Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 102/2004 vom 06.01.2004

OVG NRW zum Drittschutz durch Gemeindewirtschaftsrecht

In einem außergewöhnlichen unbefriedigenden Beschluss vom 13.08.2003 (Az.: 15 B 1137/03) hat das Oberverwaltungsgericht Münster - erstmalig - entschieden, dass die Betätigungsschranke des § 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GO, wonach ein öffentlicher Zweck die wirtschaftliche Betätigung erfordern muss, drittschützenden Charakter hat. Angesichts dessen hätten geschützte Dritte, insbesondere private Konkurrenten, „einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungs- und Folgenbeseitigungsanspruch, dass die Gemeinde unzulässige wirtschaftliche Betätigung unterlässt und auf eine Eigengesellschaft einwirkt, unzulässige wirtschaftliche Betätigung zu unterlassen.“
 
In dem zu entscheidenden Fall hatte eine städtische Parkhausgesellschaft auf einem Parkhaus ein weiteres Stockwerk errichtet und die Räume an ein Fitness-Studio vermietet. Dagegen wehrte sich der Betreiber eines anderen Fitness-Studios mit einem Unterlassungsbegehren. In der Sache hatte er damit keinen Erfolg, weil das OVG Münster die angegriffene Vermietung als zulässiges Nebengeschäft des Betriebs von Parkhäusern bewertete. Der Begriff der wirtschaftlichen Betätigung sei nämlich betriebs- und nicht handlungsbezogen. Insofern komme es für die Zulässigkeitsschranken des § 107 GO nur auf den Unternehmensgegenstand insgesamt, nicht aber auf jede einzelne unternehmerische Handlung bei Gelegenheit der Verfolgung des Unternehmensgegenstandes an. Im Übrigen könnten auch unternehmensgegenstandsfremde Geschäfte zulässig sein, soweit dies zur besseren Auslastung eigener Einrichtungen geschehe und es sich um eine der Haupttätigkeit untergeordnete Tätigkeit handele.
 
Auch wenn diesen letzteren Ausführungen des OVG Münster beizupflichten ist, begegnet die Entscheidung insgesamt gesehen durchgreifenden Bedenken. Was die zentrale Aussage hinsichtlich des angeblich drittschützenden Charakters des § 107 Abs. 1 GO angeht, so würdigt das OVG mit keinem Wort, dass die Zulässigkeitskriterien der Gemeindeordnungen nach der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte den Konkurrenten gerade kein subjektiv-öffentliches Recht und damit keine Klagemöglichkeit verleihen. Selbst wenn die Beschränkungen der kommunalwirtschaftlichen Betätigung auch auf einen Schutz der Privatwirtschaft abzielten, so seien allenfalls bestimmte Berufsgruppen in ihrer Gesamtheit geschützt, nicht jedoch - wie für einen Drittschutz erforderlich - einzelne Konkurrenten.
 
Da es sich hier um die erste verwaltungsgerichtliche Entscheidung dieser Art handelt, hat der Beschluss große Bedeutung. Er kann dazu führen, dass künftig viel intensiver als bisher über den Inhalt des unbestimmten Rechtsbegriffs „öffentlicher Zweck“ gerungen wird. In diesem Fall wird dann allerdings auch die Frage zu beantworten sein, ob die GO-Vorgaben so zu interpretieren sind bzw. überhaupt so interpretiert werden dürfen, dass sie die Kommunalwirtschaft strukturell in einer Weise benachteiligen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit in Frage stellt.

Az.: IV/3 810-05

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