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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 741/1998 vom 20.12.1998
Neues Landesabfallgesetz verkündet
Der Landtag hat am 18.11.1998 das neue Landesabfallgesetz verabschiedet. Das Gesetz wurde am 10.12.1998 im Gesetz- und Verordnungsblatt (GVBl. Nr. 48, S. 666) verkündet und wird am 01.01.1999 in Kraft treten. Mit dem neuen Gesetz sind die meisten zentralen Forderungen des NWStGB, die seit 1996 erhoben worden sind, realisiert worden. Durch das Inkrafttreten des neuen Gesetzes zum 01. Januar 1999 wurde es den Kommunen (wenn auch unter allergrößtem Zeitdruck) ermöglicht, noch im Jahr 1998 die Abfallgebührensatzungen für das Jahr 1999 auf der Grundlage des neuen Gesetzes zu verabschieden. Gebührenrechtlich von besonderer Bedeutung sind die Regelungen über die mehrjährige Gebührenkalkulation und die Verrechnung von Überschüssen und Defiziten des vorhergehenden Kalkulationszeitraumes und über die sog. "Querfinanzierung" (insbesondere für Problemabfälle, Sperrmüll und Bioabfälle).
Der NWStGB hat die Städte und Gemeinden unverzüglich nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes mit Schnellbrief vom 19.11.1998 über die wichtigsten Bestimmungen des neuen Gesetzes informiert und als Anlage einen Auszug aus dem neuen Gesetz beigefügt. Im folgenden werden die wichtigsten Bestimmungen noch einmal zusammengefaßt:
1. Getrennthaltungspflicht für "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung"
"Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" sind vom Abfallbesitzer/Abfallerzeuger bereits an der Anfallstelle voneinander getrennt zu halten ( § 4 a Abs.1 LAbfG NW n.F. ; Landtags-Drucksache 12/3482, S. 9). Dies bedeutet konkret, daß z.B. Industrie- und Gewerbebetriebe überlassungspflichtige "Abfälle zur Beseitigung" einerseits und nicht überlassungspflichtige "Abfälle zur Verwertung" andererseits in zumindest zwei unterschiedlichen Abfallgefäßen vor Ort trennen müssen. Eine bewußte Vermischung von "Abfällen zur Beseitigung" und "Abfällen zur Verwertung" in einem einzigen Abfallgefäß bzw. Container ist damit nicht mehr zulässig.
2. "Flächendeckende" Angebote für Bioabfälle
Die flächendeckende Biokompostierung ist nur als allgemeines Ziel und nicht als verbindliche Anordnung in jedem Einzelfall in das Gesetz aufgenommen worden. Entgegen den Berichten in manchen Medien nach der Verabschiedung des Gesetzes im Landtag verpflichtet das Gesetz die Gemeinden also nicht zur umfassenden kommunalen Biokompostierung. Das bedeutet, daß dem Gesetz auf keinen Fall ein Zwang zum Anschluß eines jeden einzelnen Grundstücks an die Biotonne entnommen werden kann. Zulässig sind somit statt der braunen Biotonnen auch z.B. öffentlich aufgestellte Container und/oder Abgabemöglichkeiten für Bioabfälle auf Recyclinghöfen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Bioabfallerfassung und -verwertung nach § 5 Abs. 4 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz gegeben sein muß. (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, § 5 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 und Satz 4 LAbfG n.F, Landtags-Drs. 12/3482, S. 12 - 14, S. 59, 60).
3. Einheitsgebühr und Querfinanzierung der Biotonne
Das neue Landesabfallgesetz stellt nunmehr in § 9 Abs.2 Satz 5 LAbfG NW n.F. ausdrücklich fest (Landtags-Drucksache 12/3482, S. 18), daß die Erhebung einer einheitlichen Abfallgebühr, bezogen auf das Restmüllgefäß, (Einheitsgebühr) für verschiedene Abfallentsorgungsteilleistungen (z.B. Entsorgung von Restmüll, Sperrmüll, Altpapier, Bioabfällen, Alt-Kühlschränken, schadstoffhaltigen Abfällen usw. ) sowie die anteilige Finanzierung einer mit einer Sondergebühr belegten Abfallentsorgungsteilleistung (z.B. Sperrmüllentsorgung, Entsorgung von Bioabfällen über die Biotonne) über eine einheitliche Abfallgebühr zulässig ist. Dies bedeutet: Es ist einerseits zulässig, eine Einheitsgebühr für alle Abfallentsorgungsteilleistungen, bezogen auf das Restmüllgefäß, zu erheben. Alternativ ist es auch möglich, eine Sondergebühr z.B. für die Sperrmüllentsorgung und die Entsorgung von Bioabfällen über die Biotonne zu erheben. Dabei muß diese Sondergebühr aber nicht kostendeckend sein, sondern die genannten Abfallentsorgungsteilleistungen können anteilig über die "restliche" Einheitsgebühr, bezogen auf das Restmüllgefäß, finanziert werden. Hierdurch kann insbesondere vermieden werden, daß z.B. die kalkulierte Sondergebühr für die Sperrmüllentsorgung durch ihre Höhe Abschreckungscharakter erhält und es deshalb zu vermehrten wilden Müllablagerungen kommt. Nach wie vor wird aber die Erhebung einer einheitlichen Abfallgebühr (Einheitsgebühr) für alle Abfallentsorgungsteilleistungen empfohlen.
