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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 716/2024 vom 02.10.2024
OVG NRW zur Untersagung einer gewerblichen Abfallsammlung
Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 27.06.2024 (Az. 20 A 838/20) die Untersagungsverfügung einer unteren Abfallwirtschaftsbehörde bezogen auf eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien als rechtswidrig erachtet. Laut dem OVG NRW konnte die zuständige Abfallwirtschaftsbehörde bei der Anzeige der gewerblichen Sammlung gemäß § 18 KrWG (Kreislaufwirtschaftsgesetz = Bundeabfallgesetz) keinen Anlehnungsgrund darin sehen, dass der gewerbliche Sammler keine Angabe über die konkreten Containerstandorte gemacht hat. Gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG sei der gewerbliche Sammler – so das OVG NRW – nur verpflichtet, bei der Anzeige der gewerblichen Sammlung (hier: für Alttextilien) Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung zu machen. Sammlungsbezogene Angaben in diesem Sinne seien Angaben über
- den Gegenstand der Sammlung (Was soll gesammelt werden?),
- deren zeitlichen und räumlichen Umfang (Wo im Landkreis, in welcher Gemeinde soll gesammelt werden? - Wann, wie oft und wie lange soll gesammelt werden und welche Mindestdauer ist geplant?)
- und die Art der Durchführung (im Hol- oder Bringsystem, in eigener Regie oder durch einen Dritten gesammelt? ; vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24.01.2019 – Az. 7 C 14.17).
Die zuständige Behörde müsse somit anhand der Angaben des Anzeigenden prüfen können, ob eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung erfolgt und ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten gefährdet ist.
Weitergehende Angaben oder Nachweise, die dafür nicht erforderlich sind, dürfen – so das OVG NRW - grundsätzlich nicht verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.01.2019 – Az. 7 C 14.17-; OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 – Az. 20 B 476/13-).
Die Angabe der Gemeindegebiete oder Stadtviertel, in denen gesammelt werden soll, ist danach laut dem OVG NRW grundsätzlich erforderlich, weil es für die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in der Regel von Bedeutung ist, ob eine flächendeckende oder eine nur auf bestimmte Gebiete beschränkte Sammlung beabsichtigt ist.
Eine Standortliste ist hierfür nicht erforderlich. Die Angabe des Standortes kann – so das OVG NRW – zwar hilfreich sein, um den voraussichtlichen Einzugsbereich zu bestimmen. Die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist laut dem OVG NRW aber nicht berührt, wenn Stellplätze ausgetauscht oder Container versetzt werden, ohne die Verteilung im Stadtgebiet wesentlich zu verändern.
Für die Prüfung, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesen beauftragten Dritten gefährdet ist, ist laut dem OVG NRW die Angabe des Sammelgebiets, also des Einzugsbereichs der aufgestellten Container grundsätzlich ausreichend. Zudem weist das OVG NRW darauf hin, dass die Angabe der konkreten Containerstandorte im Gesetz nicht vorgesehen ist und im Übrigen auch nicht praktikabel wäre, da jede Umsetzung oder Neuaufstellung eines Containers eine Änderung oder Ergänzung der Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 KrWG erforderlich machen würde.
Gleichwohl weist das OVG NRW ebenso darauf hin, dass die Kenntnis der konkreten Containerstandplätze von Bedeutung sein könne, um die Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 KrWG zu prüfen. Zu den für die Bewertung der Zuverlässigkeit bedeutsamen Anforderungen gehört nicht allein die Betrachtung der unmittelbar dem Schutz der Umwelt bei der Bewirtschaftung von Abfällen dienenden Vorschriften. Vielmehr sind auch sonstige Vorschriften von Belang, die den rechtlichen Rahmen der Abfallsammlung bilden. Hierzu gehören insbesondere straßenrechtlichen und privatrechtlichen Bestimmungen über die Nutzung von Flächen zum Aufstellen von Sammelcontainern (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.07.2020 – Az. 7 C 30.18- und Beschluss vom 25.11.2021 – Az. 7 B 7.21-).
