Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 241/2011 vom 07.04.2011
Oberlandesgericht München zu Breitbandausbau und Vergaberecht
Das OLG München hat die Klage der Schnell-im-Netz.de GmbH & Co. KG und der GSMB Invest GmbH & Co. KG gegen die Beauftragung der Deutschen Telekom mit dem Breitbandausbau in den Gemeinden des Landkreises Rhön-Grabfeld zurückgewiesen. Nunmehr liegen die Entscheidungsgründe des am 25. März 2011 verkündeten Beschlusses (Az.: Verg 4/11) vor, was eine nähere Befassung mit den Argumenten des Gerichts ermöglicht.
Das OLG geht davon aus, dass es sich bei dem von den Gemeinden mit der Telekom abgeschlossenen Vertrag um eine Dienstleistungskonzession handelt, so dass nicht das strikte Vergaberecht gilt und damit auch der Vergaberechtsweg nicht gegeben war. Das OLG bejaht entgegen der Argumentation der betroffenen Gemeinden das Vorliegen eines Beschaffungsvorgangs durch die Kommunen. Die Gemeinden hatten sich demgegenüber darauf berufen, sie beschafften keine Leistung, sondern gewährten nur einen Zuschuss. Das Gericht weist demgegenüber darauf hin, dass eine Beschaffung durch die Gemeinde auch dann vorliegt, wenn sie durch den Auftrag die ihr obliegende Daseinsvorsorge sicherstellt.
Darüber hinaus stellt das Gericht klar, dass kein Bauauftrag vorliegt. Bauliche Maßnahmen nehmen nur einen untergeordneten Teil des Auftrags ein. Der Ein- und Aufbau elektronischer Hardware stelle keine Baumaßnahme dar. Etwas wird dann allerdings gelten müssen, wenn der Auftrag umfangreiche Maßnahmen des Leitungsbaus zum Gegenstand hat. Auf Baukonzessionen wäre das Vergaberecht dann anwendbar.
Ausschlaggebend dafür, dass das strenge Vergaberecht nicht zur Anwendung kommt, ist der Konzessionscharakter des Dienstleistungsvertrags. Die Gegenleistung für den Aufbau und Betrieb des Netzes besteht in der Einräumung des Rechts zur Nutzung dieser Dienstleistung, indem dem Konzessionsnehmer die Möglichkeit eröffnet wird, die Breitbandversorgungsleistungen an die Endkunden in den Gemeinden zu verkaufen. Das Gericht stellt dabei auf das dem Konzessionär eingeräumte Recht zur Nutzung des öffentlichen Grundes ab, da die Leitungen in Straßen und Wegen verlegt werden und auch bestehende Leerrohre zur Verfügung gestellt werden.
Dabei geht das OLG auch davon aus, dass der Vertragspartner trotz des Zuschusses durch die Gemeinden noch ein (wenn auch eingeschränktes) Betriebsrisiko trägt. Seine Endkundenverträge müssen bundesweit geltenden Tarifen und Geschäftsbestimmungen entsprechen. Auch können Wettbewerber zum Beispiel mit anderer Technik alternative Internetversorgung anbieten. Zudem trägt der Konzessionär das Insolvenzrisiko und haftet für Schäden. Der EuGH hatte dies für die Vergabe von Rettungsdiensten erst kürzlich mit vergleichbaren Argumenten ebenso gesehen.
Mithin kommt das OLG München zu dem Schluss, dass eine Dienstleistungskonzession vorliegt und der Rechtsweg zu den vergaberechtlichen Nachprüfungsinstanzen nicht gegeben ist. Allerdings weist das Gericht ausdrücklich darauf hin, dass auch bei der Ausschreibung von Dienstleistungskonzessionen ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren durchgeführt werden muss. Ob dem im vorliegenden Fall Genüge getan wurde, hat das OLG nicht entschieden. Hierauf ist aber seitens der Kommunen zukünftig strikt zu achten.
Interessant dürfte die Entscheidung auch für die Beurteilung von Wegenutzungsverträgen nach § 46 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sein. Das Bundeskartellamt und die Bundesnetzagentur haben in ihrem Ende 2010 veröffentlichten Leitfaden die Frage offengelassen, ob es sich bei diesen Energiekonzessionsverträgen um Dienstleistungskonzessionen handelt oder nicht. Die Feststellungen des OLG München legen nahe, dass diese Frag zu bejahen ist. (Quelle: DStGB-Aktuell 1411)
Az.: II/1 608-00