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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 56/1999 vom 20.01.1999
OVG Niedersachsen zur fehlerhaften Vergabe und Grundgebühr
Auch wenn die Vergabe von öffentlichen Entsorgungsdienstleistungen fehlerhaft erfolgt ist, können an das beauftragte Entsorgungsunternehmen gezahlte private Entgelte für die durchgeführten Entsorgungsdienstleistungen über die Abfallgebühren abgerechnet werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in Lüneburg mit Urteil vom 24.06.1998 (AZ: 9 L 2504/96) entschieden. Damit hat sich das OVG Niedersachsen der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster (OVG NW) angeschlossen. Das OVG NW hatte bereits mit Urteil vom 15.12.1994 (AZ: 9 A 2251/93. NWVBl. 1995, S. 173 ff., S. 175) entschieden, daß trotz eines fehlerhaftes Vergabeverfahren die an beauftragte Entsorgungsunternehmen gezahlte Vergütung für die erbrachten Entsorgungsdienstleistungen grundsätzlich über die Abfallgebühren abgerechnet werden kann. Damit folgen das OVG Niedersachsen und das OVG NW nicht der strengen Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (zuletzt Urteil vom 09.04.1997 - 6 A 12010/96 -, DVBl 1998, S. 62 LS), wonach eine Refinanzierung der gezahlten Vergütungen an beauftragte Entsorgungsunternehmen über die Abfallgebühren voraussetzt, daß die haushaltsrechtlichen Vorschriften über die Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand durch Ausschreibung beachtet worden sind.
Außerdem hat das OVG Niedersachsen in seinem Urteil vom 24.06.1998 seine Rechtsprechung zur Grundgebühr ergänzt. Das OVG Niedersachsen hatte die Maßgabe aufgestellt, daß eine Grundgebühr nicht mehr als 50 v.H. der gesamten Abfallgebühr ausmachen darf, damit noch wirksame Anreize zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung mit der Abfallgebühr geschaffen werden können (OVG Lüneburg, Urteil vom 26.11.1997 - 9 L 234/96). Nunmehr hat das OVG Niedersachsen seine Rechtsprechung dahin ergänzt, daß diese Maßgabe nur für den Durchschnitts- und Regelfall gilt. Dies bedeutet nach dem OVG Niedersachsen: Nur in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle und bei einem gewöhnlichen Abfallverhalten ist die Maßgabe einzuhalten, daß die Grundgebühr nicht mehr als 50 v.H. der gesamten Abfallgebühr (Grundgebühr + Zusatzgebühr) ausmachen darf. Mit dieser neuen Rechtsprechung rechtfertigte das OVG Niedersachsen in dem entschiedenen Fall, daß bei einem Ein-Personen-Grundstück (Ein-Personen-Haushalt) die Grundgebühr an der gesamten Abfallgebühr mehr als 50 % betragen darf. Denn nur in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle und damit nicht bei allen Gebührenpflichtigen, muß die Grundgebühr nach dem OVG Niedersachsen weniger als 50 % der gesamten Abfallgebühr ausmachen.
Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, daß die nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichte und auch das Oberverwaltungsgericht NW in Münster eine solche Vorgabe für die Grundgebühr bislang nicht aufgestellt haben. Gleichzeitig zeigt die neue Rechtsprechung des OVG Niedersachsen, daß die Maßgabe, eine Grundgebühr dürfe nicht mehr als 50 v.H. der gesamten Abfallgebühr ausmachen, für alle Gebührenpflichtigen nicht durchgehalten werden kann. Dies gilt insbesondere für Ein-Personen-Grundstücke, wie das Urteil das OVG Niedersachsen zeigt. Gleichwohl sollte auch in Nordrhein-Westfalen mit Blick auf die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NW, wonach bei der Gebührenbemessung Anreize zur Vermeidung, Getrennthaltung und Verwertung von Abfällen zu schaffen sind, darauf geachtet werden, daß der Anteil der Grundgebühr an der gesamten Abfallgebühr nicht so hoch wird, daß mit der abfallmengenabhängigen Zusatzgebühr keine Anreize zur Vermeidung, Getrennthaltung und Verwertung von Abfällen mehr geschaffen werden können. Ein genereller Prozentsatz des Anteils der Grundgebühr an der gesamten Abfallgebühr kann allerdings nicht benannt werden, weil dies nur unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse entschieden werden kann.
Das Urteil des OVG Niedersachsen wird auszugsweise in der Zeitschrift "Städte- und Gemeinderat" veröffentlicht.
Az.: II/2 33-10