Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 314/2024 vom 07.05.2024

Öffentlicher Gesamthaushalt 2023

Der Öffentliche Gesamthaushalt hat im vergangenen Jahr ein negatives Finanzierungssaldo von -92 Mrd. Euro erzielt. Insgesamt betrachtet ist dies eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, die jedoch allein auf eine Verringerung des Defizits auf Seiten des Bundes zurückzuführen ist. Die Finanzierungssaldi der weiteren staatlichen Ebenen haben sich teils deutlich verschlechtert. Dies gilt insbesondere für die kommunale Ebene, die im vergangenen Jahr in der Summe ein Finanzierungsdefizit von -6,8 Mrd. Euro aufwies. Angesichts weiter absehbar deutlich steigender Ausgaben sind die Kommunalhaushalte dauerhaft strukturell unterfinanziert. Eine nachhaltige Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kommunen ist alternativlos, wenn die Investitionen in die kommunale Infrastruktur, was mit Blick auf die Transformation und die künftige wirtschaftliche Entwicklung fatal wäre, nicht dramatisch einbrechen sollen. Die Kommunen haben daher die klare Erwartung, dass Bund und Länder die Ebene vor Ort, nah an den Bürgerinnen und Bürgern, nicht allein lassen. Investitionen müssen Vorrang haben, während neue staatliche Leistungsversprechen mit einem Moratorium versehen werden oder alternativ vollständig sowie nachhaltig gegenfinanziert werden sollten.  

Der Öffentliche Gesamthaushalt (Kern- und Extrahaushalte) verzeichnete in der Summe ein Finanzierungsdefizit in Höhe von -91,9 Mrd. Euro. Es fällt statistisch damit merklich besser als in den von Corona und Ukraine-Krieg geprägten Vorjahren aus (2022 -127,3 Mrd. €; 2021 -133,2 Mrd. €; 2020 -189,2 Mrd. €). Wie in den Vorjahren ist das Defizit auf Bundesebene mit -87,6 Mrd. Euro am höchsten (2022 -145,1 Mrd. €). Die Länder schlossen das vergangene Haushaltsjahr in der Summe mit einem minimalen Minus in Höhe von -0,1 Mrd. Euro ab (2022 +10,5 Mrd. €). Einzig bei der Sozialversicherung stand ein leichtes Plus von +2,7 Mrd. Euro (2022 +4,7 Mrd. €). Die Kern- und Extrahaushalte der Kommunen sind im Jahr 2023 mit -6,8 Mrd. Euro deutlich ins Minus gerutscht (2022 +2,6 Mrd. €). Während der Bund sein Defizit deutlich verringern konnte, haben sich die Finanzierungssaldi auf Ebene der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der Sozialversicherung teils deutlich verschlechtert.

Entwicklung der Kommunalfinanzen

Erstmalig seit dem Jahr 2011 erzielten die kommunalen Kern- und Extrahaushalte in der Summe wieder ein merkliches Finanzierungsdefizit. Das Defizit hatte sich aufgrund der enormen Ausgabensteigerungen insbesondere infolge von Inflation, Tariferhöhungen und bundesgesetzlichen Standarderhöhungen bei kommunalen Leistungen schon länger abgezeichnet. Einer Steigerung der Ausgaben um 12 Prozent stand im vergangenen Jahr lediglich eine Verbesserung der Einnahmen um 9 Prozent gegenüber. Der Ausblick fällt sogar noch schlechter aus. Ohne eine signifikante Verbesserung der kommunalen Einnahmen bzw. einer entsprechenden Entlastung bei den Sozialausgaben sind für die kommenden Jahre strukturelle kommunale Haushaltsdefizite in zweistelliger Milliardenhöhe zu erwarten. Hingewiesen sei noch auf statistische Sondereffekte infolge des Deutschland-Tickets und der erstmaligen Berücksichtigung der 370 kommunalen ÖPNV-Unternehmen und -verbänden bei den Extrahaushalten ab dem 2. Quartal 2023. Der Sondereffekt betrifft insbesondere die Einnahmen aus Verwaltungs- und Benutzungsgebühren (+21,4 %), die Personalausgaben (+12,0 %) sowie die Ausgaben für den laufenden Sachaufwand (+16,2 %). Die Entwicklung auf Landesebene fällt unterschiedlich aus und reicht bei den Kern- und Extrahaushalten von einem statistischen Finanzierungsüberschuss der Kommunen im Jahr 2023 von 0,5 Mrd. Euro in Thüringen und einem Defizit von -2,7 Mrd. Euro in Bayern:

