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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 153/2015 vom 24.02.2015
Oberlandesgericht Düsseldorf zur Korrektur fehlerhafter Ausschreibung
Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 12. Januar 2015 (Verg 29/14) festgestellt, dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet werden kann, einen Auftrag aufgrund einer Ausschreibung zu erteilen, die er als fehlerhaft erkannt hat. Er kann eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens auf einzelne Teilpositionen beschränken, wenn diese Teilpositionen die Preisstruktur des Gesamtangebots nicht in relevanter Weise beeinflussen.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Auftraggeber Arbeiten zur Errichtung eines Rohbaus sowie Verbauarbeiten EU-weit ausgeschrieben. Auf entsprechende Bieterfragen hin stellte er vor Submission klar, dass der ausgeschriebene Bohrpfahlwandverbau nach Sichtfläche zu kalkulieren und abzurechnen sei. Nach der Submission stellte der Auftraggeber hingegen fest, dass die ausgeschriebenen Massenvordersätze des Verbaus stattdessen auf der statischen Fläche beruhten.
Der Auftraggeber ließ die von diesem Fehler betroffenen sieben Positionen des Verbautitels, die preislich rund zehn Prozent des Gesamtangebots ausmachten, daraufhin mit korrigierten Massenvordersätzen von allen Bietern neu verpreisen. Der Antragsteller, der in der ersten Submission Mindestbietender gewesen war, fand sich nach der zweiten Submission auf dem zweiten Platz wieder. Er stelle einen Nachprüfungsantrag mit dem Ziel, dem Auftraggeber die Wertung der Teilneusubmission zu untersagen.
Entscheidung
Das OLG Düsseldorf hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Die vom Auftraggeber durchgeführte Teilneuverpreisung sei wirksam. Der Auftraggeber dürfe, bei Vorliegen eines sachlichen Grunds, eine fehlerhafte Ausschreibung in jedem Verfahrensstadium korrigieren. Die Entscheidung, wie und in welchem Umfang der Auftraggeber einen erkannten Ausschreibungsfehler behebe, unterliege grundsätzlich seiner Gestaltungsfreiheit. Hierbei, so das OLG, habe der Auftraggeber allerdings die allgemeinen Vergabegrundsätze zu beachten. Einem fairen Wettbewerb stehe die Beschränkung der Neuverpreisung auf einige Teilpositionen des Leistungsverzeichnisses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn diese die Preisstruktur der Angebote im Übrigen nicht in relevanter Weise beeinflussen. Dies war vorliegend der Fall.
Ob eine entsprechende Einflussnahme vorliege, sei anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, vom Auftraggeber zu prüfen und im Streitfall vom Bieter darzulegen. Eine rein prozentual ermittelte „Geringfügigkeitsschwelle“ (zum Beispiel 15 Prozent der eingereichten Angebotssummen), sei für die Wirksamkeit der Teilkorrektur einer Ausschreibung kein sachgerechter Prüfmaßstab.
Anmerkung
Das OLG Düsseldorf hat deutlich gemacht, dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet werden kann, fehlerhafte Ausschreibungen zu bezuschlagen. Dem Auftraggeber bleibt mithin — neben der Verfahrensaufhebung oder der vollständigen Zurückversetzung des Verfahrens — auch die Teilneuverpreisung der zu korrigierenden Ausschreibungsbestandteile. Diese Korrekturmöglichkeit darf allerdings nicht als „Freibrief“ verstanden werden. Es ist grundsätzlich eine Einzelfallprüfung erforderlich. Bieter, die in Folge der Zurückversetzung mit Mehraufwand ein Angebot erstellt haben, können unter Umständen vom Auftraggeber die Angebotsbearbeitungskosten ersetzt verlangen.
Az.: II/1 608-00