Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 240/2016 vom 04.03.2016

Oberverwaltungsgericht NRW zur gewerblichen Sperrmüllsammlung

Das OVG NRW hat mit Urteil vom 26.01.2016 (Az.: 20 A 318/14 — abrufbar unter www.nrwe.de) entschieden, dass Sperrmüll (Abfallschlüssel-Nummer 20 03 07) nach dem Wortlaut, der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der Regelung in § 17 Abs. 2 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) zu den gemischten Siedlungsabfällen gehört, Deshalb ist eine gewerbliche Sammlung von Sperrmüll durch gewerbliche Sammler unzulässig, denn es besteht eine Abfallüberlassungspflicht für den Sperrmüll gegenüber den Städten und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger.

Das OVG NRW weist insbesondere darauf hin, dass bei „Wohnungs-Entrümpelungen“ bei realistischer Betrachtung häufig nicht allein große Möbelstücke anfallen, sondern auch kleine Gegenstände wie Beistelltische, Regale, Stühle oder Schränkchen, die gegebenenfalls nach einfacher Demontage auf eine Größe reduziert werden können, die sie mülltonnengängig werden lassen und damit der Abfallüberlassungspflicht unterfallen.

Auch deshalb muss — so das OVG NRW — sichergestellt werden, dass das in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG geregelte Verbot der gewerblichen Sammlung von gemischten Siedlungsabfällen aus privaten Haushaltungen nicht leer läuft und die bestehende Abfallüberlassungspflicht ausgehöhlt wird (so auch: Queitsch, AbfallR 2015, S. 75 f.). Weiterhin weist das OVG NRW darauf hin, dass wegen der unterschiedlichen Volumengröße der Restmüllgefäße eine klare Abgrenzung von Sperrmüll zum sonstigen gemischten Siedlungsabfall kaum möglich sei. Deshalb sei Sperrmüll — auch seiner Zusammensetzung nach - ein Mischabfall, welcher dem Verbot des § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG unterfällt.

Weiterhin führt das OVG NRW in seinem Urteil vom 26.01.2016 (Az.: 20 A 318/14) aber erneut aus, dass der Schutz der Erfassungssysteme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegen gewerbliche Sammlungen mit Blick auf die nach dem Rechtsstandpunkt des OVG NRW widerlegbaren Regelbeispiele in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG voraussetzt, dass die jeweilige Stadt oder Gemeinde hochwertiges Erfassungssystem für die konkrete Abfallfraktion vorweisen kann (so bereits: OVG NRW, Urteil vom 21.09.2015 — Az.: 20 A 2129/14 — Alttextilien). Insoweit war nach dem OVG NRW die Untersagungsverfügung bezogen auf die gewerbliche Sammlung von Altpapier, Altmetallen und Grünabfällen rechtswidrig, weil dieser Sammlung keine überwiegenden, öffentlichen Interessen entgegenstanden. 

Diese gewerbliche Sammlung hatte jedenfalls — so das OVG NRW — keine nennenswerten, negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gestiegen oder jedenfalls unverändert gleich geblieben sind. Hinsichtlich der Sammlung von Altmetallen war nach dem OVG NRW zudem zweifelhaft, ob überhaupt eine getrennte, haushaltsnahe und hochwertige Erfassung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführt wurde.

Lediglich für Bioabfälle und Altpapier gab es das Angebot der Biotonne und der Altpapiertonne. Auch ein Schutzbedürfnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens mehrerer gewerblicher Sammlungen war nicht gegeben. Selbst unter Berücksichtigung der zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden gewerblichen Sammlungen konnte —so das OVG NRW — keine wesentliche Beeinträchtigung festgestellt werden.

Anmerkung

Das OVG NRW hat in seinem Urteil vom 26.01.2016 (Az.: 20 A 318/14) die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, so dass abzuwarten sein wird, wie dieses entscheiden wird. Jedenfalls hat das OVG NRW deutlich herausgestellt, dass  gewerbliche Sperrmüllsammlungen unzulässig sind. Daneben hat das OVG NRW aber ebenso festgestellt, dass nur ein bestehendes, hochwertiges Erfassungssystem der Stadt bzw. Gemeinde im Sinne des § 17 Abs. 3 KrWG einen Schutz vor gewerblichen Sammlungen genießt.

Nach dem Rechtsstandpunkt des OVG NRW verbleibt gewerblichen Sammlern immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Städten und Gemeinden auszuüben, in denen es an einem hochwertigen Erfassungssystem für die in Frage kommende Abfallfraktion fehlt (so bereits: OVG NRW, Urteil vom 21.09.2015 — Az.: 20 A2120/14; vgl. weiterhin: OVG NRW, Beschluss vom 20.11.2015 — Az.: 20 B 396/15). Vor diesem Hintergrund ist eine Stadt bzw. Gemeinde gehalten, ihr kommunales Abfallentsorgungssystem ständig zu optimieren, damit es nach dem OVG NRW als hochwertig angesehen werden kann (vgl. Queitsch, ZKF 2015, S. 25 ff., S.29 f.).

Insgesamt fragt sich, ob die vorstehende Rechtsprechung des OVG NRW der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) zum Schutz der öffentlichen Abfallentsorgung genügend Rechnung trägt (BVerfG, Beschluss vom 28.08.2014 — Az.: 2 BvR 2639/09). Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind die EU-Mitgliedsstaaten unter den Maßgaben des europäischen Rechts befugt, das flächendeckende und auf Entsorgungssicherheit angelegte, öffentliche-rechtliche (kommunale) Abfallentsorgungssystem zu schützen (vgl. Queitsch, ZKF 2015, S. 25 ff., S.29 f.). Insoweit war nach dem BVerfG bereits die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alt-Regelung in § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG nicht zu beanstanden und europarechtkonform.

Hiernach waren gewerbliche Abfallsammlungen gelegentlich zulässig aber in dauerhaft festen Strukturen unzulässig (so: BVerwG, Urteil vom 18.06.2009 — Az.: 7 C 16.08). Mit anderen Worten: Es bestand gar kein Bedarf für die komplizierte Neuregelung in den §§ 17, 18 KrWG. Der endgültige Regelungsgehalt des § 17 KrWG war zudem das Ergebnis des Vermittlungsverfahrens zwischen Bundestag und Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren zum KrWG, wozu es gerade keine Gesetzesmaterialien gibt. Und eben deshalb ergibt ein Rückgriff auf die ursprünglichen Gesetzesmaterialien weder einen tragfähigen noch belastbaren Aufschluss über den endgültigen Gesetzestext.

Gewollt waren jedenfalls keine widerlegbaren Regelbeispiele in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis Nr. 3 KrWG, sondern eine zwingende gesetzliche Vermutung, dass in diesen Fällen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (vgl. Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/Schütze/AbfallR 2014, 79; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG, Rz. 172).

Europarechtlich können jedenfalls Beschränkungen auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse - wie die öffentliche (kommunale) Abfallentsorgung - zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann, was auch wiederum voraussetzt, dass erlösträchtige Abfälle gerade nicht durch gewerbliche Abfallsammler abgeschöpft werden können, wenn die Stadt bzw. Gemeinde hierfür bereits ein haushaltsnahes, öffentlich-rechtliches Erfassungssystem eingerichtet hat (vgl. EuGH, Urteile vom 23.10.1997 — Rs. C-157/94 — und vom 25.10.2001 — Rs- C-475/99 — zum Aspekt des sog. Rosinenpickens“; Queitsch, ZKF 2015, S. 25 ff., S. 29 f.).

Az.: 25.0.2.1 qu

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