urteil vom 21.02.2006 (Az.: 17 K 3803/06 – nicht rechtskräftig) als rechtmäßig angesehen, dass eine Stadt einem Privatunternehmen verboten hatte, den in Restmüllgefäßen der Stadt eingefüllten Abfall nach verwertbaren Abfällen durchzusortieren oder zu verpressen. Zum einen sah das VG Düsseldorf die Gefahr, dass Abfallgefäße hierdurch beschädigt werden konnten. Zum anderen sah das Gericht die Gefahr der gesundheitlichen Beeinträchtigung unter anderem von Anwohnern und sonstigen Dritten. Abfall, insbesondere in Gestalt von Restmüll aus privaten Haushaltungen, sei mit vielfältigen gesundheitsgefährdenden Keimen, Pilzen - insbesondere Schimmelpilzen - und anderen mikrobiellen Stoffen biologischer Herkunft belastet. Derartige Stoffe seien überwiegend staubgebunden bzw. als Partikel selbst luftgetragen und würden bei jeder Bewegung des Abfalls, also auch beim Verpressen, Durchsuchen, Verteilen, Sortieren und Entnehmen des Abfalls als sog. Bioaerosole in die Umgebungsluft freigesetzt. Entscheidende Bedeutung kommt nach dem VG Düsseldorf dabei dem Umstand zu, dass die in der Abfallsatzung untersagten Tätigkeiten – anders als im Falle der Durchführung in mit entsprechenden Schutzeinrichtungen versehenen Abfallsortierungsanlagen – in einer völlig undefinierten Umgebung erfolgen würden. Eine Entscheidung des OVG NRW steht hierzu allerdings noch aus. Im Übrigen wird sich wegen des Urteils der VGH Baden-Württemberg vom 27.3.2007 (Az.: 10 S 1684/06) nunmehr auch das Bundesverwaltungsgericht mit der Thematik auseinandersetzen.
Weiterhin ist Folgendes zu beachten: Wird landesgesetzlich vorgegeben, dass bei der Gebührenbemessung, mithin bei der Erhebung der Abfallgebühr, wirksame Anreize zur Abfallvermeidung und –verwertung für den gebührenpflichtigen Benutzer geschaffen werden sollen, so darf nicht verkannt werden, dass hierdurch kein Verhalten belohnt werden soll, welches lediglich zu einer Verdichtung oder Verpressung der Abfälle führt. In den Abfallentsorgungssatzungen der Kommunen wird deshalb regelmäßig als Benutzungsbedingung für die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung aufgenommen, dass der Abfall in den Abfallgefäßen nicht verpresst oder verdichtet werden darf, damit die Schüttfähigkeit bei der Entleerung in das Müllfahrzeug gewährleistet bleibt. Hintergrund für diese satzungsrechtliche Regelung ist zudem, dass nach § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NRW) nur derjenige gebührenpflichtige Benutzer über die Abfallgebühr mit wirksamen Anreizen zur Abfallvermeidung und –verwertung bei der Gebührenbemessung belohnt werden soll, der Abfälle tatsächlich vermeidet oder einer Verwertung zuführt. Eine schichte Verpressung oder Verdichtung von Abfällen im Restmüllgefäß entspricht außerdem nicht der in § 4 Abs. 1 KrW-/AbfG geregelten abfallrechtlichen Vorgabe, dass Abfälle in erste Linie zu vermeiden und in zweiter Linie zu verwerten sind.
Az.: II/2 31-02 qu/qu