Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 636/2018 vom 20.11.2018

Oberverwaltungsgericht NRW zu Kanalanschluss

Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 23.08.2018 (Az. 15 A 2063/17 – abrufbar unter www.justiz.nrw.de) ausführlich dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen ein Grundstück an den öffentlichen Mischwasserkanal anzuschließen ist. Eine Anschluss-Verfügung der Gemeinde muss – so das OVG NRW - nicht alle Einzelheiten des Anschlusses an den öffentlichen Kanal beinhalten. Für die Bestimmtheit einer Anschluss-Verfügung ist es nicht erforderlich, Vorgaben zu den technischen Einzelheiten des vorzunehmenden Anschlusses zu machen.

Dem Grunde nach umfasse eine Anschluss-Verfügung – so das OVG NRW - die Aufforderung zur Durchführung sämtlicher technisch erforderlicher Maßnahmen für die Herstellung des ordnungsgemäßen Anschlusses an den öffentlichen Kanal (so bereits: OVG NRW, Beschlüsse vom 16.06.2016 – Az. 15 A 1068/15 und vom 10.06.2011 – Az. 15 665/11). Es sei deshalb  völlig ausreichend, wenn in der Anschluss-Verfügung das Angebot zur technischen Einzelberatung durch die Gemeinde gemacht werde.

Weiterhin führt das OVG NRW aus, dass die Klägerin sich auch nicht auf Bestandsschutz berufen kann, selbst wenn eine funktionstüchtige Kleinkläranlage auf dem Grundstück betrieben wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des OVG NRW rechtfertigt sich beim Schmutzwasser der Anschluss- und Benutzungszwang an den öffentlichen Kanal schon daraus, dass die zentralisierte Beseitigung des Schmutzwassers über öffentliche Kanäle der Gemeinde einen maßgeblichen Gesichtspunkt der Volksgesundheit darstellt.

So erübrigt sich in diesem Falle, dass die Funktionsfähigkeit einer Vielzahl von Kleinkläranlagen überwacht werden muss und Anordnungen bei der Feststellung von Missständen erlassen werden müssen. Dadurch wird – so das OVG NRW -  die Sicherheit der Schmutzwasserbeseitigung erhöht, was der Volksgesundheit dient.

Mit dem Anschluss an den öffentlichen Mischwasserkanal wird aber – so das OVG NRW - bezogen auf das Niederschlagswasser ebenfalls ein gewichtiges öffentliches Interesse verfolgt. Dieser Anschluss diene dem Zweck, das Niederschlagswasser ordnungsgemäß abzuleiten, um so insbesondere Wasserschäden an fremden Grundstücken oder Überschwemmungen etwa von Verkehrsflächen zu vermeiden. Deshalb sei der Anschluss- und Benutzungszwang an den öffentlichen Kanal auch mit dem Eigentums-Grundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) vereinbar.

Dem Anschluss- und Benutzungszwang kann nach dem OVG NRW auch der Einwand der Verwirkung nicht entgegengesetzt werden, weil der Anschluss- und Benutzungszwang an den öffentlichen Abwasserkanal weder der Verjährung noch der Verwirkung unterliegt.

Ebenso verstößt eine Anschluss-Verfügung an den öffentlichen Kanal nur dann gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), wenn die Gemeinde gegen den anschlusspflichtigen Grundstückseigentümer systemwidrig und ohne nachvollziehbare Begründung in zeitlicher und/oder inhaltlicher Hinsicht vorgeht, was im vorliegenden Fall – so das OVG NRW nicht festgestellt werden konnte.   Schlussendlich hat das OVG NRW auch klargestellt, dass der Gemeinde beim öffentlichen Kanalbau und dessen Planung ein weites Ausbauermessen zusteht.

Die Gemeinde habe bei der Ausgestaltung einer öffentlichen Abwasseranlage eine Vielzahl objektiver Gegebenheiten wie Bodenverhältnisse, Topografie, Straßen- und Leitungsverläufe, aber auch ein Geflecht teilweise wiederstreitender öffentlicher und privater Interessen zu berücksichtigen. Dieses weite Ausbauermessen findet – so das OVG NRW - erst dort seine Grenze, wo die Gemeinde es ohne sachlichen Grund einseitig zu Lasten der Anschlusspflichtigen ausnutzt.

Dabei sei es aber nicht Sache des Verwaltungsgerichts zu überprüfen, ob die Gemeinde die sinnvollste und zweckmäßigste Ausbaumaßnahme gewählt habe. In diesem Zusammenhang steht es  - so das OVG NRW - auch im weiten Ausbauermessen der Gemeinde, welche technischen Lösungen (z. B. Freispiegelkanal oder Druckentwässerungssystem) sie in ihrer Entwässerungssatzung zur Grundstücksentwässerung vorsieht (so bereits: OVG NRW, Beschlüsse vom 21.10.2016 – Az. 15 A 872/15 und vom 08.01.2013 – Az. 15 2596/12).

In Anbetracht dessen sei es – so das OVG NRW - auch sachlich vertretbar, dass die beklagte Gemeinde den öffentlichen Mischwasserkanal lediglich in einer Tiefe von 1,35 m verlegt habe, so dass nunmehr eine Hebeanlage auf dem privaten Grundstück erforderlich sei, um das Abwasser in den öffentlichen Kanal einzuleiten. Der Einbau bzw. der Einsatz einer Hebeanlage sei der Klägerin möglich, so dass die Herstellung des Kanalanschlusses technisch nicht unmöglich oder mit unangemessenen Kosten verbunden sei.

Bei einem Wohnhaus sind nach dem OVG NRW Anschlusskosten von etwa 25.000 Euro für ein Schmutz- und Niederschlagswasseranschluss in der Regel als zumutbar anzusehen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Anschlusskosten einschließlich einer Hebeanlage den Rahmen von 25.000 Euro überschreiten würden. Jedenfalls habe die Klägerin nicht schlüssig etwa anderes vorgetragen. Auch ihre Vermutung, eine hinreichende leistungsfähige Hebeanlage koste über 30.000 Euro, habe sie nicht belegt, so dass die Anschlussverfügung insgesamt rechtmäßig sei.

Az.: 24.1.1 qu

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