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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 627/2003 vom 24.07.2003
OVG NRW zum Abzug von Frischwassermengen
Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 05.06.2003 (Az.: 9 A 4440/01) entschieden, dass eine Regelung in der Abwassergebührensatzung nicht zulässig ist, wonach bezogene Frischwassermengen abgezogen werden können, die nicht dem Kanal zugeführt werden und zugleich diese Abzugsmöglichkeit dahin eingeschränkt wird, dass der Abzug allenfalls bis zu einer verbleibenden Wassermenge von 40 cbm je Jahr und je gemeldete Person auf einem Grundstück vorgenommen werden darf.
Das OVG NRW führt in seinem Beschluss von 05.06.2003 aus, dass satzungsrechtliche Bestimmungen zum Abzug der auf dem Grundstück verbrauchten bzw. zurückgehaltenen Wassermengen als einzelfallbezogene Wirklichkeitskomponente der regelmäßig notwendigen Korrektur des reinen unmodifizierten Frischwassermaßstabes (Frischwasser = Abwasser) dienen. Eine solche Korrektur sei nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 1 GG geboten, wenn für die angeschlossenen Grundstücke nicht von einer einigermaßen gleichbleibenden Relation zwischen der Menge des auf dem jeweiligen Grundstücks verbrauchten Wassers und der Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Schmutzwassers ausgegangen werden könne. Denn insofern bestehende Unterschiede erfasse der bloße Frischwassermaßstab nicht (vgl. dazu auch OVG NRW, Urt. v. 04.10.2001, Az.: 9 A 366/00 -, NWVBl 2002, S. 115.
Diese Möglichkeit, Frischwasser-Abzugsmengen bei der Berechnung der Abwassergebühr geltend zu machen, weil bestimmte Frischwassermengen nicht dem Kanal zugeführt worden seien (sog. Schwundmenge), könne nicht gleichzeitig satzungsrechtlich wiederum dahin eingeschränkt werden, dass eine Wassermenge von 40 cbm pro Jahr und pro Person in keinem Fall unterschritten werden dürfe. Denn hierdurch werde bei der Wirklichkeitskorrektur des Frischwassermaßstabs im Wege des Frischwasserabzugs für sog. Schwundmengen wiederum eine untaugliche weitere Wahrscheinlichkeitsannahme eingeführt. Es fehle auch die sachliche Rechtfertigung für eine solche Abzugsbegrenzung. Denn die sog. Schwundmengen seien nach den satzungsrechtlichen Vorgaben nicht zu schätzen, sondern von dem gebührenpflichten Benutzer der gemeindlichen Abwasseranlage mit der erforderlichen Genauigkeit nachzuweisen. Dann aber sei für die bloße Schätzung nach Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten über eine Abzugsbegrenzung kein Raum mehr, weil der Gebührenpflichtige einen genauen Nachweis führen müsse, welche Schwundmengen bei ihm auftreten, d.h. welche Wassermengen nicht dem Kanal zugeführt werden.
Zur Verhinderung der Einstellung überhöhter Abzugsmengen in die Gebührenbemessung habe die beklagte Gemeinde vielmehr von dem Gebührenpflichtigen auf der satzungsrechtlichen Grundlage ausreichend aussagekräftige Nachweise über die tatsächlich angefallenen Schwundmengen zu verlangen. Unterlasse die Gemeinde dieses und gebe sie sich mit einer bloßen Schätzung der Schwundmenge zufrieden, so dürfe sie dieses Defizit nicht dadurch ausgleichen, dass sie generell eine Abzugsbegrenzung einführe und hiermit insbesondere diejenigen benachteilige, die sogar nachgewiesenermaßen eine größere Schwundmenge zu verzeichnen hätten, als nach der Abzugsbegrenzung zu berücksichtigen sei. Anderenfalls verlöre die Abzugsregelung ihren bereits als einzelfallbezogene Wirklichkeitskomponente in sich tragenden Sinn und die erforderliche Korrektur des (ungenauen) Wahrscheinlichkeitsmaßstabes Frischwassermenge sei nicht gewährleistet.
