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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 782/2024 vom 29.11.2024
OVG NRW zur Gewässerunterhaltungsgebühr
Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG NRW) hat mit Beschluss vom 11.11.2024 (Az. 9 A 1957/20) einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des VG Münster (Az. 7 K 1505/19) abgelehnt. Der Kläger hatte gegen einen Gebührenbescheid über die Erhebung einer Gewässerunterhaltungsgebühr gemäß § 64 Landeswassergesetz NRW (LWG NRW) Anfechtungsklage erhoben.
In § 64 Abs. 1 LWG NRW ist geregelt, dass die Gemeinde den Aufwand für die Unterhaltung der fließenden Gewässer zweiter Ordnung und der sonstigen Gewässer zur Erreichung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss sowie die Beträge, welche die Gemeinde an die Kreise oder Wasser- und Bodenverbände bei deren Zuständigkeit für die Gewässerunterhaltung abführen muss, als Gebühren gemäß den §§ 6 und 7 KAG NRW durch Satzung auf die sog. Erschwerer (§ 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LWG NRW) und die Eigentümer von Grundstücken im seitlichen Einzugsgebiet eines Gewässers (§ 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LWG NRW) umlegen kann.
Die Aufgabe der Gewässerunterhaltung (§ 39 WHG, §§ 61, 62 LWG NRW) hat insbesondere zum Inhalt, den ordnungsgemäßen Wasserabfluss in den Flüssen und Bächen (Gewässer) sicherzustellen, damit Abflusshindernisse nicht zu Überflutungen auf den Grundstücken im Einzugsgebiet des Gewässers führen.
Erschwerer sind z. B. Eigentümer von Gewässer-Verrohrungen, Brücken, Einleitungsstellen von öffentlichen Regenwasserkanälen in ein Gewässer (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2019 – Az.: 5 K 5516/18 - Gartenhaus; VG Köln, Urteil vom 12.12.2017 – Az.: 14 K 1026/15 – Kastendurchlass unter einer Bahnstrecke). Erschwernis-Kosten müssen vom Gesamtaufwand nachweisbar (keine Schätzung) vorab ermittelt werden (OVG NRW, Beschluss vom 03.05.2012 – 15 A 1406/10 -) und auf die sog. Erschwerer gesondert und verursachergerecht verteilt werden. Dabei ist der Maßstab der Anlagen-/Hindernislänge (pro laufenden Meter) ein sachgerechter Maßstab zur Ermittlung der erschwernisbedingten Mehrkosten bei der Gewässerunterhaltung (so jedenfalls: VG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2021 – 5 K 5524/18 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2019 – 5 K 5516/17).
Die nach Absetzung des Erschwerer-Aufwandes vom Gesamtaufwand verbleibenden Kosten tragen gemäß § 64 Abs. 1 Satz 7 LWG NRW die Eigentümer der Grundstücke im seitlichen Einzugsgebiet, wobei 90 % auf die befestigten Flächen und 10 % auf die übrigen Flächen verteilt werden. Dabei hat der Landesgesetzgeber in § 64 Abs. 1 Satz 8 LWG NRW als Gebührenmaßstab (Kostenverteilungsschlüssel) den Quadratmeter Grundstücksfläche gesetzlich vorgegeben (so: VG Münster, Urteil vom 25.05.2022 - Az. 7 K 784/20 - nicht rechtskräftig -; VG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2018 – Az.: 17 K 13292/17 – zu § 64 LWG NRW – nicht rechtskräftig).
Das OVG NRW hat sich mit Beschluss vom 11.11.2024 (Az. 9 A 1957/20) nunmehr erstmalig mit der Umlage-Regelung in § 64 LWG NRW auseinandergesetzt. Laut dem OVG NRW hat der Landesgesetzgeber in § 64 Abs. 1 Satz 7 KWG NRW die Umlage der Kosten zu 90 % auf die versiegelten Flächen und zu 10 % auf die übrigen Flächen abschließend geregelt. Bezogen auf die nicht versiegelten Flächen sei – so das OVG NRW - im Gesetz keine weitere Differenzierung (z. B. was wird auf einem Acker angebaut) vorgesehen. Die Unterscheidung zwischen versiegelten und übrigen Flächen sei somit nach dem Willen des Landesgesetzgebers abschließend. Eine weitergehende Differenzierung sei bewusst aufgegeben worden (vgl. Landtags-Drucksache 16/10799/, S. 489; ebenso: VG Münster, Urteil vom 25.05.2022 - Az. 7 K 784/20 - nicht rechtskräftig -; VG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2018 – Az.: 17 K 13292/17 – nicht rechtskräftig).
