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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 307/2012 vom 10.05.2012
Oberlandesgericht Koblenz zur Losaufteilung bei Vergabeverfahren
Das OLG Koblenz hat mit Beschluss vom 04.04.2012 — 1 Verg 2/11 zur Frage der Losaufteilung bei der Vergabe kommunaler Gebäudereinigungsleistungen wie folgt Stellung bezogen:
Bei Gebäudereinigungsleistungen ist die Glasreinigung ein eigenständiges Fachlos, das grundsätzlich gesondert vergeben werden muss.
1. Eine Teillosvergabe macht eine mögliche Fachlosvergabe nicht entbehrlich.
2. Zweckmäßigkeitserwägungen können ein Absehen von einer Losvergabe nicht rechtfertigen.
3. Nachteile, die üblicherweise mit einer Losvergabe verbunden sind, muss der Auftraggeber nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich hinnehmen.
4. Ist es wegen zahlreicher Unwägbarkeiten (nahezu) unmöglich, eine tatsachengestützte, halbwegs plausible Prognose über mögliche Zusatzkosten einer Losvergabe zu erstellen, gilt der gesetzliche Regelfall.
Problem/Sachverhalt
Ein Landkreis schrieb Gebäudereinigungsleistungen, aufgeteilt in fünf Gebietslose aus, wobei diese Leistungen je Gebietslos sowohl Grund-, Unterhalts- als auch Glasreinigung beinhalteten. Ein Bieter wandte sich gegen diese Losaufteilung mit dem Argument, es müsse die Glasreinigung als eigenes Fachlos ausgeschrieben werden.
Entscheidung
Der Bieter bekam Recht. Glasreinigung sei als eigenes Fachlos auszuschreiben, da Leistungen nach dem Wortlaut des Gesetzes in § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB bzw. § 2 Abs. 2 Satz 2 EG VOL/A in Mengen aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben seien. Hiervon dürfe nur dann abgewichen werden, wenn technische oder wirtschaftliche Gründe dies erfordern. Technisch sei eine Trennung der Leistungen unproblematisch möglich. Für eine Unwirtschaftlichkeit müsse der Auftraggeber eine plausible Darlegung in Form einer Gegenüberstellung möglicher Kosten mit und ohne Fachlosvergabe erbringen. Wenn es wegen zahlreicher Unwägbarkeiten nicht möglich sei, eine plausible Prognose über Zusatzkosten zu erstellen, gehe dies zu Lasten des Auftraggebers, der sich dann an das gesetzliche Leitbild halten müsse. Erwägungen zur reinen Zweckmäßigkeit spielten demgegenüber keine Rolle: Ganz im Gegenteil müsse der Auftraggeber Nachteile, die üblicherweise mit einer Losaufteilung verbunden seien, hinnehmen. Dazu zählten unter anderem ein höherer Koordinierungs- und Kontrollaufwand, der Wegfall von Synergieeffekten sowie die Problematik der Zuordnung der Haftung in einem Schadensfall bei mehreren gleichzeitig tätigen Unternehmen.
Praxishinweis
Das OLG Koblenz setzt sich mit dieser Entscheidung in Widerspruch zum Beschluss des OLG Düsseldorf vom 22.10.2009 — Verg 25/09. Danach ist ein Verzicht auf eine Losaufteilung zulässig, wenn dafür anerkennenswerte und überwiegende Gründe festzustellen seien. Auf eine Losaufteilung kann nach dem OLG Düsseldorf somit verzichtet werden, wenn die für den Auftraggeber damit verbundenen Nachteile überwiegen. Das OLG Koblenz sieht demgegenüber bei Gründen, die aus Zweckmäßigkeit gegen eine Losaufteilung sprechen, noch nicht einmal die Möglichkeit für eine Abwägung, sondern schließt Zweckmäßigkeitserwägungen von Anfang an als anerkennenswerte Gründe aus. Nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB hätte es daher einer Vorlage an den BGH bedurft. (Quelle: ibr-online vom 20.04.2012)
Az.: II/1 608-00