Dennoch können – so das OVG NRW – auf die Prüfung der Zuverlässigkeit bezogene Angaben bei der Anzeige gemäß § 18 Abs. 2 nicht gefordert werden. Das Anzeigeverfahren habe einen primär Sammlungs- und nicht personenbezogenen Normzweck. Es sei keine präventive Prüfung der Zuverlässigkeit vorgesehen, hierzu seien auch keine Unterlagen beizufügen (vgl. BVerwG, Urteile vom 08.07.2020 – Az. 7 C 30.18- und vom 01.10.2015 – Az. 7 C 8.14-).
Außerdem müssen – so das OVG NRW – durch den gewerblichen Sammler keine Angaben über den Verbleib der Abfälle (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 KrWG) und keine Darlegung der innerhalb des Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung ihrer Kapazitäten erfolgen. Die Mindestanforderungen des § 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG sind dann erfüllt, wenn – so das OVG NRW – aufgezeigt wird, dass der gesamte Abfall von einem oder mehreren Entsorgungsunternehmen abgenommen wird.
Eine nachvollziehbare Schilderung eines pauschalen Verwertungsweges und die schriftliche Erklärung des die erfassten Abfälle übernehmenden Entsorgungsunternehmens zur Abnahme der Abfälle seien ausreichend. Mit Blick auf § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG genügt – so das OVG NRW – ein pauschaler Vortrag insbesondere unter Hinweis der allgemeinen Verhältnisse im betreffenden Marktsegment (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.01.2019 – Az. 7 C. 14.17-). Die Darlegung einer lückenlosen Kette des Verwertungsweges bis zum Abschluss der Verwertung einschließlich der Verwertungsverfahren und der genutzten Anlagen kann deshalb grundsätzlich nicht verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 – Az. 7 C 5.15-; OVG NRW, Urteile vom 20.11.2018 – Az. 20 A 953/17-; OVG NRW, Urteil vom 22.02.2018 – Az. 20 A 818/15-). Das OVG NRW hat zudem moniert, dass die zuständigen unteren Abfallwirtschaftsbehörde nicht substantiiert dargelegt hat, welche konkreten Angaben nach ihrer Auffassung noch erforderlich wären. Jedenfalls könne die zuständige Behörde überprüfen, ob die schriftliche Erklärung des abnehmenden Unternehmens bezogen auf die eingesammelten Alttextilien ausreichend sind, da sie die Behörde in die Lage versetzen im Einzelfall die Richtigkeit der Angaben und die ordnungsgemäße Verwertung zu überprüfen.
Schließlich weist das OVG NRW darauf hin, dass eine vor dem Beginn der Alttextilien-Sammlung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bereits durchgeführte, private Sammlung die Funktionsfähigkeit der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährden kann, weil sie keine Umgestaltung bestehender Entsorgungsstrukturen erfordert, denn die gewerbliche Sammlung sei bereits vor der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers existent gewesen ist. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob die gewerbliche Alttextilien-Sammlung in der Vergangenheit rechtmäßig oder unrechtmäßig durchgeführt worden sei.
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Der Beschluss des OVG NRW vom 27.06.2024 (Az. 20 A 838/20) zeigt deutlich, dass die „Latte für die Untersagung von gewerblichen Alttextilien-Sammlungen“ für die untere Abfallwirtschaftsbehörde durch das OVG NRW zurzeit sehr hoch angesetzt wird. Dennoch ist eine Überprüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung wichtig, weil es immer wieder Medienberichte gibt, wonach insbesondere Alttextilien in Drittländern schlichtweg ohne eine Verwertung auf „günstige Art und Weise“ entsorgt werden. Zudem hat das BVerwG ausdrücklich bestätigt, dass ein gewerblicher Sammler persönlich unzuverlässig ist, wenn er das öffentliche Straßenrecht nicht beachtet und für die Standplätze auf öffentlichen Flächen keine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis einholt (so: BVerwG, Beschluss vom 25.11.2021 – 7 B 7.21 - ; BVerwG, Urteil vom 08.07.2020 – 7 C 30.18 – Stichwort: die gesamte Rechtsordnung ist durch den gewerblichen Sammlung zu beachten !). Zugleich sollten die Städte, Gemeinden und Kreise prüfen, ob und in welcher Art und Weise sie die ab dem 01.01.2025 bestehende, bundesgesetzliche Pflicht zur getrennten Sammlung von Alttextilien erfüllen können (siehe hierzu ausführlich: Mitt. StGB NRW Nr. 649/2024).
Az.: 25.0.2.1 qu