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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 280/2019 vom 21.05.2019
Oberverwaltungsgericht NRW zu Gewässereigenschaft
In der Praxis stellt sich oftmals die Frage, ob ein Wasserlauf (noch) ein oberirdisches Gewässer im Sinne des § 3 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ist oder die Eigenschaft eines oberirdischen Gewässers bereits verloren gegangen ist. Unter einem oberirdischen Gewässer wird gemäß § 3 Nr. 1 WHG das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser verstanden. Unter den Begriff des oberirdischen Gewässers fallen danach insbesondere Flüsse, Bäche und Seen. Dabei ist nach der Gesetzesdefinition eine Quelle für die Annahme eines oberirdischen Gewässers nicht erforderlich ist, sondern es genügt, wenn Wasser in einem sog. Gewässerbett geführt wird.
Nunmehr hat das OVG NRW mit Beschluss vom 29.04.2019 (Az. 20 A 3187/17) herausgestellt, dass es für die Annahme eines oberirdischen Gewässers (u. a. Fluss, Bach) und seiner grundsätzlichen Einbindung in den natürlichen Wasserkreislauf nicht darauf ankommt, ob der konkrete Wasserlauf in seiner unteren bzw. seitlichen Eingrenzung durch künstliche Baustoffe geprägt ist.
Auch einer solchen Eingrenzung eines Gewässer(bettes) durch künstliche Baustoffe steht nicht entgegen, dass ein Wasserlauf als oberirdisches Gewässer im Sinne des § 3 Nr. 1 WHG angesehen wird, denn entscheidend ist die zentrale Einbindung des Wasserlaufes in den natürlichen Wasserkreislauf, die sich in der Teilhabe an den Gewässerfunktionen zeigt. Diese Teilhabe an den natürlichen Prozessen wie Verdunstung und Aufnehmen von Regenwasser sei im konkret zu entscheidenden Fall nicht als ausgeschlossen anzusehen. Soweit sich Wasser in einem Gewässerbett befindet und dort an den Gewässerfunktionen teilhat, steht es – so das OVG NRW – in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Wasservorkommen in der Natur und soll dann auch dem Regime des Wasserrechts unterliegen.
Ebenso weist das OVG NRW darauf hin, dass eine Gewässereigenschaft auch dann angenommen werden kann, wenn ein Wasserlauf in Teilstrecken verrohrt ist, denn durch eine Gewässer-Verrohrung wird die Einbindung des konkreten Wasserlaufes in den natürlichen Wasserkreislauf grundsätzlich nicht unterbrochen, sondern diese Einbindung besteht fort, weil das Wasser lediglich durch die Verrohrung fließt.
Weiterhin kommt es auch nicht darauf an, ob der konkrete Wasserlauf als oberirdisches Gewässer viel oder wenig Wasser führt. Dieses ergibt sich bereits aus der Gesetzdefinition in § 3 Nr.1 WHG, wonach ein oberirdisches Gewässer auch dann vorliegt, wenn zeitweilig wild abfließendes Wasser in einem Gewässerbett vorzufinden ist. Deshalb bleibt auch ein zeitweilig trockner Wasserlauf grundsätzlich ein Gewässer.
Schließlich stellt das OVG NRW klar, dass grundsätzlich bezogen auf einzelne Teilstrecken eines Gewässers auch eine unterschiedliche Beurteilung mit Blick auf die Gewässereigenschaft erfolgen kann. Eine vollständige Einbeziehung eines Wasserlaufs in eine Abwasseranlage, die nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 27.01.2011 – Az.: 7 C 3.10 - ) das Ende der Gewässereigenschaft herbeiführt, kann aber nach dem OVG NRW noch nicht darin gesehen werden, dass Niederschlagswasser von Anliegergrundstücken als Abwasser (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 WHG) zusätzlich zu dem im Wasserlauf befindlichen sonstigen Wasser in ein Gewässer eingeleitet wird.
Denn eine solche Einleitung bewirkt nach dem OVG NRW noch nicht, dass der Wasserlauf vom natürlichen Wasserkreislauf abgesondert wird. Dieses ist – so das OVG NRW - erst dann der Fall, wenn das Wasser des Wasserlaufs in technisch geschlossenen Leitungen einer Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird (vgl. OVG Sachsen, Urteil vom 23.3.2017 – Az.: 5 A 241/16 – OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2017 – OVG 9 N 106.16 – BayVGH, Beschluss vom 17.11.2016 – 8 ZB 14.543).
Az.: 24.0.5 qu