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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 262/2003 vom 24.03.2003
Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts
Der Bundesrat hat auf seiner letzten Sitzung erwartungsgemäß zu dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts den Vermittlungsausschuss angerufen. Seine Bedenken richten sich insbesondere gegen die sogenannte Verrechtlichung der in der Verbändevereinbarung enthaltenen Preisfindungsprinzipien. Der Bundesrat möchte auch zukünftig eine Beibehaltung der Prüfung der Netzentgelte nach den Kriterien der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht.
Durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts (Bundestags-Drucksache 15/197 vom 17. Dezember 2002) soll die EU-Gasrichtlinie (Richtlinie 98/30/EG) in nationales deutsches Recht umgesetzt werden. Außerdem soll die Verbändevereinbarung sowohl im Strom- als auch im Gasbereich verrechtlicht und der Sofortvollzug kartellrechtlicher Verfügungen eingeführt werden. Zu einer Verabschiedung des Gesetzes in der letzten Legislaturperiode war es nicht mehr gekommen (vgl. MITTEILUNGEN vom Oktober 2002, lfd. Nr. 594). Die Bundestagskoalition von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben den Gesetzentwurf daher unverändert erneut in den Bundestag eingebracht. Der Bundestag hat diesen Entwurf am 14. Februar 2003 angenommen.
Der Bundesrat hat in dieser Sache erwartungsgemäß am 14. März 2003 den Vermittlungsausschuss angerufen. Er verlangt, die in einer Anlage zur Verbändevereinbarung enthaltenen Preisfindungsprinzipien von der Vermutungsregelung im neuen Gesetz auszunehmen. Die Vermutungsregelung besagt, dass bei Einhaltung der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung aus dem Jahre 2001 die "Bedingungen guter fachlicher Praxis" erfüllt sind. Der Bundesrat spricht sich für eine Beibehaltung der Prüfung der Netzentgelte nach den Kriterien der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht, zu denen auch eine Kostenkontrolle gehört, aus.
Der Bundesrat verlangt ferner eine Überarbeitung der im neuen Energiewirtschaftsgesetz aufgeführten Vermutungsregelungen, mit denen der kartellbehördliche Handlungsspielraum im Bereich der Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Energieversorgungsunternehmen zu sehr eingeschränkt werde. Auf Grund der damit zu befürchtenden faktischen Festschreibung der Nutzungsentgelte in den Bereichen Strom und Gas dürfte die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs zum Nachteil der Strom- und Gasverbraucher, aber auch zu Lasten neuer Anbieter auf diesen Märkten erheblich beeinträchtigt werden. Dies wäre nach Ansicht des Bundesrates nicht zuletzt auch im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb für den Standort Deutschland schädlich und könnte mit kartellbehördlichen Mitteln nicht unterbunden werden, da alle durch die Verbändevereinbarungen Strom und Gas abgedeckten Verhaltensweisen der Versorgungsunternehmen hinsichtlich der Kalkulation der Netznutzungsentgelte weitestgehend einer kartellrechtlichen Kontrolle entzogen wären. Da sich Wettbewerb in der Stromversorgung erst ansatzweise und in der Gasversorgung von Haushaltskunden überhaupt noch nicht habe etablieren können und nach wie vor die Unterstützung der Kartellbehörden benötigt werde, sei dies nicht zu rechtfertigen.
Die EU-Erdgasrichtlinie wurde vom Europäischen Parlament und vom Rat im Juni 1998 erlassen und ist am 10. August 1998 in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten hätten sie bis zum 10. August 2000 umsetzen müssen. Dies ist auf Grund der fehlenden Verabschiedung der Energierechtsnovelle in der letzten Legislaturperiode durch Deutschland bisher nicht geschehen. Die Europäische Kommission hat deshalb am 16. Oktober 2002 beschlossen, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu verklagen, um die vollständige Umsetzung der EU-Erdgasrichtlinie zu erreichen. Dadurch wird im vorliegenden Gesetzgebungsverfahren ein entsprechender Druck aufgebaut. Es wird daher damit gerechnet, dass im Vermittlungsausschuss relativ zügig ein Verhandlungsergebnis erreicht wird und infolge dessen eine vollständige Verrechtlichung der Verbändevereinbarung nicht erfolgen wird. Der Vermittlungsausschuss wird sich bereits am Abend des 20. März mit der Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts befassen.
Az.: IV/3 811-00