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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 679/2005 vom 20.09.2005
Öffnung der langfristigen Gaslieferverträge
Der Präsident des Bundeskartellamts, Dr. Ulf Böge, hat am 13.09.2005 in einem Pressegespräch den Verfahrensstand im Hinblick auf die Öffnung der zwischen Ferngasunternehmen und Weiterverteilern bestehenden langfristigen Gaslieferbedingungen erläutert. Das Amt hat vor wenigen Tagen ein Schreiben an 15 Ferngasgesellschaften versandt, in dem es die von den Unternehmen einzuhaltenden Verpflichtungen nennt, die für eine Verfahrenseinstellung notwendig sind. Diese Punkte sind zuvor in den seit Januar diesen Jahres laufenden Verhandlungen und Gesprächen mit den Ferngasgesellschaften diskutiert worden. Die Unternehmen haben nun bis zum 21. September 2005 die Möglichkeit, diesen Vorschlag anzunehmen und dadurch eine Verfahrenseinstellung durch das Bundeskartellamt zu erreichen. Sollte es im Laufe des Septembers nicht zu einer Einigung kommen, wird das Bundeskartellamt gegenüber diesen Unternehmen alle seine zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wie insbesondere Untersagungsverfügungen ausschöpfen und unmittelbar gegen die Lieferverbindungen vorgehen, die eine Marktabschottung bewirken. Kartellamtspräsident Ulf Böge: Ob die Öffnung der langfristigen Lieferverbindungen auf dem Konsenswege erreicht oder vor Gericht erstritten wird, liegt nun in den Händen der Unternehmen.
Der Vorschlag, den das Bundeskartellamt den Ferngasgesellschaften zur Unterschrift vorgelegt hat, betrifft insbesondere die Laufzeiten der Lieferverbindungen zwischen Ferngasunternehmen und Weiterverteilern, nicht Verträge mit Industriekunden. Danach dürfen Lieferverbindungen mit einer Bedarfsdeckung des Weiterverteilers von über 50 % bis einschließlich 80 % eine Laufzeit von vier Jahren nicht überschreiten. Lieferverbindungen mit einer Bedarfsdeckung des Weiterverteilers von über 80 % dürfen eine Laufzeit von zwei Jahren nicht überschreiten.
Neben dem Kartellamt wenden sich aktuell auch immer mehr Kunden gegen die steigenden Gaspreise. Dies hat bereits zu Klagen geführt. In unseren MITTEILUNGEN vom September 2005, lfd. Nr. 611 Billigkeitskontrolle von Gaspreisen haben wir über eine Entscheidung des AG Euskirchen in einer solchen Sache berichtet. Das AG hat die Billigkeitskontrolle der Gaspreise für Sondervertragskunden eines Gasversorgungsunternehmens analog § 315 Abs. 3 BGB abgelehnt. Eine solche Kontrolle sei jedoch nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei den Sondervertragspreisen um ausgehandelte Preise handelt. Das Gericht stützt seine Entscheidung vielmehr auf die Auffassung, dass auf dem Wärmemarkt ein Substitutionswettbewerb zwischen den unterschiedlichen Heizenergieträgern bestehe. Der Kunde sei nicht ausschließlich auf die Belieferung mit Erdgas durch das beklagte Versorgungsunternehmen angewiesen. Damit fehle es am notwendigen Schutzbedürfnis des Kunden für eine Preiskontrolle.
Für deutlich mehr mediales Aufsehen hat der Auftakt eines vergleichbaren Prozesses vor dem LG Hamburg gesorgt. Hier klagen 52 Kunden mit Unterstützung der Hamburger Verbraucherzentrale gegen die mit der Koppelung von Öl- und Gaspreisen begründete dreimalige Gaspreiserhöhung um insgesamt 25% seit vergangenem Oktober. Hatte das AG Euskirchen die Offenlegung der Preiskalkulation noch beim Nachweis der Bezugskosten für nicht notwendig erklärt, muss der Gasversorger E.on Hanse im Verfahren vor dem LG Hamburg seine Preiskalkulation nun offen legen. Das Unternehmen müsse nachweisen, dass die Preiserhöhungen gerechtfertigt waren. Der Hinweis auf die Koppelung des Gaspreises an den gestiegenen Ölpreis reiche nicht aus. Der Gasversorger habe im Hamburger Raum faktisch eine Monopolstellung. Weil es keinen Wettbewerb gebe, sei die Preiskontrolle durch die Verbraucher besonders wichtig. Sie müssten die Preiserhöhungen anhand der Kalkulation nachvollziehen können. Eine endgültige Entscheidung will das Gericht am 8. Dezember 2005 bekannt geben.
Az.: IV/3 811-00/1