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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 74/2013 vom 11.01.2013
OLG Düsseldorf zur Nachforderung von Angaben im VOF-Verfahren
Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 07.11.2012 — Verg 12/12 — folgendes festgestellt:
- Der Begriff der „fehlenden" Erklärung in § 11 Abs. 3 VOF ist weit auszulegen und umfasst auch fehlende Preisangaben.
- Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 VOF räumt dem Auftraggeber kein Ermessen ein. Fehlen Preisangaben, ist der Auftraggeber dazu verpflichtet, diese beim Bieter nachzufordern.
Problem/Sachverhalt
Der Auftraggeber (AG) beschafft Ingenieurleistungen für eine Kreisstraße, die über eine Bahnstrecke zu führen ist. Einziges Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis. Mit den Angeboten haben die Bieter unter anderem die Leistung „Analyse der erforderlichen signaltechnischen Berechnungen für Verkehrsanlagen" anzubieten. Ein Bieter vergisst, diese Leistungen zu bepreisen. Er wird daraufhin vom AG ausgeschlossen. Insbesondere verzichtet der AG darauf, den fehlenden Preis nach § 11 Abs. 3 VOF nachzufordern. Zum einen ist er der Meinung, dass § 11 Abs. 3 VOF gar nicht auf fehlende Preisangaben anwendbar sei. Zum anderen meint er, dass § 11 Abs. 3 VOF lediglich ein Ermessen einräume. § 11 Abs. 3 VOF verpflichte einen öffentlichen AG hingegen nicht dazu, fehlende Erklärungen nachzufordern. Der Bieter will sich mit dem Ausschluss seines Angebots hingegen nicht zufriedengeben und strengt ein Nachprüfungsverfahren an.
Entscheidung
Während der Bieter vor der Vergabekammer noch unterliegt, gibt ihm das OLG Düsseldorf Recht. Zunächst stellt das OLG fest, dass der Begriff der fehlenden Erklärungen in § 11 Abs. 3 VOF auch fehlende Preisangaben meint. Auch wenn § 11 Abs. 3 VOF, anders als § 16 Abs. 1 Nr. 1 c, 3 VOB/A und § 19 EG Abs. 2 Satz 2 VOL/A 2009, fehlende Preisangaben nicht ausdrücklich erwähnt, ist der Begriff „fehlende Erklärungen" im genannten Sinne weit auszulegen. Zum anderen räumt § 11 Abs. 3 VOF dem Auftraggeber kein Ermessen ein, ob er fehlende Erklärungen nachfordern will oder nicht. Das Wort „können" bezieht sich nicht auf den Auftraggeber, sondern auf den Bieter. Dieser kann fehlende Erklärungen bei einem entsprechenden Verlangen des AG nachreichen. Der AG ist, wie auch im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, nach dem Wortlaut der Vorschrift hingegen verpflichtet, fehlende Preisangaben beim Bieter nachzufordern.
Praxishinweis
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf hat weitreichende Bedeutung. Denn bislang ging die Praxis nahezu einhellig davon aus, dass § 11 Abs. 3 VOF dem AG einen Ermessensspielraum zubilligt (z. B. VK Sachsen, IBR 2011, 663). Die Ausführungen des OLG Düsseldorf beanspruchen dabei nicht nur für § 11 Abs. 3 VOF Geltung, sondern auch für die Parallelvorschrift des § 5 Abs. 3 VOF zur Nachforderung von Unterlagen im Teilnahmewettbewerb. Speziell angesichts der hohen Anzahl von Teilnahmeanträgen, die regelmäßig bei VOF-Vergaben eingehen, wird in Zukunft viel Arbeit auf die Auftraggeber zukommen. (Quelle: IBR-online vom 12.12.2012)
Az.: II/1 608-00