Der Kläger habe – so das OVG NRW - weiterhin keine substantiierten Einwendungen gegen die Kalkulation der Gewässerunterhaltungsgebühr bzw. gegen einzelne, angesetzte Kostenpositionen erhoben. Insoweit sei ein Verwaltungsgericht bei der Überprüfung von Satzungsregelungen nicht gehalten „gleichsam ungefragt“ nach Fehlern zu suchen.
Ebenso habe die beklagte Stadt die versiegelten Flächen nicht fehlerhaft ermittelt, weil in der Satzung geregelt sei, dass auf der Grundlage von Luftbildern ein zeichnerischer Lageplan entwickelt werde und der Grundstückseigentümer sodann verpflichtet sei, zu dem zeichnerischen Lageplan Stellung zu nehmen, ob die Flächen durch die Gemeinde zutreffend ermittelt worden seien (Mitwirkungspflicht).
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Mit der Änderung des LWG NRW (Inkrafttreten: 18.05.2021 – GV. NRW. 2021, S. 560 ff.) ist der Begriff „versiegelte Fläche“ durch den Begriff „befestigte Fläche“ ersetzt worden (LT-Drucksache: 17/9942, S. 41, 100). Der Begriff „befestigt“ ist klarer verständlich und erleichtert die Abgrenzung zu den übrigen (unbefestigten) Flächen.
Das OVG NRW hat in seinem Beschluss vom 11.11.2024 (Az. 9 A 1957/20) nicht entschieden, ob eine Gewässerunterhaltungs-Einheitsgebühr für das gesamte Gebiet zulässig ist (so aber: VG Münster, Urteil vom 18.11.2021 – Az.: 7 K 857/20 – nicht rechtskräftig -).
Das OVG NRW weist aber in seinem Beschluss vom 11.11.2024 (Az. 9 A 1957/20) darauf hin, dass der Einwand des Klägers nicht durchgreift, dass die Gebührensätze für versiegelte und unversiegelte Flächen in demselben Wasser- und Bodenverbandsgebiet unterschiedlich hoch ausfielen, je nachdem, in welchem Gemeindegebiet diese Flächen liegen. Laut dem OVG NRW kann damit aber kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) erfolgreich geltend gemacht werden, denn der Gleichbehandlungsgrundsatz gibt lediglich eine Gleichheit vor dem jeweiligen Gesetzgeber (hier: der jeweiligen Gemeinde) vor, die eine Gewässerunterhaltungsgebühr für in ihrem Gebiet liegende Grundstücke erhebt.
Unabhängig davon ist zu beachten, dass allein die schlichte Lage des Grundstücks im seitlichen Einzugsgebiet eines Gewässers entscheidend ist und nicht, ob Wasser von diesem Grundstück tatsächlich in das zu unterhaltende Gewässer seitlich zufließt (so: BVerwG, Urteil vom 29.04.2020 – Az.: 7 C 29.18 – zum sog. weiten Vorteilsbegriff; VG Münster, Urteil vom 25.05.2022 - Az. 7 K 784/20 - nicht rechtskräftig -; VG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2018 – Az.: 17 K 13292/17 –).
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass es nicht darauf ankommt, ob Flächen an den öffentlichen Kanal angeschlossen sind, weil hierauf in § 64 Abs. 1 LWG NRW im Gesetzestext nicht abgestellt wird, sondern es wird nur auf die befestigten (vor dem 18.05.2021: versiegelten) und die übrigen (unbefestigten) Flächen auf einem Grundstück Bezug genommen (so: VG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2018 – Az.: 17 K 13292/17 – zu § 64 LWG NRW - nicht rechtskräftig -).
Nicht entschieden ist durch das OVG NRW weiterhin, ob ein Erdbeertunnel („Überdachung für ein Erdbeer-Feld“) als befestigte Fläche einzuordnen ist (so aber: VG Münster, Urteil vom 25.05.2022 - Az. 7 K 784/20 - nicht rechtskräftig -). Es bleibt deshalb auch hier weiterhin abzuwarten, wie das OVG NRW diese Frage entscheiden wird.
Az.: 25.0.15 qu