Die Geschäftsstelle weist zusätzlich darauf hin, dass in § 4 Abs. 5 der Muster-Beitrags- und Gebührensatzung (Stand: 01.09.1999) auch eine Abzugsregelung für Wassermengen enthalten ist, die nachweislich nicht dem Kanal zugeführt werden. Eine Begrenzung der Abzugsmengen pro Person/Jahr und Grundstück ist aber nicht geregelt worden und nach dem Beschluss des OVG Münsters vom 05.06.2003 (Az.: 9 A 4440/01) auch unzulässig.
Weiterhin weist das OVG in seinem Beschluss vom 05.06.2003 auch darauf hin, dass bei landwirtschaftlichen Betrieben mit Blick auf die Viehtränkung fraglich sei, ob die durch die Viehtränkung festzustellende Schwundmenge durch eine Regelung begrenzt werden kann, dass 40 cbm pro Jahr und Person trotz des Abzugs für die Viehtränkung berücksichtigt würden. Dabei könne dahinstehen, ob diese Abzugsbegrenzung zumindest für landwirtschaftliche Betriebe mit Großviehhaltung ohne Zwischenzähler sachlich gerechtfertigt sei. Insofern bedürfe es im vorliegenden Fall insbesondere keiner Prüfung, ob sich ein sachgerechter Grund dafür ergeben könne, dass in dieser Fallgruppe die Schwundmenge auf der Basis einer bloßen Wahrscheinlichkeitsannahme Abzug von 10 cbm/Stück Großvieh letztlich nur geschätzt werde und zur Verhinderung ungerechtfertigter Vergünstigungen einer Korrektur durch die vorgenommene Abzugsbegrenzung bedürfe oder ob ggf. schon der Pauschalabzug keine taugliche Vorgehensweise zur notwendigen Korrektur des reinen Frischwassermaßstabes darstelle.
Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf folgendes hin:
Aus den Ausführungen des OVG NRW kann jedenfalls entnommen werden, dass eine solche Regelung zumindestens dann nicht erforderlich ist, wenn kein pauschaler Abzug für die Viehtränkung je Stück Großvieh stattfindet, sondern z.B. ein separater Zwischenzähler für den Hauswasserverbrauch eingebaut worden ist. Denn für solche Grundstücke ist dann ohne Abzug (und Abzugsbegrenzung) allein der Verbrauch nach dem Zwischenzähler für die Bemessung der Abwassergebühren maßgeblich.
Weiterhin kann aus dem Ausführungen des OVG NRW der Rückschluss gezogen werden, dass es sich anbietet, mit Blick auf Wassermengen, die für die Viehtränkung verwendet werden, einen zweiten Wassermesser zu installieren, der entweder den Verbrauch von Frischwasser, welches zu Abwasser wird, im Wohnhaus mißt oder aber ein Wassermesser im Stallgebäude installiert wird, so dass die im Stallgebäude verwendeten Mengen zur Viehtränkung gemessen und abgezogen werden können. In diesem Fall verbietet sich dann eine Abzugsbegrenzung, weil anderenfalls das Messerergebnis des zweiten Wassermessers (Wasseruhr) angezweifelt bzw. nicht anerkannt würde und es sich dann eigentlich erübrigt hätte, diesen zu installieren. Im übrigen ist in § 4 Abs.5 der Muster-Beitrags- und Gebührensatzung festgelegt, dass dem Gebührenpflichtigen der Nachweis obliegt, dass der von ihm eingebaute Wassermesser ordnungsgemäß funktioniert. Damit hat eine Gemeinde grundsätzlich die Möglichkeit darauf hinzuwirken, dass ein ordnungsgemäß funktionierender Wassermesser auf Kosten des Gebührenpflichtigen eingebaut wird.
Az.: II/2 24-21 qu/g