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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 387/2007 vom 18.05.2007
Oberverwaltungsgericht NRW zum Kanalanschlussbeitrag für Hinterlieger
Das OVG NRW hat sich mit Urteil vom 20.03.2007 (Az. 15 A 4728/04) nochmals mit der Frage beschäftigt, wann eine Anschlussmöglichkeit an einen öffentlichen Kanal rechtlich abgesichert ist, damit die Beitragspflicht entstehen kann. Das OVG NRW weist grundlegend nochmals darauf hin, dass die Erhebung eines Kanalanschlussbeitrages nur dann möglich ist, wenn einem Grundstückseigentümer durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage ein wirtschaftlicher Vorteil geboten wird (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW). Ein solcher wirtschaftlicher Vorteil wird nach dem OVG NRW nur dann geboten, wenn die Inanspruchnahmemöglichkeit der öffentlichen Abwasseranlage für den Grundstückseigentümer (dauerhaft rechtlich) abgesichert ist (vgl. OVG NRW, Urteil vom 31.05.2005 – Az. 15 A 1693/03 -, KSZZ 2005, Seite 193). Dieses ist nach dem OVG NRW nur dann der Fall, wenn die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage nur noch (allein) vom Willen des Grundstückseigentümers abhängt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.03.2004 – Az. 15 A 1151/02 – NVWZ – RR 2004, Seite 679 f; OVG NRW, Urteil vom 30.10.2001 – Az. 15 A 5184/99 -, NWVBl 2002, Seite 275 ff, Seite 278, wonach die bloße Erzwingbarkeit einer erforderlichen Mitwirkungshandlung noch nicht zu einer gesicherten Inanspruchnahmemöglichkeit führt).
Das OVG NRW verneint in dem mit Datum vom 20.03.2007 entschiedenen Fall eine gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit, weil das zu veranlagende Grundstück des Klägers nicht unmittelbar an die kanalisierte Straße grenzt (Hinterlieger-Grundstück), sondern dazwischen noch ein Flurstück liegt, welches der Ehefrau des Klägers gehört (Vorderlieger-Grundstück an der kanalisierten Straße) und dem Kläger kein zur Durchleitung berechtigendes dingliches Leitungsrecht zusteht.
Nach dem OVG NRW reicht ein bloßes Notleitungsrecht (§ 917 BGB) über das Vorderlieger-Grundstück als Sicherung für die Inanspruchnahmemöglichkeit mit Blick auf ein Hinter-Grundstück, welches zu einem Kanalanschlussbeitrag herangezogen werden soll, nicht aus. Das OVG NRW weist darauf hin, dass es zwar für eine tatsächlich vorhandene Anschlussleitung (für ein bereits bebautes Hinterlieger-Grundstück) keiner Sicherung wie für ein Durchleitungsrecht zu Gunsten eines noch nicht angeschlossenen Grundstückes bedarf. Zwar müsse – so das OVG NRW - auch ein tatsächlich vorhandener Anschluss die vorteilsrelevante Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage auf Dauer ermöglichen. Dieses sei jedoch regelmäßig der Fall. Baulasten (§ 83 LBauO NRW) etwa sicherten einen solchen Anschluss in jedem Fall auf Dauer. Die auf Dauer gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme sei bei einem mit dem Einverständnis des Eigentümers des Grundstücks, durch das die Anschlussleitung verlegt werde, tatsächlich hergestellten Anschluss für ein auf eine Entwässerung angewiesenes Grundstücks schon deshalb zu bejahen, weil in diesem Falle ein Notleitungsrecht (§ 917 BGB) bestehe. Bei einem tatsächlich hergestellten, zur Entwässerung notwendigen Anschlusses müssen also, um das Entstehen der Beitragspflicht trotzdem zu hindern, besondere Umstände vorliegen, die es als ernstlich möglich erscheinen lassen, dass das (Hinterlieger-)Grundstück wegen eines vom Eigentümer des Grundstücks, durch das die Anschlussleitung verlegt ist, erhobenen Beseitigungsverlangens die Verbindung zur öffentlichen Abwasseranlage verlieren kann und deshalb der Eigentümer diese nicht mehr in Anspruch nehmen kann (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.03.2004 – Az. 15 A 1151/02 -, NVWZ – RR 2004, Seite 679 f.; zur ähnlichen Konstellation der erforderlichen Sicherung einer Zufahrt eines Hinterliegergrundstücks zu einer ausgebauten Straße im Straßenbaubeitragsrecht: OVG NRW, Beschluss vom 17.05.2004 – Az. 15 B 747/04, NVWZ – RR 2004, Seite 784 f.)
Im vorliegenden zu entscheidenden Fall sei aber – so das OVG NRW – ein tatsächlicher Anschluss für das Hinterlieger-Grundstück nicht vorhanden, so dass die bislang ergangene Rechtsprechung des OVG NRW zum ausreichenden Notleitungsrecht für bebaute Hinterlieger-Grundstücke mit tatsächlich vorhandenem Anschluss des Hinterliegergrundstückes über das Vorderlieger-Grundstück an die öffentliche Abwasseranlage nicht einschlägig sei (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.03.2004 – Az. 15 A 1151/02 -, NVWZ – RR 2004, Seite 679 f.).
Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, dass grundsätzlich nur durch eine Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) gewährleistet ist, dass ein Hinterlieger-Grundstück über das Vorderlieger-Grundstück eine Abwasserleitung zum öffentlichen Kanal in der Straße verlegen darf und diese dann als dauerhaft rechtlich abgesichert anzusehen ist. Eine Baulast (§ 83 BauO NRW) genügt nicht bei unbebauten Grundstücken, sondern nur bei bereits bebauten Grundstücken, weil bei bereits bebauten Hinterlieger-Grundstücken und bereits vorhandener Leitung auch ein Notleitungsrecht nach § 917 BGB besteht (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.03.2004 – Az. 15 A 1151/02 -, NVWZ – RR 2004, Seite 679 f.).
Az.: II/2 24-22 qu/ko