Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 73/2004 vom 15.12.2003

OVG NRW zur Abrechnung von Mindestentleerungen

Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 14. November 2003 (Az.: 9 A 85/02) das Urteil des VG Aachen vom 9.11.2001 (Az.: 7 K 819/00) bestätigt, wonach es nicht möglich ist, bei der Erhebung der Abfallgebühr - unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme - 8 Mindestentleerungen abzurechnen, wenn über ein Identifikationssystem jede Entleerung des Restmüllgefäßes eines gebührenpflichtigen Benutzers genau registriert wird. Nach dem OVG NRW ist es unter dem Gesichtspunkt der Hygiene und des Seuchenschutzes jedenfalls nicht gerechtfertigt, eine Mindestanzahl von Entleerungen abzurechnen, wenn tatsächlich weniger Entleerungen des Restmüllgefäßes in Anspruch genommen worden sind. Vielmehr sei es der Stadt/Gemeinde möglich, in der Abfallentsorgungssatzung verbindlich den Benutzungszwang in bestimmten zeitlichen Abständen zu regeln, so dass den Anforderungen der Hygiene und des Seuchenschutzes in vollem Umfang Rechnung getragen werden könne. Eine solche Regelung habe die beklagte Stadt in ihrer Abfallentsorgungssatzung nicht getroffen, weil es jedem Benutzer freigestellt sei, in welchen Abständen das Restmüllgefäß zur Entleerung bereitgestellt werde.

Vor diesem Hintergrund könne auch nicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2000 (Az.: 11 C 7.00, NWVBl. 2001, S. 255ff.) zurückgegriffen werden. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht in diesem Urteil ausgeführt, dass die Verfolgung von Lenkungszwecken in Gebührenregelungen grundsätzlich zulässig sei und ein sachlicher Grund für eine (gebührenrechtliche) Ungleichbehandlung daraus folgen könne, dass diese Ungleichbehandlung an Stelle eines behördlichen Überwachungsdrucks ein gewünschtes bzw. verantwortungsbewusstes Verhalten der Abfallbesitzer/-erzeuger bewirken solle. Zugleich habe das Bundesverwaltungsgericht aber auch die Eignung der gebührenrechtlichen Regelung zur Setzung der gewünschten Anreize betont. Diese Eignung sei vorliegend bei der Abrechnung der Mindestentleerungen nicht gegeben, weil es in der beklagten Stadt im Jahr 2000 immerhin 1312 Abfallbehälter mit weniger als 8 Entleerungen und 1151 Abfallbehälter mit genau 8 Entleerungen gegeben habe. Damit bewirke die Abrechnung einer unterstellten Mindestanzahl von 8 Entleerungen des Restmüllgefäßes offensichtlich nicht, dass das Restmüllgefäß spätestens alle 6 Wochen zur Entleerung bereitgestellt werde. Ebenso greife der Hinweis auf § 9 Abs. 2 Satz 5 LAbfG NRW nicht durch. Zwar könnten – so das OVG NRW - nach dieser Vorschrift bei der Gebührenbemessung öffentliche Belange im Interesse einer geordneten Abfallentsorgung (etwa Gesichtspunkte der Hygiene und des Seuchenschutzes oder Vermeidung wilder Müllablagerungen) berücksichtigt werden und gegebenenfalls ein Abweichen von der in § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NRW enthaltenen Vorgabe zur Schaffung von Anreizen für die Abfallvermeidung und –verwertung rechtfertigen. Das VG Aachen habe dieses nicht in Abrede gestellt, sondern vielmehr lediglich deutlich gemacht, dass bei der Abrechnung jeder einzelnen Entleerung des Restmüllgefäßes jede vermiedene Entleerung für den Benutzer den Anreiz einer Einsparung von Abfallgebühren bedeute und es nicht ersichtlich sei, weshalb dieser Anreiz bei Geringnutzern höher sein solle als bei den sonstigen Nutzern, die ihr Restmüllgefäß öfter entleeren lassen würden, als es die (unzulässige) gebührensatzungsrechtliche Regelung zu den (8) Mindestentleerungen vorsehe.

