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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 434/2021 vom 27.07.2021
OVG NRW zur Aufstellung von Alttextilien-Containern
Das OVG NRW hat mit Urteil vom 28.05.2021 (Az.: 11 A 390/19- abrufbar unter www.justiz.nrw.de erneut zu der Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine straßenrechtliche Sondernutzerlaubnis zur Aufstellung von gewerblichen Alttextilien-Containern auf öffentlichen Flächen durch die Stadt/Gemeinde straßenrechtlich versagt werden kann. Die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis ist eine Ermessensentscheidung. (§ 18 Straßen- und Wegegesetz NRW – StrWG NRW). Eine Ablehnung kann nur aus Gründen erfolgen kann, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen straßenrechtlichen Gründen gehören laut dem OVG (Urteil vom 28.05.2021 - Az.: 11 A 390/19 - Rz. 60 der Urteilsgründe) - insbesondere: ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrundes und des Zubehörs), die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbildes, d. h. baugestalterische und städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße (Vermeidung einer Übermöblierung des öffentlichen Straßenraums, Schutz eines bestimmten Straßen- und Stadtbildes und Ähnliches).
Ob die Sondernutzung durch einen Altkleider-Sammelcontainer eines gemeinnützigen oder gewerblichen Aufstellers geschieht, ist dabei straßenrechtlich ohne Belang, weil das Sondernutzungsrecht im Grundsatz wirtschafts- und wettbewerbsneutral ist.
Das OVG NRW nimmt in seinem Urteil vom 28.05.2021 (Az.: 11 A 390/19 - Rz. 84 ff.) den Standpunkt ein, dass Ermessensrichtlinien für die Entscheidung der Verwaltung durch Ratsbeschluss festgelegt werden müssen, weil es sich nicht um ein so genanntes Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Die weitere Frage, ob eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von Alttextilien-Containern auf öffentlichen Flächen nur an einen einzigen Sammler (Erlaubnisnehmer) erfolgen kann (Stichwort: „Sammlung aus einer Hand“) lässt das OVG NRW ausdrücklich offen und verweist hier nur auf die unterschiedliche Rechtsprechung zu dieser Frage (bejahend: BayVGH, Urteil vom 19.07.1996 – 8 B 95.730 ; VG Köln, Urteil vom 28.11.204 – 18 K 4839/13 - ; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12.03.2013 – 14 K 889/12 -; verneinend: OVG Saarland, Urteil vom 03.02.2021 – 1 A 198/20 - ; OVG Niedersachsen, Urteile vom 20.07.2017 – 7 LB 58/16 und vom 19.02.2015 – 7 LC 63/13 -). Gleichwohl wird durch das OVG NRW der Hinweis gegeben, dass fraglich ist, ob die „Sammlung aus einer Hand“ durch einen tragfähigen, straßenrechtlichen Grund gerechtfertigt werden kann. Die Begrenzung auf einen einzigen Sammler erleichtere im Zweifelsfall nur die Überwachung für die Stadt.
Allerdings hält das OVG NRW in seinem Urteil vom 28.05.2021 (Az. 11 A 390/19 – Rz. 74 der Urteilsgründe) an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass die Begrenzung der Standorte und der Anzahl der maximal aufzustellenden Altkleidersammelcontainer im Stadt-/Gemeindegebiet unter dem Gesichtspunkt einer Vermeidung einer Übermöblierung des öffentlichen Verkehrsraumes mit verkehrsfremden Gegenständen nicht zu beanstanden ist. Dieser Gesichtspunkt weist- so das OVG NRW – einen nachvollziehbaren, straßenrechtlichen Bezug auf und ist deshalb vom Ermessensspielraum der betroffenen Stadt/Gemeinde grundsätzlich als gedeckt anzusehen (so bereits: OVG NRW, Urteil vom 13.05.2019 – Az. 11 A 2627/18-). Gleichzeitig weist das OVG NRW in seinem Urteil vom 28.05.2021 (Az.: 11 A 390/19 – Rz. 75 und Rz. 76 der Urteilsgründe) ausdrücklich darauf hin, dass es bei der generellen Festlegung konkreter Standorte zur Vermeidung einer Übermöblierung des öffentlichen Verkehrsraums nicht erforderlich ist, jeden einzelnen und damit zugleich ausgeschlossenen Aufstellort in den Blick zu nehmen. Die in Abhängigkeit von der Größe der Gemeinde ins Unermessliche steigende Anzahl potenzieller Standorte, die im Übrigen mit Blick auf im Straßenraum eintretende Veränderungen einem steten Wandel unterliegt, mache – so das OVG NRW - eine derartige Betrachtung bereits faktisch unmöglich. Ausgehend von einer nicht zu beanstandenden Ermessenspraxis kann – so das OVG NRW - einer Ermessensentscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass für jeden einzelnen beantragten und durch eine ermessensgerechte Festlegung der Standorte ausgeschlossenen Aufstellungsort eine individuelle Prüfung der Behörde im Hinblick auf eine Übermöblierung des öffentlichen Verkehrsraums durchgeführt werden muss.
