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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 515/2007 vom 04.07.2007
Oberverwaltungsgericht Lüneburg zur Abgrenzung Abwasser/Abfall
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat mit Beschluss vom 09.03.2007 (Az. 7 LA 197/06) entschieden, dass der straßengebundene Transport von Deponiesickerwasser zu einer Abwasserbeseitigungsanlage dem Abfallrecht unterfällt. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 Kreislauf-wirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) findet das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz keine Anwendung für „….Stoffe, sobald diese in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet oder eingebracht werden“. Aus dem Gebrauch des Wortes „sobald“ in § 2 Abs. 2 Nr. 6 KrW-/AbfG folgt nach dem OVG Lüneburg, dass Vorwirkungen der beabsichtigten wasserrechtlichen Entsorgung von Stoffen auf den vorangehenden Transport mittels Tankwagen zur Abwasseranlage aus der Geltung des Wasserrechts noch ausgeschlossen sind, also die Stoffe erst zu dem Zeitpunkt der Geltung des Abfallrechts entzogen sind, wenn („sobald“) sie in eine Abwasseranlage eingeleitet oder eingebracht werden.
Die – rein zeitliche – Abgrenzung zwischen dem Geltungsbereich des Abfall- und des Wasserrechts sichert nach dem OVG Lüneburg zugleich, dass spezifische Gefahren aus dem Transport von flüssigen Abfällen begegnet werden kann (vgl. insbesondere § 49 KrW-/AbfG), für die das Wasserrecht im Gegensatz zum Abfallrecht – kein rechtliches Instrumentarium bereit stellt.
Vor Einleitung oder Einbringung in das Gewässer oder die Abwasseranlage findet mithin für Transporte von Abwasser – wie bei anderen flüssigen Abfallstoffen – das Abfallrecht Anwendung. Der Transport mit einem Spezialfahrzeug zu einer Abwasseranlage ist demnach nicht als Teil des Gesamtvorganges allein dem Wasserrecht unterstellt. Dieses entspreche auch der einhelligen Auffassung in der abfallrechtlichen Kommentarliteratur, wonach gewerbnsmäßige Abwassertransporte per Tankwagen zu einer Kläranlage der Transportgenehmigung nach § 49 KrW-/AbfG bedürfen (vgl. u.a. von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Loseblatt-Kommentar, Stand: November 2006, § 2 KrW-/AbfG Rz. 19; Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, Kommentar, 2. Aufl. 2003, § 2 KrW-/AbfG Rz, 43). Für diese Rechtslage spricht nach dem OVG Lüneburg auch § 18 a Abs. 1 Satz 3 WHG. Denn die Verwendung des Begriffs „Fortleiten“ als Bezeichnung für die Art der Beförderung des Abwassers spricht dafür, dass der Gesetzgeber nur den leitungsgebundenen Transport von Abwasser als Gegenstand der Abwasserbeseitigung nach dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes in den Blick genommen hat, nicht hingegen den straßengebundenen Transport mittels Tanklastwagen.
Klarstellend weist das OVG Lüneburg allerdings darauf hin, dass ein Abwasserpumpwagen (der sog. rollender Kanal z.B. zur Entleerung des Inhaltes von abflusslosen Gruben) nur dann von vornherein dem wasserrechtlichen Regime unterfällt, wenn das Fahrzeug bereits selbst als bewegliche Abwasseranlage eingeordnet werden kann. Diese Fallkonstellation lässt das OVG Lüneburg aber ausdrücklich offen. Wird nämlich der Abwasserpumpwagen bereits als Abwasseranlage angesehen, so greift mit der Einleitung des Abwassers in den Abwasserpumpwagen bereits § 2 Abs. 2 Nr. 6 KrW-/AbfG ein, wonach das KrW-/AbfG nicht für Stoffe gilt, sobald diese in eine Abwasseranlage (hier: in den Abwasserpumpwagen) eingeleitet werden. Endgültige Rechtsklarheit kann allerdings erst dann angenommen werden, wenn das Bundesverwaltungsgericht diese Anwendungsfrage von Wasser- und Abfallrecht für den sog. rollenden Kanal mit Blick auf § 2 Abs. 2 Nr. 6 KrW-/AbfG geklärt hat. Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts liegen hierzu bislang nicht vor.
Az.: II/2 31-02 qu/ko