Schließlich verstößt die Abrechnung von 8 Mindestentleerungen nach dem OVG NRW auch gegen § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW, weil sie keinen geeigneten Wahrscheinlichkeitsmaßstab darstellt. Die Mindestabrechnung gehe von der Wahrscheinlichkeitsannahme aus, die Restmüllabfuhr je Restmüllgefäß werde mindestens achtmal in Anspruch genommen. Eine solcher Wahrscheinlichkeitszusammenhang sei aber offensichtlich in den Fällen nicht gegeben, in denen das elektronische Erfassungssystem der Stadt weniger als 8 Entleerungen gezählt habe. Außerdem könne für die Abrechnung von 8 Mindestentleerungen auch nicht auf den Grundsatz der Verwaltungsvereinfachung zurückgegriffen werden, weil bei der Abrechnung der Abfallgebühr nach der Leerungsfrequenz automatisiert durch elektronische Messeinrichtungen an den Abfallbehältern die tatsächliche Inanspruchnahme bekannt sei bzw. ohne nennenswerten Aufwand ermittelbar sei. Deshalb trete durch die Anwendung einer Pauschalierung keine Verwaltungsvereinfachung in dem Sinne ein, dass dadurch ein ansonsten anfallenden übermäßiger Verwaltungsaufwand erspart werde.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf folgendes hin: Der Beschluss des OVG NRW vom Beschluss vom 14. November 2003 (Az.: 9 A 85/02) bestätigt die Rechtsprechung des VG Aachen (Urteil vom 9.11.2001 - Az.: 7 K 819/00 -), wonach sich eine Stadt/Gemeinde selbst ihrer Pauschalierungsbefugnis begibt, wenn sie nicht auf der Grundlage des althergebrachten Gefäßvolumenmaßstabes (pro Liter Restmüllgefäß) abrechnet, sondern einen Entleerungshäufigkeitsmaßstab auf der Grundlage eines elektronischen Zählsystems gewählt hat, bei welchem die Anzahl der Entleerungen des Restmüllgefäßes genau festgehalten werden. Genauere Abrechnungssysteme haben folglich die Konsequenz, dass zielgenau abzurechnen ist. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich auch weiterhin bei der Erhebung der Abfallgebühr mit dem althergebrachten Gefäßvolumenmaßstab zu arbeiten, zumal dieser die Möglichkeit der Pauschalierung bietet, weil aus organisatorischen Gründen nicht jedem Benutzer ein spezifisches Behältervolumen zugeteilt werden kann. Dieses geht bereits deshalb nicht, weil auch Arbeitsschutzvorschriften im Interesse des Gesundheitsschutzes für die Müllwerker einzuhalten sind. Im übrigen kann – wie das OVG NRW zutreffend ausführt – auch bei der Anwendung des Entleerungshäufigkeitsmaßstabes in der Abfallentsorgungssatzung als Benutzungsbedingung für die Abfallentsorgungseinrichtung vorgeschrieben werden, dass die Restmüllgefäße verpflichtend in einem festen Abfuhrturnus von z.B. vier Wochen zur Abholung bereitzustellen sind. Mit einer solchen Regelung kann sichergestellt werden, dass ein Abfuhrturnus vom Abfallbesitzer/-erzeuger eingehalten wird, der Hygiene und Seuchenschutz gewährleistet. Außerdem ist es möglich, über eine Grundgebühr, die fixen Vorhaltekosten für einen solchen vier-wöchentlichen Pflicht-Abfuhrturnus auf alle gebührenpflichtigen Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung zu verteilen. Denn das OVG NRW hat mit Urteil vom 2.2.2000 (Az.: 9 A 3915/98) entschieden, dass die Kosten für den reinen (feststehenden) Abfuhraufwand (z.B. Abfuhr des Restmüllgefäßes alle 14 Tage) dem Bereich der abfallmengenunabhängigen (fixen) Kosten zugeordnet und über eine Grundgebühr im Rahmen der Erhebung einer Abfallgebühr abgerechnet werden können. Hintergrund hierfür ist, dass die Kosten, welche durch einen verpflichtend in der Abfallentsorgungssatzung vorgeschriebenen Abfuhrturnus verursacht werden, unabhängig davon anfallen, wie viel Abfall tatsächlich entsorgt wird.

Az.: II/2 33-10 qu/g

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