Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 607/2017 vom 29.08.2017

OVG NRW zur Ergänzung vorhandener Windenergieplanungen

Eine Gemeinde muss kein neues Planungskonzept für den gesamten Außenbereich erarbeiten, wenn sie neben bereits vorhandenen Konzentrationszonen weitere Sonderbauflächen für Windenergieanlagen ausweisen will. Das hat das OVG NRW in seinem Urteil vom 17.05.2017 entschieden (Az. 2 D 22/15.NE). Die Klage richtete sich gegen einen Bebauungsplan, der fünf Baufenster für die Errichtung von Windenergieanlagen vorsah. In einer früheren Änderung des Flächennutzungsplanes für das Stadtgebiet waren bereits wirksam Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung dargestellt worden.

Die dort festgelegten Vorrangflächen waren allerdings inzwischen vollständig belegt. Im Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 S. 1 BauGB war deshalb auch der Flächennutzungsplan angepasst worden, um eine „Sonderbaufläche Windenergienutzung in Kombination mit landwirtschaftlicher Nutzung“ darzustellen. Weitere Änderungen gegenüber der früher geltenden Fassung des Flächennutzungsplanes erfolgten nicht. Die Antragstellerin machte geltend, dass die Stadt bei der Änderung des Flächennutzungsplanes nicht das gesamte Stadtgebiet berücksichtigt, sondern lediglich das fragliche Gebiet für eine Windenergienutzung geöffnet habe.

Dies diene offenbar allein dazu, die in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an eine gesamträumliche Konzentrationsflächenplanung nicht anwenden zu müssen. Bauleitplanung im Außenbereich zur Schaffung von Baurechten für die Windenergienutzung zu betreiben, ohne sich im Rahmen der Abwägung mit einem schlüssigen gesamträumlichen Konzept der Gemeinde zu beschäftigen, sei unzulässig, wenn bereits Konzentrationszonen existierten. 

Dem ist das OVG nicht gefolgt. Die hier vorliegende, isolierte Positivplanung könne auf § 249 Abs. 1 Satz 1 BauGB gestützt werden. Denn nach dieser Vorschrift bleibt die Wirkung der vorhandenen Konzentrationszonen — also die Entprivilegierung von Windenergieanlagen im übrigen Außenbereich (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) — unberührt, wenn im Zuge einer späteren Änderung zusätzliche Flächen für die Nutzung von Windenergie dargestellt werden. Die mit dem BauGB-Änderungsgesetz 2011 eingeführte Regelung diene im Rahmen der verstärkten Förderung des Klimaschutzes der Beseitigung von Rechtsunsicherheiten für Gemeinden, die bereits eine Konzentrationszonenplanung im Rahmen eines schlüssigen Gesamtkonzeptes vorgenommen haben, und nunmehr — aus welchen Gründen auch immer — erweiterte Möglichkeiten für die Nutzung der Windenergie zur Verfügung stellen möchten.

Hieran sollten sie nicht wegen der Sorge gehindert werden, dass mit der Darstellung zusätzlicher Flächen zur Nutzung der Windenergie das bisherige gesamträumliche, schlüssige Planungskonzept infrage gestellt wird. Hierfür spreche auch, dass eine Gemeinde bei der vorherigen gesamträumlichen Planung nicht verpflichtet sei, sämtliche Flächen, die sich für den Betrieb von Windenergieanlagen abstrakt eignen, als Vorrangflächen darzustellen. Entscheidend sei allein, dass im Ergebnis der Windenergienutzung im Planungsraum substanziell Raum verschafft wird.

Oberhalb dieser Mindestgrenze sei es ihr freigestellt, in der planerischen Beurteilung weitere Flächen für Windkraftanlagen bereitzustellen. Sie sei nicht zu einer Maximalplanung verpflichtet. Aus diesem gesetzgeberischen Hintergrund folge zugleich, dass die Ausweisung zusätzlicher Flächen für die Nutzung von Windenergie nicht ihrerseits auf einem den gesamten Außenbereich der Gemeinde umfassenden Planungskonzept beruhen muss. Denn in diesem Fall wäre die Regelung des § 249 Abs. 1 BauGB letztlich überflüssig.  

Anmerkung 

Die Entscheidung ist aus kommunaler Sicht zu begrüßen. Sie stärkt die Planungshoheit der Städte und Gemeinden. Dass die Ausweisung zusätzlicher Windenergieflächen ohne ein neues gesamträumliches Konzept der Kommune zulässig ist, lässt sich nämlich nicht unmittelbar aus § 249 Abs. 1 BauGB entnehmen. Dem Wortlaut nach wird nur geregelt, dass die Wirkung der vorhandenen Flächen als Vorrangzonen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unberührt bleibt. Offen gelassen wird dagegen, welchen Anforderungen die Planung der neuen Flächen unterliegt.

Das OVG Münster zieht aus der Norm aber zu Recht den weitergehenden Schluss, dass wegen der zusätzlichen Ausweisung kein neues (und mit hohem Aufwand verbundenes) Plankonzept für den gesamten Außenbereich erstellt werden muss. Nach Auffassung des Gerichts sollte mit § 249 Abs. 1 BauGB vermieden werden, dass Gemeinden aus Angst vor Fehlern im bestandskräftigen Planungskonzept auf die Ausweisung neuer Standorte für Windenergieanlagen insgesamt verzichten. Zu beachten ist, dass im konkreten Fall auch ein entsprechender Bebauungsplan aufgestellt wurde. Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn bei einer isolierten Ausweisung von Eignungsflächen die dem ursprünglichen Planungskonzept des Flächennutzungsplans zugrunde liegenden Ausschlusskriterien konterkariert würden, hat das OVG offen gelassen.

Az.: 20.1.4.1-005/001

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