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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 425/2008 vom 04.06.2008
OLG Brandenburg zur Ausschreibungspflicht kommunaler Grundstücksgeschäfte
Die Hauptgeschäftsstelle hat in DStGB Aktuell vom 29. Februar 2008 (0908-12) über die Entscheidung der Vergabekammer Brandenburg vom 15. Februar 2008 (VK 2/08) zur Anwendung des Vergaberechts bei kommunalen Grundstücksgeschäften informiert. In dieser Entscheidung, bei der es um die Ansiedlung eines Einkaufszentrums von ca. 10 000 qm in der Stadt Brandenburg an der Havel ging, hatte die Vergabekammer – anders als das OLG Düsseldorf – deutlich gemacht, dass Voraussetzung für eine Ausschreibung stets ein Beschaffungsbezug für die Kommune, d. h. ihre Stellung als Nachfrager einer Leistung sein müsse. Einen derartigen Beschaffungsbezug hatte die Vergabekammer im vorliegenden Fall deswegen verneint, weil die zunächst vorausgesetzte Bauverpflichtung (Bebauung innerhalb von 24 Monaten) nach der inzwischen erfolgten Entscheidung des OLG Düsseldorf aufgehoben worden war und jetzt nur noch eine Veräußerung des Grundstücks an den Investor vorgesehen wurde. Die von einem anderen potentiellen Investor gegen die vorgesehene Direktvergabe eingelegte sofortige Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Brandenburg ist nach einer Mitteilung des Brandenburgischen OLG vom 19. Mai 2008 auf der Grundlage eines richterlichen Hinweises zurückgenommen worden.
1. Ausführungen des Oberlandesgerichts Brandenburg
Die Pressestelle des OLG Brandenburg führt insoweit aus:
„(...) In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat der Vergabesenat die Beschwerdeführerin nach vertiefter Prüfung darauf hingewiesen, dass der sofortigen Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg eingeräumt werden könne.
Der Vergabesenat hat seinen Hinweis wie folgt begründet: Da die Stadt Brandenburg an der Havel in dem Grundstückskaufvertrag dem Investor keine Bauverpflichtung auferlegt und sich keine Rechte für den Fall vorbehalten habe, dass der Investor das Grundstück nicht bebauen sollte, liege keine Baukonzession vor, die europaweit hätte ausgeschrieben werden müssen. Es könne angesichts des übereinstimmenden Vortrags beider Vertragsparteien im Nachprüfungsverfahren auch nicht davon ausgegangen werden, dass außerhalb des notariellen Vertrages eine Bauverpflichtung vereinbart worden wäre. Bei einer derartigen Sachlage könne letztlich nicht von einer Umgehung vergaberechtlicher Anforderungen ausgegangen werden. Eine Vorlage des Verfahrens an den EuGH oder an den Bundesgerichtshof sei nicht erforderlich, weil bei einer derartigen Sachlage die europäischen Vorschriften klar seien und weil die Grundstücksverkäufe mit direkter oder indirekter Bauverpflichtung, bei denen das Oberlandesgericht Düsseldorf von einer vergabepflichtigen Baukonzession ausgegangen sei, mit dem vorhegenden Fall nicht vergleichbar seien.“
2. Anmerkung
Die Entscheidung des OLG Brandenburg ist folgerichtig, da letztlich eine Vergaberechtspflicht ohne Bauverpflichtung und damit ohne Nachfragerstellung der öffentlichen Hand nicht begründbar ist. Dennoch bleibt auch weiterhin fraglich, ob der Rechtsprechungslinie des OLG Düsseldorf, wonach zumindest bei einer Bauverpflichtung bei kommunalen Immobiliengeschäften eine Ausschreibungspflicht gegeben ist (Anmerkung: In seiner letzten Entscheidung vom 06. Februar 2008 lässt das OLG Düsseldorf allerdings ausdrücklich die Frage offen, ob eine explizite Bauverpflichtung EG-rechtlich überhaupt erforderlich ist) gefolgt werden kann.
Insofern bleibt nämlich weiterhin zweifelhaft, ob bei den vom OLG Düsseldorf zugrunde gelegten Fällen überhaupt ein tatsächlicher Beschaffungsbezug für den Auftraggeber, der Voraussetzung einer Vergaberechtspflicht ist, gegeben ist.
Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 03. März 2008 durch die Einfügung einer sogenannten „Ahlhorn-Klausel“ in § 99 Abs. 3 GWB diesen unmittelbaren Beschaffungsbezug für den Auftraggeber als Voraussetzung für die Vergaberechtspflicht sicherstellen will.
Az.: II/1 608-16