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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 64/2005 vom 17.12.2004
OVG Frankfurt/Oder zu gewerblichen Abfallsammlungen
Das OVG Frankfurt/Oder hat mit Beschlüssen vom 14.10.2004 (Az.: 2 B 122/04 und 2 B 135/04) entschieden, dass eine gewerbliche Abfallsammlung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nur dann untersagt werden kann, wenn die Entsorgung privater Haushalte durch die Kommunen hierdurch in ihrer Funktionstüchtigkeit beeinträchtigt würde. Durch eine gewerbliche Schrottsammlung treten nach dem OVG Frankfurt/Oder derartige schwere Beeinträchtigungen regelmäßig nicht ein, wenn keine unzumutbare Gebührenhöhe für die Gebührenzahler aufgrund der Sammlung des lukrativen Schrotts durch den Gewerbebetrieb zu erwarten sei. Offen gelassen hat das OVG Frankfurt/Oder, ob private Haushalte Abfälle entgeltlich im Rahmen gewerblicher Sammlungen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG zur Verwertung an Dritte weitergeben dürfen und ob der Begriff der Sammlung stets einschließt, dass das Einsammeln eine unentgeltliche Dienstleistung ist. Die Geschäftsstelle weist hierzu auf Folgendes hin:
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG unterliegen Abfälle (aus privaten Haushaltungen) nicht der Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG , wenn diese durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit dieses den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nachgewiesen wird und nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Zwar sieht § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG kein Genehmigungs- oder Zulassungsverfahren vor. Gleichwohl kann eine bloße Information des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht ausreichen. Schließlich könnte diese Information auch erst nach Abschluss der gewerblichen Sammlung dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger übermittelt werden oder erst auf Nachfrage des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bei dem jeweiligen gewerblichen Sammler. Damit aber würde dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht entsprochen. Gewerbliche Sammlungen sollen nämlich nach § 13 Abs.3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG zeitlich gesehen (erst dann) möglich sein, wenn den Kommunen als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nachgewiesen wird und keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Diese textliche Abfassung setzt gewissermaßen zeitlich voraus, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (die entsorgungspflichtige Stadt/Gemeinde und/oder der entsorgungspflichtige Landkreis) vor Beginn einer gewerblichen Sammlung die Möglichkeit zur Prüfung erhält, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Vorgaben für eine gewerbliche Sammlung erfüllt sind. Anderenfalls würde die Schutzfunktion für die kommunale Abfallentsorgung gewissermaßen leer laufen. Diese besteht unter anderem darin, dass Investitionen in bestehende kommunale Erfassungssysteme (z.B. für die Altpapiererfassung und -verwertung oder für die Bioabfallerfassung und -verwertung) nicht durch gewerbliche Sammlungen nachträglich entwertet und so beeinträchtigt werden, dass sie abfallwirtschaftlich eingestellt werden müssen. Zur Vermeidung solcher Entwicklungen hat der Bundesgesetzgeber gerade den Vorbehalt der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen in die Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG aufgenommen. Hierdurch soll zumindest der Beeinträchtigung bzw. Zerstörung bestehender kommunale Sammelsysteme für verwertbare Abfälle im Interesse einer flächendeckenden kommunalen Grundversorgung (§ 15 Abs. 1 KrW-/AbfG) unter (sozial)-verträglichen Abfallentsorgungsgebühren entgegengewirkt werden.
