Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 328/2019 vom 05.06.2019

Oberlandesgericht Düsseldorf zu Kostenschätzung im Vergabeverfahren

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 13. März 2019 – Verg 42/18 – zur Frage der Anforderungen an die Kostenschätzung im Vergabeverfahren sowie zur Auslegung des Angebotsinhalts wie folgt Stellung genommen:

  1. Eine Kostenprognose ist nicht vertretbar, wenn sie auf erkennbar unrichtigen Daten beruht, insbesondere, wenn sie eine vorhersehbare Kostenentwicklung unberücksichtigt lässt oder ungeprüft und pauschal auf anderen Kalkulationsgrundlagen beruhende Werte übernimmt.
  2. Von einer zulässigen Auslegung des Angebotsinhalts ist auszugehen, wenn der tatsächlich gemeinte Preis durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Sind Nachforschungen über das wirklich Gewollte beim Bieter erforderlich, sind diese Anforderungen nicht erfüllt.

Die Vergabestelle (VSt) schrieb die Erstellung von acht Unterkunftsgebäuden im offenen Verfahren europaweit aus. Bieter A gab als einziger Bieter ein Angebot ab. Die VSt hob das Vergabeverfahren aufgrund unangemessen hoher Preise auf. Zudem ging sie von Kommafehlern in verschiedenen Positionen und von spekulativ hohen und fehlerhaften Preisen aus. A leitete ein Nachprüfungsverfahren ein. Seine Preise seien nicht zu beanstanden und er stehe zu seinen Preisen. Vielmehr sei die Kostenschätzung der VSt aus verschiedenen Gründen mangelhaft. Nach einer stattgebenden Entscheidung der VK Bund ging die VSt in die Beschwerde.

Das Angebot enthalte zwar keine unangemessen hohen Preise. Die Kostenschätzung der VSt sei nicht geeignet, um feststellen zu können, dass der Gesamtangebotspreis des A über dem Marktwert liege. Für die Schätzung müsse die VSt Methoden wählen, die ein wirklichkeitsnahes Schätzungsergebnis ernsthaft erwarten ließen. Die Gegenstände der Schätzung und der ausgeschriebenen Maßnahme müssten deckungsgleich sein. Das Ergebnis sei gegebenenfalls anzupassen, soweit die der Schätzung zu Grunde gelegten Preise oder Preisbemessungsfaktoren im Zeitpunkt der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens nicht mehr aktuell waren und sich nicht unerheblich verändert haben (BGH, Urteil vom 20.11.2012 - X ZR 108/10).

Die Schätzung der VSt genügt nach dem OLG Düsseldorf diesen Anforderungen nicht und könne daher nicht als Maßstab für eine Aufhebungsentscheidung herangezogen werden. Das Verfahren könne jedoch aufgehoben werden, da das Angebot des A nicht die geforderten Preise enthalte und daher gem. § 16 VS Nr. 3 VOB/A 2016 auszuschließen sei. Ein Verstoß gegen § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016 liege auch dann vor, wenn ein Preis unzutreffend sei.

Von einer fehlenden Preisangabe aufgrund eines Kommafehlers könne zwar nicht ausgegangen werden. Der tatsächlich gemeinte (richtige) Preis sei ohne Nachforschungen durch Auslegung des Angebotsinhalts nach §§ 133, 157 BGB ermittelbar und hier mit 1,35 Euro/m statt der angegebenen 135 Euro/m zu bewerten. Das OLG geht jedoch davon aus, dass A fehlerhaft in diversen Ortbetonpositionen den für Kubikmeter kalkulierten Preis anstelle des geforderten Preises pro Quadratmeter angeboten hat.

Die Darlegungslast für das Vorliegen fehlerhafter Preisangaben obliege der VSt. Liegen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme fehlerhafter Preise vor, seien diese vom Bieter mit substanziellen Auskünften zu entkräften, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei.

Die Vergabestelle ist daher gehalten, unabhängig von Datenbanken aktuelle Preisentwicklungen auf dem Markt in ihrer Kostenschätzung zu berücksichtigen. Die Beweislast für eine ordnungsgemäße Kostenprognose liegt bei der Vergabestelle.

Az.: 21.1.4.4-002/001 we

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