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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 737/1999 vom 20.10.1999
OVG NRW zur Getrennten Regenwassergebühr und Dachbegrünung
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat mit Urteil vom 1. September 1999 (Az.: 9 A 5715/98) entschieden, daß bei der Erhebung einer getrennten Regenwasserbeseitigungsgebühr nicht nur der Gebührenmaßstab "bebaute und/oder versiegelte Fläche", sondern auch der Gebührenmaßstab "befestigte Grundstücksfläche" noch hinreichend bestimmt ist.
Das OVG NRW weist darauf hin, daß es bei der Anwendung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabs genügt, wenn der von der Gebührenmaßstabsregelung vorausgesetzte Zusammenhang zwischen der Gebührenbemessung und der Art und dem Umfang der Inanspruchnahme denkbar und nicht offensichtlich unmöglich ist. Diesen Anforderungen genügt nach dem OVG NRW bei der getrennten Regenwasserbeseitigungsgebühr auch der Maßstab "befestigte Grundstücksfläche". Dieser berücksichtigt zwar nur einen der für das Maß der Inanspruchnahme aussagekräftigen Parameter, nämlich die Befestigung als solche. Die damit verbundene Vernachlässigung aller übrigen Parameter, wie etwa der Verschmutzung des Niederschlagswassers, des jeweiligen Neigungswinkels und der Art der Befestigung und - damit verbunden - des Grades der Bodenverdichtung, ist jedoch nach dem OVG NRW gerechtfertigt. Denn im Rahmen der zulässigen Pauschalierung kann davon ausgegangen werden, daß bei der mit einer Befestigung verbundenen Verdichtung des Bodens das bei Regenfällen schlagartig auftretende Niederschlagswasser mangels ausreichender Versickerung oder Verdunstung zur Beseitigung abgeleitet werden muß und die Menge des abzuleitenden Wassers steigt, je größer die befestigte Grundstücksfläche ist. Zwar liegt es nach dem OVG NRW auf der Hand, daß mit dem Begriff der "befestigten Grundstücksfläche" die unterschiedlichen Befestigungsmaterialien und -arten und das damit zusammenhängende differenzierende Maß der Oberflächenverdichtung und die Menge des abgeleiteten Oberflächenwassers nicht im einzelnen berücksichtigt werden. Gleichwohl ist dieses nach dem OVG NRW durch den weiten Ermessensspielraum der Gemeinde bei der Festlegung von Wahrscheinlichkeitsmaßstäben nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW gedeckt.
In diesem Zusammenhang weist das OVG NRW darauf hin, es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der im Rahmen des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (Gleichbehandlungsgrundsatz) zu beachtende Grundsatz der Typengerechtigkeit verletzt sei. Soweit aufgrund der Verwendung besonderer Befestigungsmaterialien das auf dem jeweiligen Grundstück anfallende Niederschlagswasser (Regenwasser) insgesamt dort verbleibt, kann diesem Umstand dadurch Rechung getragen werden, daß in der Gebührensatzung eine Gebührenerhebung für die Ableitung von Regenwasser nur insoweit vorgesehen wird, als von dem jeweiligen Grundstück überhaupt Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage gelangt.
Nach dem OVG NRW genügt es auch, wenn für begrünte Dachflächen in der Gebührensatzung ein Gebührennachlaß gewährt wird. Denn die Gebührenabschlagsregelung für Dachbegrünungen beruht nach dem OVG NRW auf der im Rahmen einer pauschalierenden Betrachtung gewonnenen Erkenntnis, daß eine ordnungsgemäß dimensionierte und ausgeführte Dachflächenbegrünung grundsätzlich geeignet ist, dauerhaft einen signifikanten Teil des bei Niederschlägen auftreffenden Oberflächenwassers aufzunehmen, ohne ihn - auch nicht verzögert - abzuleiten. Dabei weist das OVG NRW darauf hin, daß eine dementsprechende Eignung anderer Materialien zur Oberflächenbefestigung, insbesondere unter dem Aspekt der Gewährleistung einer dauerhaften Absorption, nicht generell unterstellt werden kann. Denn anders als bei der Dachflächenbegrünung kommt es zur Beurteilung der Absorptionsfähigkeit nicht nur auf das zur Bodenbefestigung unmittelbar verwendete Material, sondern auch auf die Art und Weise der jeweiligen Gründung im Einzelfall an, was der Annahme einer Dachflächenbegrünung entsprechenden generellen Eignung dieser Materialien zur Aufnahme von Niederschlagswasser von vornherein entgegensteht.
Die Geschäftsstelle empfiehlt, entsprechend § 5 der Muster-Beitrags- und Gebührensatzung (Stand: 01.09.1999) bei der Erhebung einer getrennten Regenwasserbeseitigungsgebühr (Niederschlagswasserbeseitigungsgebühr) weiterhin den Gebührenmaßstab "bebaute/versiegelte Grundstücksfläche" anzuwenden, weil dieser Gebührenmaßstab umfassender ist und bereits durch das OVG NRW mit Urteil vom 20. März 1997 (Az.: 9 A 1921/95, NWVBl. 1997, S. 422) für zulässig erachtet worden ist. Im übrigen folgt aus dem Urteil des OVG NRW vom 1.9.1999 (Az.: 9 A 5715/98), daß es grundsätzlich ausreicht, wenn für Dachbegrünungen lediglich ein satzungsrechtlich verankerter Gebührenabschlag bzw. Gebührennachlaß gewährt wird. Für Flächen mit anderen Materialien zur Oberflächenbefestigung kann aus dem Urteil des OVG NRW entnommen werden, daß insoweit vom Grundstückseigentümer bzw. Gebührenschuldner plausibel und nachvollziehbar darzulegen ist, weshalb von diesen Flächen dauerhaft kein Regenwasser in die gemeindliche Abwasseranlage gelangt. Denn anders als bei der Dachflächenbegrünung kommt es nach dem OVG NRW zur Beurteilung der Absorptionsfähigkeit (Regenundurchlässigkeit) des konkreten Bodenbelages im Gegensatz zur Dachflächenbegrünung nicht nur auf das zur Bodenbefestigung unmittelbar verwendete Material, sondern auch auf die Art und Weise der jeweiligen Gründung im Einzelfall an. Es ist daher durch den Gebührenpflichtigen der Nachweis zu führen, daß das auf der in Rede stehenden befestigten Fläche auftreffende Regenwasser nicht in die gemeindliche Abwasseranlage gelangt, sondern durch diese Fläche und das zur Oberflächenbefestigung verwendete Material dauerhaft absorbiert ("durchgelassen") wird.
Az.: II/2 24-21