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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 87/2000 vom 05.02.2000
OVG NRW zur Abrechnung von Planungskosten
Das OVG NRW hat erstmalig mit Urteil vom 24.11.1999 (Az.: 9 A 5913/96) anerkannt, daß Planungskosten für nicht gebaute und nicht in Betrieb genommene Entsorgungsanlagen auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 LAbfG NRW über die Abfallgebühren abgerechnet werden können.
Das OVG NRW weist zunächst darauf hin, daß mit der Sonderregelung in § 9 Abs. 2 Landesabfallgesetz NRW 1992 der Begriff der ansatzfähigen Kosten für den Bereich der Abfallentsorgung weiter gefaßt worden sei als im Kommunalabgabengesetz NRW. Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Landesabfallgesetz NRW 1992 gehe insoweit als Sondervorschrift für den Bereich der Abfallentsorgung den allgemeinen Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes vor. Denn durch den § 9 Abs. 2 Landesabfallgesetz NRW 1992 ist nach dem OVG NRW der Begriff der ansatzfähigen Kosten für den Bereich der Abfallentsorgung dahin erweitert worden, daß nicht nur Kosten i.S.d. § 6 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz NRW über die Abfallgebühren abgerechnet werden können, sondern alle Aufwendungen, sofern diese im Rahmen der abfallwirtschaftlichen Aufgabenwahrnehmung anfallen. Dies gilt selbst dann, wenn diesen abfallwirtschaftlichen Aufwendungen ein auf die jeweilige Kalkulationsperiode bezogener Werteverzehr für die normale Leistungserbringung im Rahmen der Abfallentsorgung nicht gegenübersteht.
Dieses zeigt sich nach OVG NRW unter anderem daran, daß nach § 9 Abs. 2 LAbfG NRW 1992 auch die Nachsorgekosten für stillgelegte Abfallentsorgungsanlagen (z.B. Abfall-Deponien) zu den ansatzfähigen Kosten gehören und stillgelegte Abfallentsorgungsanlagen insoweit zum Bestandteil der aktuellen (bestehenden) Gesamtanlage erklärt werden. Mit dieser Regelung habe der Landesgesetzgeber die Nachsorgekosten in die Benutzungsgebührenbemessung einbeziehen wollen, obwohl eine konkrete Nutzungsmöglichkeit dieser stillgelegten Anlagen für die gegenwärtigen Nutzer der öffentlichen Einrichtung Abfallentsorgung nicht besteht. Gleichwohl weist das OVG NRW darauf hin, daß der Landesgesetzgeber mit der Sonderregelung zwar das "Ob" eines derartigen Ansatzes geregelt habe, jedoch nicht die Geltung betriebswirtschaftlicher Grundsätze nach § 6 Abs. 2 KAG NRW insbesondere für den Ansatz dieser Kosten aufgehoben habe. Dies bedeutet nach dem OVG NRW konkret, daß für Anlageinvestitionen Kosten nur in Form von kalkulatorischen Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW angesetzt werden dürfen.
Weiterhin führt das OVG NRW in seinem Urteil vom 24.11.1999 aus, daß unabhängig vom Regelungsgehalt in § 9 Abs. 2 LAbfG NRW, Errichtungskosten für Abfallentsorgungsanlagen grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der neuen Abfallentsorgungsanlage aktiviert werden müssen. Dies bedeutet konkret: Die Planungskosten und Errichtungskosten können erst dann über die Abfallgebühren abgerechnet werden können, wenn die neue Abfallentsorgungsanlage in Betrieb gegangen ist.
Nichts anderes gilt nach dem OVG NRW für diejenigen Kosten, die für die Errichtung einer Anlage aufgewandt werden, die später aber - aus welchen Gründen auch immer - nicht in Betrieb geht. Diese Kosten sind zunächst nach dem OVG NRW , d.h. solange, wie die Absicht besteht, die Anlage zu errichten und in Betrieb zu setzen - potentielle Errichtungskosten und müssen als solche behandelt werden. Deshalb sind diese Kosten - solange die beabsichtigte Errichtungsphase andauert - nicht ansatzfähig. Erst wenn sich herausstellt, daß die Anlage nicht bis zur Vollendung gebaut bzw. nicht in Betrieb genommen wird (sog. Investitionsruine) und die bis dahin akkumulierten (aufgelaufenen) Kosten nicht mehr in Form kalkulatorischer Abschreibungen und Zinsen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansetzbar sind, können diese (vergeblichen) Planungs- und Errichtungskosten als ansatzfähiger Aufwand i.S.v. § 9 Abs. 2 LAbfG NRW 1992 in Betracht kommen.
Das OVG NRW weist allerdings darauf hin, daß der Landesgesetzgeber nicht geregelt habe, in welcher Art und Weise dieser akkumulierte Aufwand in die Gebührenkalkulation einzustellen ist, insbesondere ob dies in einer Summe im Folgejahr oder verteilt auf mehrere Gebührenperioden geschehen soll. Insoweit bietet sich nach dem OVG NRW als sachgerechte Ermessenserwägung an, daß der kommunale Satzungsgeber, wenn er den Errichtungsaufwand zunächst über mehrere Jahre akkumulieren mußte, im Interesse der Verhinderung eines erheblichen Gebührensprunges den Ansatz dieser Sonderaufwendungen - der Abschreibung vergleichbar - über mehrere Jahre verteilt, wobei als Eckpunkte einer solchen Verteilung über mehrere Jahre der Zeitraum der vorherigen Akkumulation oder der Zeitraum der potentiellen Nutzung der nicht in Betrieb gegangenen Anlage in Betracht kommen.
Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, daß das OVG NRW mit diesem Urteil deutlich herausgestellt hat, daß die Regelung in § 9 Abs. 2 LAbfG NRW 1992 eine Spezialvorschrift zum KAG NRW ist und damit als Sondervorschrift dem KAG NRW vorgeht. Diesen Charakter des § 9 Abs. 2 LAbfG NRW als Sondervorschrift zum KAG NRW hat der Landesgesetzgeber durch die textliche Neufassung des § 9 Abs. 2 LAbfG NRW 1998 (GV NW 1998 - GV NW 1998, S. 666) nach Auffassung der Geschäftsstelle nunmehr noch klarer herausgestellt. Auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 LAbfG NRW können jetzt auch Planungskosten für nicht verwirklichte Abfallentsorgungsanlagen über die Abfallgebühren abgerechnet werden.
Az.: II/2 33-10