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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 317/2011 vom 24.06.2011
Oberlandesgericht Düsseldorf zur Prüfpflicht bei Verdacht auf Bieterabsprachen
Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 13.04.2011 (Verg 4/11) zur Prüfpflicht bei Verdacht auf Bieterabsprachen Stellung genommen. Bestehen konzernrechtliche Verflechtungen zwischen zwei Bietern und haben diese jeweils Kenntnis davon, dass auch der andere Angebote in einem Vergabeverfahren abgibt, müssen die Bieter bereits mit Angebotsabgabe die grundsätzliche Vermutung dafür, dass der Geheimwettbewerb zwischen ihnen nicht gewahrt ist, widerlegen.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um die Ausschreibung von Rabattverträgen durch mehrere Betriebskrankenkassen. Es beteiligten sich zwei konzernverbundene Pharmaunternehmen. Die Ausschreibung sah vor, dass pro Los der Zuschlag an drei Bieter erteilt werden sollte. Ein dritter Bieter rügte die Konzernverbundenheit und unterstellte, dass in dieser Konstellation eine Absprache zwischen den konzernverbundenen Unternehmen stattgefunden haben müsse, deren Nachweis ihm jedoch als Außenstehendem nicht gelingen könne. Aufgrund der Wahrscheinlichkeit einer Bieterabsprache sei Wettbewerbswidrigkeit zu unterstellen.
Das OLG Düsseldorf hat nach Beweisaufnahme durch Befragung der Mitarbeiter keine nachweisliche Verletzung des Geheimwettbewerbs gefunden und im Ergebnis den Antrag des Drittbieters zurückgewiesen. Ein Verstoß gegen den Geheimwettbewerb müsse entsprechend der Entscheidung des EuGH vom 19.05.2009 (C-538/07 — Assitur) auf gesicherten Erkenntnissen beruhen, um die betreffenden Bieter ausschließen zu können.
Allerdings habe sich hier die Einhaltung des Geheimwettbewerbs erst im Zuge der Beweisaufnahme vor dem OLG bestätigt. Dies sei grundsätzlich zu spät, da bereits der Vergabestelle die Prüfung eines etwaigen Verstoßes gegen den Geheimwettbewerb obliege. Dabei sei allein aus der Konzernverbundenheit heraus zu unterstellen, dass Schnittstellen im Bereich der Angebotslegung bestehen könnten, die zu Verstößen gegen den Geheimhaltungswettbewerb führen. Diese widerlegbare Vermutung müssten die betroffenen Unternehmen ausräumen, sie treffe insoweit eine Obliegenheit. Entsprechende Nachweise seien somit unaufgefordert bereits mit Angebotsabgabe vorzulegen.
Anmerkung:
Das OLG Düsseldorf hat zwar zugunsten der Vergabestelle entschieden, im Rahmen der Entscheidungsgründe die Darlegungslast auf Seiten konzernverbundener Unternehmen aber erheblich verschärft. Nur wenn Bieter durch interne Anweisungen und Sicherheitsvorkehrungen sichergestellt haben, dass keine wechselseitige Kenntnis der Angebotsinhalte möglich ist, ist eine Aufklärung im Rahmen des Vergabeverfahrens durch die Vergabestelle möglich. In diesem Fall müssen die Bieter zur Abgabe entsprechender Erklärungen aufgefordert werden. Im Zweifelsfalle dürfte die Forderung nach Vorlage von eidesstattlichen Erklärungen rechtmäßig sein.
Az.: II/1 608-00