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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 319/2011 vom 24.06.2011
OLG Karlsruhe zur vergaberechtlichen Überprüfung abfallrechtlicher Regelungen
Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 01.04.2011 (15 Verg 1/11) folgendes ausgeführt:
1. Abfallrechtliche Vorgaben zur Abfallwirtschaftsplanung schränken die Ausschreibungspflicht des öffentlichen Entsorgungsträgers ein.
2. Abfallrechtliche Bestimmungen zur Abfallwirtschaftsplanung stehen neben vergaberechtlichen Bestimmungen, so dass sie nicht als Bestimmungen des Vergaberechts in einem Nachprüfungsverfahren überprüft werden können.
3. Abfallrechtliche Bestimmungen zur Abfallwirtschaftsplanung dienen dem Interesse der Allgemeinheit und haben demnach keine bieterschützende Wirkung.
Problem/SachverhaltDie Vergabestelle (VSt) hat europaweit im Offenen Verfahren Dienstleistungen über die Beseitigung und Behandlung von Siedlungsabfällen ausgeschrieben. In den Ausschreibungsunterlagen weist die VSt auf die sogenannte Autarkieverordnung in Baden-Württemberg hin, wonach die für Siedlungsabfälle Beseitigungspflichtigen sich der Abfallbeseitigungsanlage in Baden-Württemberg zu bedienen haben. Die Antragstellerin (ASt) verfügt lediglich über Verbrennungskontingente außerhalb des Landes Baden-Württemberg, die jedoch aufgrund der Autarkieverordnung nicht Gegenstand des Angebots sein dürfen. Die ASt wehrt sich gegen die Einhaltung der Vorgaben der Autarkieverordnung im Vergabeverfahren.
Der Nachprüfungsantrag ist bereits als unzulässig verworfen worden. Nach § 107 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das neben einem Interesse am Auftrag eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend machen kann. Zu den Vergabevorschriften gehören alle Regelungen, die mit dem formellen und materiellen Vergaberecht im Zusammenhang stehen. Bestimmungen aus dem Bereich der Abfallwirtschaft zählen hierzu nicht. Durch den Hinweis in den Vergabeunterlagen auf die Autarkieverordnung wird diese nicht zu einer Vergabevorschrift. Vielmehr wird im Vergabeverfahren auf ein zusätzliches öffentlich-rechtliches Erfordernis hingewiesen.
Zwar schränkt das Abfallrecht die Ausschreibungspflicht des öffentlichen Entsorgungsträgers ein. Jedoch stehen Regelungen zur Abfallwirtschaftsplanung neben Vorgaben aus dem Vergaberecht. Grund hierfür ist, dass sowohl die Pflicht zur Ausschreibung einzelner Entsorgungsdienstleistungen als auch die rechtsverbindliche Vorgabe einzelner Beseitigungsanlagen auf bundesrechtlichen Vorschriften beruhen, die ihre Grundlage im europäischen Recht haben. Infolgedessen gebührt keiner der Normen der prinzipielle Vorrang.
Zudem stellen die abfallrechtlichen Regelungen zur Abfallwirtschaftsplanung allein auf die im allgemeinen Interesse liegenden Grundsätze der umweltverträglichen und ortsnahen Beseitigung sowie der Entsorgungssicherheit ab, wobei Normadressaten die jeweiligen obersten Abfallrechtsbehörden sowie die Beseitigungspflichtigen sind. Diese Normen haben keine bieterschützende Wirkung. [Quelle: IBR 2011, 359]
Az.: II/1 608-00