Betrachtet man nur die Kernhaushalte, so schlossen die Kommunen das Haushaltsjahr 2023 mit einem Minus von -6,15 Mrd. Euro ab. Strukturell sind die Kommunen derzeit merklich unterfinanziert.

Während die Einnahmen im Jahr 2023 um 6,7 Prozent auf nunmehr 327,1 Mrd. Euro gestiegen sind, legten die Ausgaben um 9,5 Prozent auf 333,3 Mrd. Euro zu. Prozentual sticht dabei die Zinswende heraus. Hier stiegen die Ausgaben um satte 37,4 Prozent (auf 2,4 Mrd. €). Rein nominal mit Blick auf die Mehrausgaben spiegeln sich die hohe Inflation [insb. bei den Sachinvestitionen (+4,6 Mrd. €) und dem laufenden Sachaufwand (+5,1 Mrd. €)] sowie der außerordentlich hohe Tarifabschluss (+5,6 Mrd. €) in den Zahlen wider. Auch die Ausgaben für soziale Leistungen wachsen weiter äußerst dynamisch auf (+7,9 Mrd. €).

Anmerkung

Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr. Der Ausblick mit weiter steigenden Ausgaben, die da pflichtig in der Regel von kommunaler Seite beeinflussbar sind, bei bestenfalls leicht steigenden Einnahmen, fällt düster aus. Ohne eine aufgabengerechtere Finanzausstattung sind die Städte und Gemeinden fiskalisch gezwungen, noch stärker bei den dringend notwendigen Zukunftsinvestitionen zu sparen. Eine weiter bröckelnde und der Zukunft wenig zugewandte kommunale Infrastruktur kann sich Deutschland mit Blick auf die wirtschaftliche Prosperität schlicht nicht leisten. Bund und Länder müssen der strukturellen Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden aktiv entgegenwirken. Nur finanziell gesunde Kommunen sind in der Lage, über eine gute Infrastruktur Impulse für die Wirtschaft zu setzen. Jegliche bundesstaatlichen Wirtschaftsimpulse verlaufen im Sande, wenn die kommunale Ebene kaputtgespart wird. Ein rohstoffarmes Land wie Deutschland ist auf kluge Köpfe und Innovation angewiesen, eine marode Bildungsinfrastruktur ist hier sicherlich wenig dienlich. Gleiches gilt für die Verkehrsinfrastruktur. Zudem muss die kommunale Infrastruktur insgesamt resilienter werden. Gelingt die Transformation nicht, wird Deutschland als Wirtschaftsstandort in absehbarer Zeit nicht mehr wettbewerbsfähig sein.

Die kommunale Finanzsituation ist kein rein lokales Problem, sondern ist getrieben von nationalen und sogar globalen Entwicklungen. Genau so muss auch die Lösung angegangen werden: Nicht allein auf den Schultern von Städten und Gemeinden, sondern mit nachhaltiger Unterstützung von Bund und Ländern. Deshalb müssen Ausgaben bei Bund und Ländern dringend priorisiert werden. Investitionen müssen Vorrang haben. Neue Leistungsversprechen sollten mit einem Moratorium versehen oder vollständig gegenfinanziert werden.

Az.: 41.12.3-001/001

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