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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 196/2022 vom 01.03.2022
OVG NRW zur Niederschlagswasserbeseitigung
Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 01.12.2021 (Az. 2 B 343/21.NE – abrufbar unter www.justiz.nrw.de) entschieden, dass ein Bebauungsplan wegen eines bauplanerischen Abwägungsdefizites rechtsfehlerhaft ist, wenn der Belang der ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung nicht im Rahmen der bauplanerischen Abwägung ausreichend Berücksichtigung gefunden hat. Bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes sind die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB). Die Abwasserbeseitigung gehört daher – so das OVG NRW – zu den Belangen, die nach Lage der Dinge regelmäßig in die nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotene, bauplanerische Abwägung einzustellen sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB). Abwasser, zu dem auch das Niederschlagswasser gehört (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG), ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird (§ 55 Abs. 1 Satz 1 WHG).
Zur Beachtung dieser allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und den Eigentumsschutz (Art 14 Grundgesetz), hat die Gemeinde als Bauleitplanungsträger schon bei der Planung Gefahrensituationen zu ermitteln und in die bauplanerische Abwägung einzustellen, die als Folge der Planung entstehen oder verstärkt werden können. Das durch Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz geschützte Eigentum gehört – so das OVG NRW – in hervorgehobener Weise zu den abwägungserheblichen Belangen. Der Planung muss deshalb eine Erschließungskonzeption zugrunde liegen, nach der das im Plangebiet anfallende Schmutz- und Niederschlagswasser so beseitigt werden kann, dass auch Gesundheit und Eigentum der Planbetroffenen diesseits und jenseits der Plangrenzen keinen Schaden nehmen. Überschwemmungen und Wasserschäden als Folge der Planverwirklichung müssen die Nachbarn des Plangebietes ebenso wenig hinnehmen wie die Bewohner des Plangebietes selbst. Dieses bedeutet, dass die Gemeinde als Bauleitplanungsträgerin Vorkehrungen treffen muss, durch die sichergestellt wird, dass die Beeinträchtigung des Grundeigentums auf ein Maß zurückgeführt wird, welches mit dem Eigentumsschutz in Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz noch vereinbar ist. Bei dem Beschluss über den Bebauungsplan muss die Gemeinde deshalb davon ausgehen können, dass das für das Plangebiet notwendige (öffentliche) Entwässerungssystem in dem Zeitpunkt tatsächlich vorhanden und funktionstüchtig sein wird, in dem die nach dem Bebauungsplan zulässigen baulichen Anlagen fertiggestellt und nutzungsreif sein werden.
In dem entschiedenen Fall hat das OVG NRW den Bebauungsplan als abwägungsfehlerhaft eingestuft, weil insbesondere nicht ersichtlich war, dass die vorgesehene Entwässerungskonzeption eine ordnungsgemäße Niederschlagswasserbeseitigung ermöglichte. Vorgesehen war, dass das Erschließungsgebiet an das vorhandene bestehende sowie öffentliche Regenwasserkanalnetz angeschlossen werden konnte, wenn der Zulauf auf 10 Liter pro Sekunde gedrosselt wird. Dafür war der Bau eines circa 50 m langen und DN 1.400 hohen Stauraumkanals vorgesehen. Es war aber – so das OVG NRW – nicht erkennbar, dass die Dimensionierung des Stauraumkanals mit einer Länge von „circa 50 m“ für eine ordnungsgemäße Niederschlagswasserbeseitigung ausreichend sein würde. Ist – so das OVG NRW – für die Realisierung der Planung neben einer Entwässerungskonzeption innerhalb des Plangebietes zusätzlich eine Ertüchtigung des öffentlichen Kanalnetzes außerhalb des Plangebietes erforderlich, so muss der Plangeber konkrete Vorkehrungen dahin treffen, dass diese mit der Planung hinreichend vorgegeben werden. Ist dieses nicht der Fall, so leidet der Bebauungsplan an einem bauplanerischen Abwägungsdefizit.
Az.: 24.1.1 qu