Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 106/1999 vom 05.02.1999
Oberverwaltungsgericht NW zur Fremdwasser-Problematik
In einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 12. September 1997 (AZ: 22 A 4779/96) hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW) entschieden, daß einem Anschlußnehmer durch die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde die Einleitung von Grundwasser (Fremdwasser) untersagt werden kann. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Bei Kanal-Untersuchungen hatte die Gemeinde festgestellt, daß der Anschlußnehmer Grundwasser aus Drainageleitungen in den Schmutzwasserkanal einleitete. Daraufhin hatte die Gemeinde den Anschlußnehmer aufgefordert, die weitere Einleitung von Drainagewasser in den Schmutzwasserkanal zu unterlassen.
Das OVG NW sieht diese Aufforderung als rechtmäßig an. Rechtsgrundlage sei das durch die Entwässerungssatzung geprägte Kanalbenutzungsverhältnis zwischen dem Anschlußnehmer und der Gemeinde als Betreiberin der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung. Danach obliegt es der Gemeinde, die erforderlichen Maßnahmen gegenüber einem Anschlußnehmer zu treffen, um die kommunalen Abwasseranlage vor ungenehmigten Einleitungen zu schützen. Die Befugnis folgt daraus, daß die weitere Einleitung von Grundwasser in den städtischen Schmutzwasserkanal über eine Hausanschlußleitung zu untersagen ist, weil es sich hierbei nicht um Abwasser im Sinne der Entwässerungssatzung handelt. Dem Anschlußnehmer steht deshalb insoweit nach der Entwässerungssatzung kein Benutzungsrecht in bezug auf die gemeindliche Abwasseranlage zu. Das OVG NW sieht die durch Verwaltungsakt ergangene Aufforderung auch als bestimmt genug i.S.d. § 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NW an. Denn im Zusammenhang mit der Begründung des Bescheides konnte so das OVG NW - hinreichend deutlich entnommen werden, daß die Gemeinde den Anschlußnehmer zur Verhinderung jeglichen weiteren Zuflusses von Grundwasser in den kommunalen Schmutzwasserkanal und damit zu einem Unterlassen verpflichten wollte, wobei ihm hinsichtlich der Art und Weise der Erfüllung dieser Unterlassungspflicht freie Hand gelassen wurde.
Diese abverlangte Unterbindung des weiteren Zuflusses von Drainagewasser in den städtischen Schmutzwasserkanal verstößt nach dem OVG NW auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist damit für den Anschlußnehmer zumutbar. Denn nach dem OVG NW fällt selbst die Notwendigkeit aufwendiger Maßnahmen des Anschlußnehmers zur Befolgung des gegen ihn gerichteten Unterlassungsgebotes allein in seine Zurechnungssphäre. Denn der Anschlußnehmer hat unter Verstoß gegen die Entwässerungssatzung und unter Umgehung der für die Überprüfung des korrekten Anschlusses an die gemeindliche Abwasseranlage vorgesehenen Kontrollmechanismen den unzulässigen Anschluß hergestellt. Die hieraus folgenden Risiken hat der Anschlußnehmer deshalb selbst zu tragen. Eine Ausnahme kommt nach dem OVG NW hier allenfalls dann in Betracht, wenn das Beseitigungsverlangen der Gemeinde sich als willkürlich oder schikanös darstellt, wofür in dem zu entscheidenden Sachverhalt jeglicher Anhaltspunkt fehlte.
Nach dem OVG NW besteht ein begründetes und schutzwürdiges Interesse der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde an der Unterbindung der vom Anschlußnehmer vorgenommenen unzulässigen Grundwassereinleitung in die kommunale Abwasseranlage. Denn die Einleitung von in einer Drainage gesammelten Grundwasser führt dazu, daß die kommunale Kläranlage über das erforderliche Maß hinaus mit nicht klärbedürftigem Wasser belastet wird. In diesem Zusammenhang sieht das OVG auch keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, daß die tatsächlichen Grundwassereinleitungen in den Schmutzwasserkanal nur ein so verschwindend geringes Ausmaß haben, daß eine Beeinträchtigung der Interessen der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde tatsächlich ausgeschlossen ist. Denn es ist so das OVG NW - zu berücksichtigen, daß bei einer Vielzahl von unzulässigen Anschlüssen auch die Summe von jeweils im Einzelfall geringen Einleitungen dazu führen kann, daß die kommunale Kläranlage über das erforderliche Maß hinaus belastet wird und deshalb in diesen Fällen schon aus Gründen der Gleichbehandlung gegen sämtliche unrechtmäßigen Einleiter vorgegangen werden muß.
Die Entscheidung wird demnächst in der Zeitschrift Städte- und Gemeinderat veröffentlicht.
Az.: II 24-19-3