Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 621/2022 vom 17.10.2022
OLG Karlsruhe: Öffentliche Auftraggeber dürfen sich auf bindende Zusagen der Anbieter verlassen
Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 07.09.2022 entschieden, dass sich die öffentlichen Auftraggeber auf die bindenden Zusagen einer Anbieterin im Vergabeverfahren verlassen dürfen, dass personenbezogene Daten ausschließlich in Deutschland verarbeitet und in kein Drittland übermittelt werden.
Damit hat das OLG Karlsruhe der erhobenen Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer Baden-Württemberg vom 13.07.2022 (Az. 1 VK 23/22) gegen den Ausschluss aus einem Vergabeverfahren stattgegeben. Hintergrund war ein Vergabeverfahren zweier kommunaler Krankenhausgesellschaften für ein digitales Entlassungsmanagement für Patienten. Vorausgesetzt war, dass die Anforderungen der DSGVO und des BDSG hinsichtlich der personenbezogenen Daten der zur Entlassung anstehenden Patienten erfüllt sein müssten. In den Angebotsunterlagen sicherte eine Anbieterin zu, das von ihr als Hosting-Dienstleisterin eingebundene luxemburgische Tochterunternehmen eines US-amerikanischen Konzerns werde die Daten ausnahmslos auf einem in Frankfurt am Main stehenden Server einer deutschen GmbH verarbeiten.
Auf einen nachfolgenden Nachprüfungsantrag einer Konkurrentin entschied die Vergabekammer Baden-Württemberg, dass die ausgewählte Anbieterin aus dem Vergabeverfahren auszuschließen sei, da der Einsatz des luxemburgischen Tochterunternehmens gegen die DSGVO verstoße und daher die Anforderungen der Vergabeunterlagen nicht eingehalten seien.
Nach Auffassung des OLG Karlsruhe hingegen ist im Rahmen der Nachprüfung einer Vergabeentscheidung grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen werde. Erst wenn sich aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel daran ergeben, müsse der öffentliche Auftraggeber ergänzende Informationen einholen und die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens prüfen. Da dies vorliegend nicht der Fall war, sei die Anbieterin nicht allein deswegen aus dem Vergabeverfahren auszuschließen, weil sie die luxemburgische Tochtergesellschaft eines US-amerikanischen Unternehmens als Hosting-Dienstleisterin einbinden will.
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe ist zu begrüßen und kann die Vergabepraxis auch kommunaler Auftraggeber erleichtern. Erst wenn sich aufgrund konkreter Anhaltspunkte in einem Vergabeverfahren Zweifel an den vertraglichen Zusagen der Bieter ergeben, müssen öffentliche Auftraggeber ergänzende Informationen einholen und die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens prüfen. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn öffentliche Auftraggeber auf Grundlage von eindeutigen Zusicherungen zu vertraglichen Inhalten berechtigt auf getätigte Zusagen vertrauen dürfen.
Az.: 21.1.4.4-002/005