Diese Sichtweise findet sich auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wieder. So kommen das VG Chemnitz (Beschluss vom 27.2.2004 Az.: 2 K 142/04) und das VG Cottbus (Beschlüsse vom 31.3.2004 Az.: 3 L 749/93 und vom 2.4.2004 Az.: 3 L 765/03 -) in ihren Entscheidungen zutreffend zu dem Ergebnis, dass der Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung vor der Sammlung zu erbringen ist, wobei dieses allerdings nicht bedeutet, dass vor der Sammlung ein Genehmigungsverfahren durchzuführen ist. Auch das VG Frankfurt hat in einem Beschluss vom 23.05.1997 (Az.: 9 G 1205/97 (V)) - NVwZ- RR 1998, S.167f.) bereits ausgeführt, dass durch die überwiegenden öffentlichen Interessen in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG dem Umstand Rechnung getragen wird, dass den öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträgern nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zumindest eine Auffangfunktion zukommt, deren ordnungsgemäße Erfüllung aber jederzeit sichergestellt sein muss. Insoweit findet die freie wirtschaftliche Betätigung privater Entsorgungsunternehmen ihre Grenze darin, dass die öffentliche Hand durch die entsprechenden entsorgungspflichtigen Körperschaften vom Grundsatz her jederzeit auch zukünftig in der Lage sein muss, eine ordnungsgemäße Abfallverwertung und -beseitigung sicherzustellen. Dieses ist nach dem Verwaltungsgericht Frankfurt aber nur möglich, wenn entsprechende Anlagen in ausreichender Größe und angemessener betriebswirtschaftlicher Form zu vertretbaren Gebühren fortgeführt werden können. Das KrW-/AbfG will nach dem VG Frankfurt offensichtlich verhindern, dass durch private Anbieter die öffentlich-rechtliche Entsorgungsstruktur so ausgehöhlt wird, dass sie nicht mehr funktionsgerecht fortgesetzt werden kann. In diesem Fall würde nämlich das öffentliche Interesse an einer jederzeit verfügbaren öffentlichen Entsorgung von Abfällen ernsthaft gefährdet.
Vor diesem Hintergrund kann § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht schlechthin als das Einfallstor für gewerbliche Abfallsammlungen aus privaten Haushaltungen angesehen werden. Vielmehr ist aus dem Begriff der überwiegenden öffentlichen Interessen in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG zu entnehmen, dass durch gewerbliche Sammlungen das in § 13 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG gesetzlich verankerte öffentlich-rechtliche Entsorgungsmodell nicht ausgehöhlt werden und damit dessen jederzeitige Sicherungs- und Auffangfunktion im Interesse einer umweltverträgliche Abfallentsorgung verloren gehen soll. In diesem Zusammenhang stehen damit gewerblichen Sammlungen zumindest dann überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG entgegen, wenn durch diese eine flächendeckende, jederzeit verfügbare und dauerhafte öffentliche Abfallentsorgung für bestimmte Abfallfraktionen zu vertretbaren Kosten und Abfallgebühren nicht mehr gewährleistet werden kann (vgl. VG Chemnitz, Beschluss vom 27.2.2004 Az.: 2 K 142/04 - ; VG Frankfurt, Beschluss vom 23.5. 1997 NVwZ 1998, S. 167f.; VG Regensburg, NVwZ 1998, S. 431ff., S. 433; VG Sigmaringen, NVwZ 1998, S. 429; VG Minden, Beschluss vom 13.6.1997 Az. 8 L 438/97 - , S. 14 des Urteilsabdrucks, Prelle/Thärichen, Recht der Abfallwirtschaft (AbfallR) 2004, S. 206ff., 209f.). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die kommunale Abfallentsorgung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für jedes Grundstück zu gewährleisten ist, auch wenn dieses nicht verkehrs- und kostengünstig gelegen ist, d.h. der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger muss eine geordnete Abfallentsorgung für sein gesamtes Zuständigkeitsgebiet zu verträglichen Gebühren gewährleisten. Auch hierin ist ein Gesichtspunkt des überwiegenden öffentlichen Interesses zu sehen. Einer gewerblichen Sammlung können deshalb grundsätzlich auch dann überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, wenn eine Anschlussquote an die kommunale Abfallentsorgung ausgelöst wird, die eine gebührenverträgliche Abfallentsorgung nicht mehr ermöglicht. Denn auch eine zu geringe Anschlussquote an die kommunale Abfallentsorgung z.B. bei der kommunalen Bioabfallerfassung und -verwertung kann dazu führen, dass diese öffentlich-rechtliche Entsorgungsschiene wegen zu hoher Kosten eingestellt werden muss und damit eine flächendeckende, öffentlich-rechtliche sowie jederzeit verfügbare Abfallentsorgung im Sinne des § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG nicht mehr aufrechterhalten werden kann (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch: BayVGH, Urteil vom 29.03.1995 - Az.: 4 N 93.2548 - , NVwZ-RR 1995, S. 603f. , S.604 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.1998 - 2 S 399/97 - StGRat 1999, S. 41). Deshalb ist es auch als erforderlich anzusehen, dass vor Beginn der gewerblichen Sammlung der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch den gewerblichen Sammler informiert und konsultiert werden.
Az.: II/2 31-02 qu/g
Az.: II/2 31-02 qu/g