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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 432/2004 vom 19.05.2004
Ortsnahe Regenwasserbeseitigung
In der jüngsten Zeit ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Prüfung nach § 51 a Abs. 1 LWG NRW (Möglichkeit der ortsnahen Regenwasserversickerung auf einem privaten Grundstück) baugrundstücksscharf durchzuführen ist. Hierzu wird auf folgendes hingewiesen:
Diesseits wird die Regelung in § 51 a Abs. 1 LWG NRW dahin verstanden, dass der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde im Rahmen des § 51 a Abs. 1 LWG NRW ein Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum zugestanden werden muss (vgl. Queitsch, ZKF 2002, S. 170ff., S.170). Die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde hat gem. § 51 a Abs. 1 LWG NRW bei Grundstücken, die nach dem 01.01.1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die gemeindliche Kanalisation angeschlossen werden, zu prüfen, ob das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigt wird, wenn auf diesen Grundstücken Regenwasser ortsnah z.B. durch Versickerung beseitigt wird. Ergibt sich bei dieser Prüfung, dass z. B. eine Regenwasserversickerung überwiegend in dem betroffenen Gebiet (z.B. einem Neubaugebiet) nicht möglich ist, so hat allein die Gemeinde die Entscheidungsgewalt darüber, eine anderweitige Form der Regenwasserbeseitigung vorzusehen. Diese kann z.B. darin bestehen, dass das Regenwasser über einen Regenwasserkanal ortsnah in ein Gewässer (in einen sog. Vorfluter) eingeleitet wird (so auch: Ziffer 2.2.3 der Runderlasses des Umweltministeriums NRW vom 18.5.1998 zu § 51 a LWG NRW, MBl. 1998, S. 654ff., S. 655).
Dass ein solcher Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum besteht, ergibt sich zum einen daraus, dass eine Gemeinde grundsätzlich die ihr obliegende Abwasserbeseitigungspflicht nach § 53 Abs. 1 LWG NRW erfüllen muss und in Folge hierzu diese Abwasserbeseitigungspflicht auch umfasst, eine ordnungsgemäße und auf Entsorgungssicherheit angelegte Abwasserbeseitigung zu gewährleisten. Wird hiernach durch ein von der Stadt in Auftrag gegebenes hydrogeologisches Gutachten die Möglichkeit der Regenwasserversickerung auf den privaten Grundstücken in einem Entwässerungsgebiet überwiegend verneint, so hat die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde das Beurteilungs- und Entscheidungsrecht für das gesamte Baugebiet zu bestimmen, dass eine ortsnahe Regenwasserbeseitigung nicht stattfindet, selbst wenn auf einzelnen Grundstücken eine Regenwasserbeseitigung möglich sein kann. Anderenfalls wäre eine geordnete Abwasserbeseitigung durch den rechtzeitigen Bau von Kanälen unter planungstechnischen und unter erschließungstechnischen Gesichtspunkten nicht mehr gewährleistet.
Sollen nämlich Grundstücke als Bauland zur Verfügung gestellt werden, so muss bereits im Vorfeld, d.h. vor Beginn der Bebauung, definitiv und abschließend geklärt sein, wie die straßentechnische und abwassertechnische Erschließung dieser Grundstücke zu erfolgen hat. Dieses ist auch deshalb erforderlich, damit die entsprechenden Kanäle gebaut werden können und durch Sicherstellung der abwassertechnischen Erschließung mit der Bebauung der Grundstücke begonnen werden kann. Denn regelmäßig werden vor dem Beginn der Bebauung die Abwasserkanäle und die künftigen Erschließungsstraßen (zunächst als Baustraßen) hergerichtet. Eine baugrundstückscharfe Überprüfung dahin, ob eine Versickerung auf dem jeweiligen Grundstück möglich ist oder nicht ist bereits aus diesen vorstehenden praktischen Erwägungen heraus nicht möglich.
Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass Bauträgergesellschaften, Bauunternehmer oder auch Grundstücksmakler oftmals große Grundstücks-Parzellen in Neubaugebieten erwerben, um diese anschließend in kleinere Parzellen zu zerteilen und an viele Erwerber von Neubauten weiter zu veräußern. Auch dieser Umstand zeigt, dass es einer Kommune nicht möglich ist, baugrundstücksscharf die Frage der Versickerungsfähigkeit auf einzelnen Grundstücken zu klären. Dieses hat der Landesgesetzgeber in § 51 a Abs. 1 LWG NRW auch offensichtlich nicht als Ziel verfolgt. Vielmehr ist in § 51 a Abs. 1 LWG NRW die Regenwasserbeseitigung durch Verrieselung, Versickerung und ortsnahe Einleitung gleichberechtigt nebeneinander gestellt worden, sodass auch andere Varianten der ortsnahen Regenwasserbeseitigung einschließlich der Errichtung von Regenwasserkanälen vorgesehen worden ist. Dieses ergibt sich auch ausdrücklich aus Ziffer 2.2.3 und 2.2.4 der o.g. Runderlasses zu § 51 a LWG NRW. In Ziffer 2.2.4 wird unter dem Gesichtspunkt Wohl der Allgemeinheit ausdrücklich ausgeführt, dass sich Beurteilungen nicht nur am Einzelgrundstück, sondern am gesamten Entsorgungsbereich auszurichten haben. Im Einzelfall könne es z.B. nicht gemeinwohlverträglich sein, punktuelle Versickerungen vorzusehen, wenn eine Kommune den Maßgaben des § 51 a LWG NRW durch geeignete Beseitigungsverfahren, die den Belangen des Grundwasserschutzes stärker Rechnung tragen würden, nachkommen könne (z.B. ortsnahe Einleitung mittels eines Regenwasserkanals; Ziffer 2.2.4 der Runderlasses des Umweltministeriums NRW vom 18.5.1998 zu § 51 a LWG NRW, MBl. 1998, S. 654ff., S. 655).
Vor diesem Hintergrund reicht es grundsätzlich aus, wenn bezogen auf das Entsorgungsgebiet bzw. Entwässerungsgebiet, welches zukünftig bebaut werden soll, generell abgeklärt wird, ob eine ortsnahe Regenwasserbeseitigung auf den privaten Grundstücken möglich ist oder nicht. Eine Verpflichtung zur baugrundstücksscharfen Untersuchung der Versickerungsfähigkeit lässt sich dem Gesetz mithin nicht entnehmen (vgl. hierzu auch: Queitsch in ZKF 2002, S. 170 ff., Seite 170; Queitsch in: Hamacher/Lenz/Queitsch/ Schneider/Stein/Thomas. KAG NRW, Lose-Blatt-Kommentar, § 6 Rz. 117 ff., 120 f.).
Az.: II/2 24-30 qu/g
Az.: II/2 24-30 qu/g