Vor diesem Hintergrund kann die Geschäftsstelle zurzeit nur auf Folgendes hinweisen:
In Anbetracht des Urteils des OVG NRW vom 28.05.2021 (Az.: 11 A 390/19-) verbleibt nur die Möglichkeit, durch Beschluss des Stadtrates/Gemeinderates generell für ein Stadt-/Gemeindegebiet eine bestimmte Anzahl von Containerstandplätzen auf öffentlichen Flächen für das gesamte Stadt-/Gemeindegebiet festzulegen und dieses damit zu begründen, dass dadurch eine Übermöblierung des öffentlichen Verkehrsraumes mit verkehrsfremden Gegenständen ausgeschlossen werden soll (Stichwort: Verschandelung des Stadt-/Gemeindebildes). Ist die Anzahl der durch Ratsbeschluss festgelegten Standplätze im öffentlichen Verkehrsraum erreicht, so muss keine weitere Sondernutzungserlaubnis mehr erteilt werden, weil mit dem vom Stadt-/Gemeinderat beschlossenen Aufstellungskonzept eine Übermöblierung der öffentlichen Straße mit verkehrsfremden Gegenständen verhindert werden soll. Konkret bedeutet dieses: Hat sich der Stadt-/Gemeinderat dazu entschlossen, dass im öffentlichen Verkehrsraum nur 30 Alttextilien-Container auf öffentlichen Flächen im gesamten Stadt- bzw. Gemeindegebiet aufgestellt werden, so muss ein 31. Standplatz nicht mehr genehmigt werden.
Die vorstehende Rechtsprechung des OVG NRW (Urteil vom 28.05.2021 - Az.: 11 A 390/19 –) berücksichtigt noch nicht, dass der Bundesgesetzgeber das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG = Bundesabfallgesetz) im Jahr 2020 erneut geändert hat (GV NRW 2020, S. 2232 ff.). Seit dem Inkrafttreten des geänderten KrWG am 29.10.2020 ist in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 KrWG ausdrücklich geregelt worden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (in NRW: Stadt, Gemeinde, Kreis) verpflichtet ist, Alttextilien getrennt zu sammeln. Das BVerwG hatte bereits mit Urteil vom 11.07.2017 (– 7 C 35.15 –) ausdrücklich klargestellt, dass eine kommunale Sammlung von Alttextilien zur Abfallentsorgungspflicht einer Stadt/Gemeinde gehört, weil es sich bei Alttextilien um Haushaltsabfälle handelt. Hinzu kommt, dass das öffentlich-rechtliche Erfassungssystem der Stadt/Gemeinde jederzeit verfügbar sein muss. Deshalb ist dieses öffentliche Abfallentsorgungssystem laut dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 28.08.2014 - 2 BvR 2639/09) insbesondere durch den Bundesgesetzgeber nachhaltig zu schützen. Die Erfahrungspraxis zeigt zudem, dass gewerbliche Sammlungen für bestimmte (nicht gefährliche) Abfälle regelmäßig nicht mehr durchgeführt werden, wenn die Erlöse nicht mehr auskömmlich sind oder überhaupt keine Erlöse mehr im Rahmen der Verwertung dieser nicht gefährlichen Abfälle zu erzielen sind. In diesem Zusammenhang hatte das OVG Bremen mit Beschluss vom 12.05.2021 (Az.: 1 LA 80/19) ausdrücklich bestätigt, dass die Festsetzung von Kosten und Gebühren für den Einzug und die Einlagerung von gewerblichen Alttextilcontainern in Höhe von über 18.000 € zu Lasten eines (einschlägig bekannten) Alttextilsammlers rechtmäßig ist. Insgesamt muss dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger deshalb vorrangig ermöglicht werden, dass er seine Abfallentsorgungspflicht für Abfälle aus Alttextilien (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 KrWG) erfüllen kann. Hierzu gehört auch die Aufstellung von eigenen Alttextilien-Containern im öffentlichen Straßenraum. Diese abfallrechtliche Pflichtenstellung darf im Bereich des öffentlichen Straßenrechts nicht außer Betracht bleiben, weil eine Stadt/Gemeinde nicht daran gehindert werden darf, ihre öffentlich-rechtlichen Pflichten (hier: Abfallentsorgungspflicht) gesetzeskonform erfüllen zu können. Es wird abzuwarten sein, ob sich dieser Gesichtspunkt zukünftig auch in der straßenrechtlichen Rechtsprechung wiederfinden wird.
Az.: 25.0.2.1 qu