Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 255/2006 vom 16.03.2006
OLG Naumburg zu Zweckvereinbarung und Ausschreibungspflicht
Der Abschluss einer Zweckvereinbarung zwischen zwei Abwasserzweckverbänden, der auf eine delegierende Übertragung der kaufmännischen und technischen Betriebsführung der Abwasserbeseitigung gerichtet ist, unterfällt nach bislang einhelliger Rechtsprechung der Ausschreibungspflicht im Verfahren nach §§ 97 ff. GWB.
- OLG Naumburg, Beschluss vom 02.03.2006 - 1 Verg 1/06 -
In ihrer Sitzung vom 14. September 2005, deren Tagesordnung der Antragstellerin seit dem 23. August 2005 bekannt war, beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners (eine Körperschaft des öffentlichen Rechts) unter einem hierfür vorsorglich anberaumten Tagesordnungspunkt, die kaufmännische und technische Betriebsführung künftig in kommunaler Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu besorgen. Hierzu wurde einer Zweckvereinbarung zugestimmt, wonach dem Beigeladenen die technische und kaufmännische Betriebsführung der Schmutz- und Niederschlagsabwasserbeseitigung im Gebiet einer Reihe von Verbandsmitgliedern des Antragsgegners sowie die gesamte Wirtschaftsführung einschließlich Rechnungswesen und Kalkulation der Gebühren zur Aufgabendurchführung übertragen werden sollten. Die Beschäftigten des Antragsgegners sollten auf den Beigeladenen übergeleitet werden. Für die Leistungserbringung sollte vom Antragsgegner ein Betriebsführungsentgelt gezahlt werden. Die Zweckvereinbarung sollte auf unbestimmte Zeit geschlossen werden und frühestens zum 31. Dezember 2008 kündbar sein. An der Sitzung nahm auch der Geschäftsführer der Antragstellerin St. teil.
Die Verbandsversammlung des Beigeladenen stimmte mit Beschluss vom 14. September 2005 dem Abschluss der Zweckvereinbarung zu.
Der Feststellungsantrag der Antragstellerin ist begründet.
Die ursprünglich beabsichtigte Zweckvereinbarung zwischen dem Antragsgegner und dem Beigeladenen beinhaltet eine sog. delegierende Aufgabenübertragung, und zwar hier eine entgeltliche Beschaffung einer Dienstleistung durch einen öffentlichen Auftraggeber bei einem anderen öffentlichen Auftraggeber. Diese Form der vertraglichen interkommunalen Zusammenarbeit unterfällt nach bislang einhelliger Rechtsprechung der Ausschreibungspflicht im Verfahren nach §§ 97 ff. GWB (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Mai 2004, VII Verg 78/03 = VergabeR 2004, 619; OLG Frankfurt, Beschluss v. 7. September 2004, 11 Verg 11 und 12/04 = VergabeR 2005, 80; OLG Naumburg, Beschluss v. 3. November 2005, 1 Verg 9/05 = ZfBR 2006, 81), wenn - wie hier - der Schwellenwert nach § 100 Abs. 1 GWB i. V. m. § 2 Nr. 3 VgV überschritten ist und kein Ausschlussgrund i. S. v. § 100 Abs. 2 GWB vorliegt.
Az.: II/1 608-00