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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 421/2015 vom 08.06.2015
Oberverwaltungsgericht NRW zur Abfall-Gebührenkalkulation
Das OVG NRW hat mit Urteil vom 27.04.2015 — Az. 9 A 2813/12 — nochmals bestätigt, dass im Rahmen einer Gebührenkalkulation eine Kostenüberschreitung bis zu 3 % zulässig ist, wenn kein willkürlicher Kostenansatz festgestellt werden kann. Eine Abfallgebühr ist auch dann rechtswidrig, wenn das öffentliche Preisrecht (VO PR Nr. 30/53 mit den Leitsätzen zur Preisermittlung — LSP) Anwendung findet und entgegen dem öffentlichen Preisrecht oder der Rechtsprechung des OVG NRW Kostenansätze (hier: Verbrennungsentgelte einer MVA-GmbH) in der Gebührenkalkulation enthalten sind.
Weiterhin weist das OVG NRW darauf hin, dass Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkäufen dem Gebührenzahler gutzuschreiben sind, wenn eine Stadt an einer MVA-GmbH als Gesellschafter beteiligt ist, weil diese Gewinne mit Hilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erwirtschaftet worden sind und deshalb als erzielte Nebenerträge einzustufen sind (vgl. Nr. 42 Abs. 4 LSB).
Schließlich stellt das OVG NRW klar heraus, dass Kosten für Entsorgungskapazitäten, die vom Entsorgungsbedarf nicht veranlasst sind, auch nicht in der Gebührenkalkulation angesetzt werden können. Gleichwohl ist nach dem OVG NRW eine Kapazitätsreserve bei Müllverbrennungsanlagen grundsätzlich zulässig (Gesichtspunkte der Entsorgungssicherheit), wenn kein relevanter Planungsfehler bezogen auf die Kapazität der Anlage vorliegt. Ein Planungsfehler (sachwidrige Planung) liegt aber nicht vor, wenn die gebaute Kapazität der Müllverbrennungsanlage (MVA) im Zeitpunkt der Planungsentscheidung zutreffend war und nicht beanstandet worden ist. In diesem Fall fallen dann die Kosten einer nachträglich entstandenen Überkapazität (z. B. durch den Rückgang der Abfallmengen) dem Gebührenzahler zur Last (Risiko des Gebührenzahlers).
Allerdings gilt die Rechtsprechung des OVG NRW (Urteil vom 05.04.2001 — Az. 9 A 1795/99), wonach eine MVA, die zu 70 % ausgelastet ist, keine Überkapazität hat, nicht, wenn eine nachträgliche Neu- und Umplanung einer Anlage erfolgt ist. Dieses ist nach dem OVG NRW dann der Fall, wenn eine MVA-GmbH, an welcher die Stadt beteiligt ist, die Überkapazität nachträglich für Drittnutzer geplant worden ist (vereinfacht dargestellt: 4 Verbrennungskessel und der 3. Verbrennungskessel wurde zeitlich später erneuert, obwohl er für kommunale Auftraggeber nicht erforderlich war, weil die Kessel 1,2 und 3 ausgereicht hätten).
Bei dieser Sachlage ist dann die Abfallgebühr — so das OVG NRW - rechtswidrig, wenn das Verbrennungsentgelt einer MVA-GmbH (Gesellschafteranteile: Stadt 1: 35 Prozent, Stadt 2: 16 Prozent, privates Entsorgungsunternehmen: 49 Prozent) ca. 72,2 Prozent der Fixkosten allein den kommunalen Gesellschaftern auferlegt, obwohl die kommunalen Abfallmengen zurückgegangen sind und eine Erweiterung der MVA für die kommunalen Abfälle nicht erforderlich war.
Az.: II/2 33-10 qu-ko