Vor diesem Hintergrund ist es auch möglich, ab dem 1.1.1999 eine sog. Querfinanzierung der Biotonne" vorzunehmen. Dabei ist aber auch § 9 Abs. 2 Satz 7 LAbfG NW n.F. zu beachten. Dort ist geregelt, daß "Eigenkompostierern ein angemessener Gebührenabschlag zu gewähren ist."
Für den Fall, daß eine Kommune keine Einheitsgebühr für alle Teilleistungen festgesetzt hat, sondern getrennte Teilgebühren für Restmüll, Sperrmüll, Biomüll u.ä., genügt es, daß von den Eigenkompostierern die Teilgebühr "Biomüll" nicht verlangt wird. Ein zusätzlicher Abschlag für die Eigenkompostierer bei der Restmüllgebühr ist in diesen Fällen nicht mehr nötig. Die Eigenkompostierer zahlen an dem allen Bürgern dienenden Gesamtsystem der Biomüllkompostierung dann mit, wenn die Kommune bei der Kalkulation der Biomüll-Teilgebühr und der Restmüll-Teilgebühr eine Querfinanzierung zur summenmäßigen Reduzierung der Biomüll-Teilgebühr zu Lasten der Restmüll-Teilgebühr vorgenommen hat.
4. Änderung des Kommunalabgabengesetzes
Dadurch, daß in § 6 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz (KAG) die Sätze 2 und 3 eingefügt worden sind, werden die Kommunen ab 1999 berechtigt, statt des bisher laut OVG-Rechtsprechung notwendigen einjährigen Kalkulationszeitraums berechtigt, die Gebührenkalkulation nach Wahl auf ein, zwei oder drei Jahre zu erstrecken. Kostenüberdeckungen am Ende eines Kalkulationszeitraums sind innerhalb der nächsten drei Jahre auszugleichen; Kostenunterdeckungen sollen innerhalb dieses 3-Jahres-Zeitraums ausgeglichen werden. Aufgrund dieser Gesetzesänderung, die der langjährigen Regelung in anderen deutschen Bundesländern entspricht, gehört die bisherige Rechtsprechung zum Verbot des sog. "periodenfremden Aufwands" der Vergangenheit an. Die Neuregelung ist wesentlich gerechter. Dadurch zahlt letztlich die Gesamtheit der Gebührenschuldner diejenigen Kosten, die von der jeweiligen öffentlichen Einrichtung verursacht werden. Bislang konnten Gebührenüberschüsse dem allgemeinen Haushalt gutgeschrieben werden; Unterdeckungen mußten vom allgemeinen Haushalt der Kommune getragen werden.
Wichtig: Die Neuregelung gilt nicht nur für Abfallgebühren, sondern für sämtliche Gebühren im Sinn des KAG.
5. Gesamtbewertung
Das neue Abfallgesetz wird entgegen manchen Befürchtungen keine Gebührenerhöhungen verursachen. Es stellt im Grundsatz sicher, daß nicht nur private Haushaltungen die öffentlichen Beseitigungsanlagen benutzen müssen, sondern auch Gewerbebetriebe, für die diese Anlagen ja in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ebenfalls gebaut werden mußten. Die zu erwartende bessere Auslastung der Abfallbeseitigungsanlagen wird gebührendämpfend wirken, weil die Fixkosten auf größere Mengen verteilt werden.
Die Zulassung der Querfinanzierung zwischen den einzelnen Abfallteilbereichen wird dazu beitragen, daß ökologisch erwünschte Teilleistungen nicht durch übermäßig hohe Kosten beeinträchtigt werden (insbesondere Problemmüllbeseitigung und Bioabfallverwertung). Außerdem haben durch die Zulassung der Querfinanzierung die Kommunen die Möglichkeit, durch entsprechende Gebührenregelung der illegalen Ablagerung von Müll in der freien Landschaft entgegenzuwirken.
Az.: II 31-06